Vor 50 Jahren erschien „Revolver“ von The Beatles: Eindrücke bei Peter Wierny

Peter Wiernys "Revolver"-Sammlung. FOTO: ca

Von 50 Jahren erschien „Revolver“ von den Beatles. Wir besuchen Peter Wierny in seiner Galerie in Bonn, wo er Entwürfe und Bearbeitungen von Klaus Voormann zeigt.

Von Cem Akalin

Rückwärts laufende Gitarren, Bläsersätze, indische Klänge von der Sitar, absurde von Drogenerfahrungen geprägte Texte  – das Album „Revolver“ von den Beatles („Eleanor Rigby“ , „Yellow Submarine“) stellt einen wichtigen Wendepunkt in der Geschichte der Popmusik dar. Aber auch das Artwork, die Gestaltung des Covers, ist ein Markstein der Populärkultur. Das Album erschien vor genau 50 Jahren und ist bis heute definitiv ein Kultprodukt. Der Bonner Musikenthusiast und Kunsthändler Peter Wierny  verbindet ein besonders Verhältnis zu diesem Collagecover. Wierny ist seit gut zehn Jahren mit Klaus Voormann befreundet, der 1966 als erster Deutscher einen Grammy erhielt – für die Gestaltung des Covers. Und Wierny ist jener, der Voormann, der nicht nur als „fünfter Beatle“ Geschichte schrieb, dazu brachte, sein Archiv zu öffnen und seine Kunst weiter auszugestalten. Und so sind mit den Jahren eine wunderbare Sammlung von Stichen, Zeichnungen, Collagen und Acrylarbeiten entstanden, die vor zehn Jahren im Haus der Geschichte in Leipzig im Rahmen der Ausstellung „50 Jahre Rockgeschichte in Ost und West“ gezeigt wurden. Wierny hat aber noch eine ganze Reihe von Arbeiten in seiner Galerie.

Peter Wiernys "Revolver"-Sammlung. FOTO: ca
Peter Wiernys „Revolver“-Sammlung. FOTO: ca

Das Herzstück bildet eine Zeichnung auf Butterbrotpapier, nicht größer als ein CD-Cover, darunter hat Voormann handschriftlich vermerkt „no Titel yet“. „Titel“ auf Deutsch. Es ist eine Entwurfsskizze für das berühmte Album, das übrigens nicht nach einer Waffe benannt ist, sondern die Rotation auf dem Plattenteller meint. Eines Tages hatte John Lennon bei Voormann angerufen, als der gerade in der Badewanne lag, und gefragt: „Any idea for our next LP cover?“ (Hast Du ne Idee für unsere nächste LP?).

Hatte er. Es zeigt Paul McCartney, John Lennon, George Harrison und Ringo Starr mit ihren zusammenfließenden Haaren, von oben fallen die kleinen Porträts der vier Musiker wie durch einen Trichter. Und alles in Schwarz-Weiß. Das war schon ungewöhnlich für eine Zeit, in der die Farben nur so auf den Covers explodierten. Und die kleinen fotografischen Porträts? „Die hat Klaus alle aus dem Stern geschnitten“, erzählt Wierny lachend. Er holt eine weitere Arbeit heraus. Der Siebdruck zeigt die Vorlagen aus dem Stern. Die Augen von George Harrison in der Zeichnung? Ringo, der auf Harrisons Kopf sitzt, Lennon, der zwischen den Haaren hervorlugt? Alle aus dem Stern. Von Robert Whitaker, dem berühmten Fotografen und Chronisten der Beatgeneration, stammt das Foto auf der Rückseite. Whitaker ist berühmt für solch provozierende Cover wie das „butcher cover“: Auf dem urspünglichen Plattenumschlag von „Yesterday and Today“ lachen die „Fab Four“ in Metzgerkitteln, um sie Fleischstücke und Teile einer Kinderpuppe. Das Cover wurde seinerzeit schnell wieder aus dem Verkehr gezogen. Das war für die Leute doch zu verstörend. „Vor ein paar Jahren sind Klaus und ich zu Bob Whitaker gereist, der uns sein Archiv zur Verfügung gestellt hat“, erzählt Wierny.

