Umarmung für die Seele: Erdmöbel in der Kulturkirche Köln

Erdmöbel in der Kölner Kulturkirche FOTO: Freda Ressel

Mit ihren Weihnachtskonzerten hat die Kölner Band Erdmöbel eine schöne Tradition geschaffen – an zwei Abenden und einem für Kinder reservierten Nachmittag spielt die Band ihr über die Jahre gewachsenes Jahresendzeitprogramm. Der Ort könnte mit der Kulturkirche in Nippeskaum treffender gewählt sein.

Von Freda Ressel

Der goldene Stern hängt bereits über der Bühne und funkelt verheißungsvoll, auch die mit goldenen Christbaumkugeln geschmückten Mikroständer und die ebenso dekorierte Bassdrum künden von der vorweihnachtlichen Sause, die noch kommen soll. Doch zuerst eröffnet Hanna Fearns den Abend. Alleine mit einer E-Gitarre aus den 1940er Jahren spielt sie düster-melancholische Lieder von ihrem Album „Turn on the Light“, die mal an Lee Hazlewood, mal an Nick Cave erinnern. Auch wenn auf den ersten Blick die Musik nicht zu den Erdmöbeln passen will, schafft es Fearns doch, den ganzen Raum in ihren Bann zu ziehen.


James-Last-Hommage

Erdmöbel starten das Set mit der James-Last-Hommage „Nonstop Christmas“. Das Quartett um Sänger und Gitarrist Markus Berges kommt mit Verstärkung: Flötistin Christa Becker und Posaunist Henning Beckmann vervollständigen den typischen Erdmöbel-Weihnachtssound.  Berges, im weißen Anzug mit „War ist Over“-Shirt und „viel zu warmer“ Fellmütze singt mit seiner typischen Understatement-Stimme den Text, der Bilder an staubige Plattensammlungen mit weihnachtlichem Liedgut erweckt. Bassist Ekimas, musikalischer Kopf der Band, spielt Basslinien, die in McCartney-Manier sehr melodiös gehalten sind und die Bläser wunderschön umschmeichelt.

Erdmöbel in der Kölner Kulturkirche FOTO: Freda Ressel


„Russisch Brot und Küsse“

Nach den Klassikern „Fräulein Frost“ und „Russisch Brot und Küsse“ kommt bereits der 2018er Neuzugang des Erdmöbel-Weihnachtskatalogs:  Das groovige „Sie nannten ihn Putte“ mit seinem mitreißenden Refrain und cooler Klavierhookline zeigt Fan-Favoritpotenzial. Überhaupt scheint das Publikum von Anfang an beseelt, wenn auch noch ruhig – das Konzert hat einen unheimlich entspannenden Effekt, wie eine Umarmung für die Seele.


„Muss der heilge Nikolaus sein“

Nach ein paar ruhigeren Stücken beginnt die Band, das Publikum stufenweise mit einzubeziehen – erst dezent mit Handzeichen bei „Blinker“, dann mit ausgeklügelten Tanz (der auf dem Kinderkonzert erfunden wurde) bei „Goldener Stern“. Dieser Tanz koste zwar Überwindung, wurde aber laut Band in der Vergangenheit vom Erwachsenenpublikum als „gute Achtsamkeitsübung“ empfunden – den Kölnern ist an diesen Abend jedenfalls keine Scheu anzumerken, und so drehen sich in der ganzen Kirche die „Sterne“.   

Wer jetzt steht, setzt sich nicht mehr hin, und so wird zum Call-and-Response-Song „Muss der heilge Nikolaus sein“ ausgelassen getanzt.

Erdmöbel in der Kölner Kulturkirche FOTO: Freda Ressel

Für „Lametta“ und „Weihnachten im Weltall“ kommt Hanna Fearns nochmal auf die Bühne, und singt im Duett mit Berges. Bei „Ding Ding Dong (Jesus weint schon)“ startet die Band schließlich eine Polonaise durch die ganze Kirche.

Jetzt ist die Stimmung natürlich nicht mehr zu halten, und die (nichtweihnachtlichen) Erdmöbel-Songs „Hoffnungsmaschine“ und „Das Leben ist schön“ werden lautstark mitgesungen. Auch die erfrischend unkitschige umgetextete Last Christmas-Version wird begeistert aufgenommen und mit Mitsingchören ins gefühlt Unendliche gezogen. Als letzte Zugaben spielen sie das Silvesterstück „Erster Erster“ und das wunderschöne, zarte Burt Bacharach-Cover „Nah bei dir“, dessen zweistimmiger Endteil noch minutenlang durch die Kirche hallt. Schöner kann man die Weihnachtszeit kaum einläuten.

Hanna Fearns in der Kölner Kulturkirche FOTO: Freda Ressel


Erdmöbel in der Kölner Kulturkirche FOTO: Freda Ressel