Zweiter Act am Mittwoch beim ersten Tag des Crossroads Festivals des WDR Rockpalasts in der Harmonie Bonn: The Godfathers spielen nach Hodja.
The Godfathers lassen jede Vorrede sein und kommen gleich zur Sache. Auf „This Is War“ schreien die Gitarre, wah-wah-verzerrte Riffs, und ein Statement, sich allem zu widersetzen, was die Mächtigen da von dir erwarten, wenn sie Kriege anzetteln. Dieser Song wie auch „’Cause I Said So“ stammt aus der Frühzeit der Band, von der heute Sänger/Frontmann Peter Coyne und sein Bruder Chris Coyne (Gitarre) übrig sind. Außerdem besteht die Band aus Kris Dollimore (Gitarre, Keyboards, Background vocals), Michael Gibson (Gitarre, Background vocals) und George Mazur (Drums, Percussion, Background vocals)
Peter Coyne ist wie immer noch eine beeindruckend imposante, bedrohlich wirkende Figur auf der Bühne, wenn er mit harten und starren Augen, gekleidet in die übliche Kleidung eines Mafia-Paten seine Vocals dringend und wütend bringt und über die Bühne geht, als wäre er bereit, gleich jemanden niederzuschlagen. Nur bei den Zwischenansagen ahnt man, dass er eine zugegebenermaßen dunkle, aber dennoch humorvollere Seite hat.
Unerbittlich
Die Band klingt frisch, durch die zwei Gitarren mehrschichtig und sehr räumlich. Klasse, mit diesem großartigen, grölenden Anti-Establishment-Song zu starten, der von unerbittlichen Bässen und durchdringenden Gitarren angetrieben wird.
1990 waren sie schon mal im Rockpalast. Ob sie damals auch schon „If I Only Had Time“ gespielt haben, weiß ich nicht mehr. Aber der Song aus dem Jahr 1986 klingt immer noch total verrückt, und Peter Coyne hat diesen etwas breiten, gepressten Singstil, fast ein Sprechgesang, über den der Background eine liebliche Melodie singt. Und dieser Text passt doch heute auch noch auf Coyne, oder?
„Heute geht eine neue
Sonne auf
Schau in den Spiegel, es gibt keine Überraschungen
Die Dinge sind nicht mehr so wie früher
Cary Grant ist auf L.S.D.
Wenn ich nur Zeit hätte
Ich würde an das perfekte Verbrechen denken“
So ähnlich präsentiert die Band auch das Heavy Drapes-Cover „Into the Blue“, ein melodiöser Punk-Song, der zum Nadelanzugträger passt.
Johnny Cash Blues
Und was für ein Spaß der Rockabilly „Walking Talking Johnny Cash Blues“: „Well step inside my shoes/I got the Walking talking Johnny Cash Blues/Yeah, I’m dressed in black there ain’t no looking back…“ Sicher nicht ganz ernst gemeint, aber das Tempo ist unerbittlich schnell und mit einem flotten Solo auf der Telecaster. Dagegen ist „Dead in Los Angeles“, eines der aktuellen Titel, näher am Rock als am Post-Punk.
Die Texte sind wirklich großartig. Zum Beispiel der von „How Low Is Low“, eine Abrechnung eines Mannes, der über den Status des Verzweifelten längst hinaus ist, dazu dieser fiebrige Rock’n’Roll. „Love Is Dead“ ist ein typischer Punk-Rock aus den Eighties mit einem Text, der auch so in diese Szene passt: Ein Song über ein Mädchen, das morgens mit dickem Kopf aufwacht, kein Frühstück kriegt und einfach mal eine mentale Auszeit braucht. Und ein kleines Erfolgserlebnis wäre auch nicht schlecht. Das einzige, was sie weiß: Liebe ist tot.
„Lass uns mal drüber sprechen, wie ich mich fühle“, heißt es auf „Unreal World“, auf dem er seinen Text noch härter herauspresst als sonst. Und wieder so ein Feeling aus den Achtzigern: „I’m not your slave“. Die Gitarren stottern, hacken und spalten, während er ganz ruhig mit seinem Liebchen abrechnet.
Die Band ist immer noch scharf und hungrig. Ihr ungehobelter Garage-Rock ist absolut kein Mainstream, und poliert sind wohl höchstens die Schuhe von Peter Coyne, der sich immer freier sang. Ich hatte den Eindruck, er wurde von Song zu Song besser. „Wild and free“ kommt so überzeugend rüber, dass es eine Freude ist. „When Am I Coming Down“ hat was von einem Folkpunkgetriebenem Rocksong mit Psychedelic-Elementen. Immer schön vorwärtstreibend. Das ist toll, dass die letzten Stücke praktisch ineinander übergehen. Und wie geht „Just Because You’re Not Paranoid Doesn’t Mean to Say They’re Not Going to Get You!“ ab!
Der Instrumentalpart bei „She Gives Me Love“ ist ein einziger aggressiver Rockstrom. Und „Hup 2 3 4“ ist Rock’n’Blues-Spaß pur. Die Godfathers wurden 1985 von den Brüdern Peter Coyne (Gesang) und Chris Coyne (Bass) aus der Asche ihrer vorherigen Band The Sid Presley Experience gegründet. „Hup 2 3 4“ ist noch aus der Zeit der Urband. Elektrisierend.
Tolles Liveerlebnis
„I Want Everything“ klingt mit den beiden Gitarren weniger aggressiv als im Original. Überhaupt die Zwillingsgitarrensounds von Kris Dollimore und Michael Gibson zu den pochenden Rhythmen von George Mazur und Chris Coyne und dem knurrenden Gesang, den hervorragenden Texten und dem durchdringenden Blick von Peter Coyne sind einfach ein tolles Liveerlebnis.
Nicht fehlen auf der Setlist durfte auch „This Damn Nation“. Mehr Wildheit, mehr Punkattitüde (textlich) geht nicht!
„I am tired of this life
When I lay down in my bed
With a gun pressed to my head
This Damn Nation
This frustration“
Geil! Und dann noch „Birth, School, Work, Death“. Die Godfathers haben diesen Song Ende 1987 als Debütsingle bei Epic Records veröffentlicht und einen US Billboard Top 40-Hit erzielt. Das Album „Birth School Work Death“ wurde 1988 veröffentlicht und auf ausgedehnten Tourneen durch Großbritannien, Europa und die USA gefeiert. Ja, die Jungs waren echt Kult. Sind es immer noch! Mit Als letzte Stücke gibt es das aufbrausende „I’m Unsatisfied“ und den Stooges-Song „I Wanna Be Your Dog“. Starkes Konzert!