Voormann lernte die Beatles lange vor ihren Erfolgen kennen, lebte später mit Ringo Starr und George Harrison in London in einer WG, spielte Bass für die Beatles. Voormann, heute 78 Jahre alt, war später ein gefragter Musiker: Er spielt für Ringo, auf John Lennons berühmter „Imagine“-Platte mit, ist Gründungsmitglied der Plastic Ono Band, auf Lou Reeds Album „Transformer“, spielt für George Harrisons Concert for Bangla Desh, wofür er einen zweiten Grammy bekommt. Wierny schmunzelt:  Der Grammy, der anlässlich der Ausstellung im Haus der Geschichte gezeigt wurde, war aus beiden Grammys zusammengefügt. „Klaus war die Auszeichnung für Revolver runtergefallen und hatte ein verbeultes Grammophon. Also hat er er das von dem anderen abgeschraubt und einfach ersetzt.“

Peter Wiernys "Revolver"-Sammlung. FOTO: ca
Peter Wiernys „Revolver“-Sammlung. FOTO: ca

Voormann lernte Wierny vor gut zehn Jahren kennen. Bei einer Lesung bei Bouvier, wo Voormann aus seiner damals erschienenen Biografie „Warum spielst du Imagine nicht auf dem weißen Klavier, John?“ sprach er Voormann einfach an. Nur wenig später besuchte er der studierten Grafiker und Musiker in seinem Haus am Starnberger See. „Bis dahin stand seine künstlerische Arbeit gar nicht so im Mittelpunkt“, erzählt Wierny. „Ihm war gar nicht bewusst, was er da eigentlich wirklich geschaffen hatte. Dabei hatte Voormann ja auch Cover von anderen Musikern gestaltet, etwa der Bee Gees oder der Death-Punk-Band Turbonegro. „Ich habe ihn angeregt, doch mal Radierungen zu machen und mit den grafischen Möglichkeiten zu spielen“, erzählt Wierny weiter. Zunächst sei er skeptisch gewesen, doch mit der Zeit hatte er immer mehr Freude daran. „Wir sind zusammen in die Werkstatt von Walter Barth in München gefahren, wo er sich mit den Kupferplatten angefreundet hat.“ Wierny zieht eine Schublade und holt die ersten Arbeiten Voormanns heraus. John Lennon mit Brille, verstörend schön, weil sie mit raschen Strichen wie beiläufig entstanden wirken. „Schließlich hat Voormann, das Revolver-Motiv immer wieder aufgegriffen und ausgearbeitet“, sagt Wierny und legt ein paar Arbeiten vor. An der Wand hängt eine Acrylarbeit, in die wieder Fotos eingearbeitet sind. „Die sind wieder aus dem Stern ausgeschnitten“, sagt Wierny lachend.

Peter Wiernys "Revolver"-Sammlung. FOTO: ca
Peter Wiernys „Revolver“-Sammlung. FOTO: ca

Wo ist eigentlich die Originalarbeit hingekommen? „Wir haben schon oft darüber gesprochen und nachgedacht, aber das weiß kein Mensch“, erzählt Wierny, der mit den Jahren mit vielen Musikern befreundet ist. Vor einigen Jahren stellte er Fotos von Graham Nash vor oder brachte Voormann mit Udo Lindenberg zusammen. Vor ein paar Jahren tauchte Joe Walsh, Gitarrist der Eagles, bei einer Veranstaltung auf und präsentierte ein Cover, von dem er meinte, das sei das Original von „Revolver“. Wierny: „Klaus dachte zunächst, dass das sein könnte, weil Walsh mit Marjorie Bach verheiratet ist. Das ist die Schwester von Barbara Bach, der Ehefrau von Ringo Starr. Und Klaus konnte sich vorstellen, dass Ringo damals das Originalcover aufgehoben hatte.“  Aber als Walsh dann erklärte, er habe es in einem Antiquitätengeschäft ergattert, war für Voormann klar, dass es nicht seine Originalarbeit sein konnte.

Wer sich für die Arbeiten interessiert, kann einen Termin bei Peter Wierny vereinbaren unter 0172/2508381.