Da ist etwas Warmes und Wildes, etwas Feminines und Unbändiges in der leicht kratzigen Stimme von Tiwayo. Der Ausdruck im Gesang ist auf verwirrende Weise geschlechtslos. Überrascht ist man auf jeden Fall – und gleich eingenommen von dem Blues und dem Leben in der Stimme des 31-jährigen französischen Sängers, der jetzt sein Debüt The Gypsy Soul of Tiwayo beim renommierten Blue Note Label veröffentlicht hat.
Von Dylan Cem Akalin
„The Gypsy Soul Of Tiwayo“ – Der Titel steht wohl für den stets reisenden Künstler, ein Spiegelbild des Geistes des Sängers, der viel in den Vereinigten Staaten gereist ist. Die amerikanische Popmusik aus den Jahren 1960-70, die er in seiner Jugend Meudon-the-Forest gehört hat, wo er aufwuchs: „Die amerikanische Musik hat eine Schlichtheit, eine authentische Seite, die ich enorm mag -. In Soul, Reggae, beschreiben die Menschen ihr Leben mit so viel Leidenschaft, dass diese Ausdrucksweise mich wirklich geprägt hat.“
„A Place To Call My Own“
„A Place To Call My Own“ beginnt mit einem cleanen Gitarreneinsatz, ein Song, der seine Melodie auf subtile Art unter die Haut schiebt. Die Produktion ist so gehalten, dass der Zuhörer sich mit der Band in einem kleinen Musikclub wähnt. Alle Instrumente sind unmittelbar wahrzunehmen, die Drums, der Bass, die schreiende Gitarre zur Songmitte.
Auf geheimnisvolle Art alt
Die Musik klingt nach Treibholz. Auf geheimnisvolle Art alt, angeschwemmt von wer-weiß-woher, glattgescheuert und dennoch mit Kanten und Verästelungen. Man hört ganz viele Einflüsse aus der Hochzeit des Jazz und des Souls heraus. Und wenn er stimmliche Ausbrüche hat, dann muss man unweigerlich an die Krähen an den weiten Küsten Nordkaliforniens denken. Krächzend, wild, berauschend.
Tiwayo war zuerst leidenschaftlicher Jazzliebhaber, dank seines Vaters, der Musikliebhaber und Fan der Blue Note-Platten war. „Mein Vater war seit Mitte der 50er Jahre Jazzfan; ich weiß noch genau, wie es in seinem Zimmer ausgesehen hat, und ich höre den Sound von John Coltrane, Ben Webster oder Wes Montgomery. Außerdem Blues, viel schwarze amerikanische Musik, und von meiner Mutter mehr Rock’n’Roll und Pop der 60er Jahre. Dank meiner Mutter habe ich Janis Joplin, Otis Redding und die Großen des Soul gehört und geliebt“, erzählt er.
Die Pariser Metro war seine Schule
Auch Reggae hat der Künstler gehört, Bob Marley sei der erste gewesen, den er wirklich verehrt habe, sagt er. Das hört man etwa bei „Love Me Like You Say“. Und er sei immer noch ein Fan von ihm.
Tiwayo hat in der Tat eine Stimme, die sich wunderbar mit den reggae-getönten Blues-Soul-Gefühlen in den Songs verbindet. Das Singen in der Pariser Metro habe ihn geschult, erzählt er. „Ich habe dort ein Jahr lang gesungen. In der U-Bahn habe ich wirklich gelernt, das herauszuholen, was ich in mir hatte und die Empfindungen zu fühlen, die es bietet.“
Sein erster Road Trip führte Tiwayo quer durch die Staaten: New York, Chicago, Memphis, New Orleans, San Francisco: „Dann zog es mich regelmäßig in den alten Süden. Ich war in Clarksdale, dem Geburtsort des Blues. Ich suchte nach Inspiration.“ Sein Album wurde auch in Georgia in Valdosta, nicht weit von Atlanta, aufgenommen. Eine Platte unter der Regie von Mark Neill, der auch „Brothers“ der amerikanischen Blues-Rockband The Black Keys produzierte.
„The young old“
Der Sänger verdankt seinen Künstlernamen übrigens einem Freund in Amerika, der ihn wegen des Kontrasts zwischen seinen jugendlichen Gesichtszügen und seiner gebrochenen Stimme „The young old“ nannte. Er behielt das anfängliche T.Y.O bei, aus dem Tiwayo dann wurde.
Tiwayo spielte bereits als Support von Künstlern wie Norah Jones, Seal, Marcus Miller, Patrice und Curtis Harding. Der französische Rolling Stone nannte ihn zu recht „ein kleines Soul-Genie“ und Paris Match schrieb, er habe „eine außergewöhnliche Stimme“.
Da ist zum Beispiel „Full Moon“, ein würdevoll dahinscheppernder Soul, der eine so gewitterschwere Hitze ausströmt, dass alle Bilder im Kopf in Slow-Motion laufen und der Song sich nicht mehr aus dem Kopf herauswindet. Das gilt auch für „Waiting For The Morning Lights“, der mich vom Feeling an Fleetwood Macs „Albatross“ erinnert.
Das Album, sagt er, „ist eine Reise, die ich den Leuten vorschlage. Ich hoffe, dass sie die Aufrichtigkeit und Authentizität meiner Arbeit und die Emotionen dieses Albums fühlen werden“ Ganz bestimmt!
Es gibt in nächster Zeit leider nur wenige Auftritte von Tiwayo:
Tiwayo live:
24.03.2019
Hamburg / Häkken
26.03.2019 Berlin / Privat Club
27.03.2019 München / Strom Club
28.03.2019 CH-Zürich / Kaufleuten