The Old Blue Last, unweit der U-Bahn-Station Liverpool Street in London, ist eines dieser Pubs, wo sich alle Generationen zum Bier treffen. Die Kneipe wirkt so traditionell wie ein gutes Fish and Chips-Gericht. Im Obergeschoss indes befindet sich der kleine, dunkle Musikclub. Die Bühne ist klein wie ein Schuhkarton und wie in die Wand eingelassen. Dass fünf Jungs von The Glorious Sons (plus Tour-Keyboarder) mit ihren Instrumenten überhaupt drauf passen, ist schon ein Wunder. Ein noch größeres ist, wie sie es schaffen, von diesem Schuhkarton heraus für Stimmung zu sorgen. Gute Nachrichten: Prime Entertainment präsentieren THE GLORIOUS SONS am Mittwoch, 28. Februar 2018 im Luxor, Köln. (Einlass/Beginn: 19:00 / 20:00 Uhr)
Von Dylan Cem Akalin
The Glorious Sons ist eine alternative Rockband aus Kanada, die in der Heimat schon so manchen Erfolg hatte. Für ihr einziges Europakonzert wurden sie von der Ticketplattform Dice nach London gebracht. Das Erstaunliche: Die Truppe ist in England offenbar auch bekannt. Zumindest machten die Fans in dem kleinen Club so viel Stimmung und Krach wie in einer großen Konzerthalle, und Frontmann Brett Emmons ließ die Fans zwischendurch immer wieder minutenlang den Chorus singen.
Die Truppe startete mit „Godless, Graceless and Young“ vom neuen Album. Überhaupt bestand die Setlist fast ausschließlich vom neuen Werk. Nur „White Noise“ von „The Union“ (2014) schaffte es auf die Liste – trotz der enthusiastischen Gesänge von einigen Fans für den Publikumsliebling „Lightening“.
Sänger Brett Emmons scheint sehr anlehnungsbedürftig gewesen zu sein. Immer wieder schmiegt er sich an seine Bandkameraden, streicht ihnen durchs Haar, liebkost sie wie ein Bruder seine Geschwister. Ein gewisses Charisma kann man dem langhaarigen Mann mit der Jameson-Flasche in der Hand nicht absprechen. Der Mann wirbelt mal wie ein abgefahrener Baumfäller auf der Bühne, dann gibt er sich wie ein verletzlicher Geschichtenerzähler. Und er hat so eine einzigartige schleppende Art in der Stimme.
„Sawed Off Shotgun“ hat ein gewisses Folkelement unter der Hardrockigen Schale – mit einem tänzelnden Refrains, den das Publikum gerne engagiert mitsang. „Josie“ ist eine epische Rocknummer mit eine leicht melancholischen Stimmung. So wie „My Poor Heart“, das vom leidenschaftlichen Gesang lebt. Überhaupt: Auf langsameren Tracks wie auch bei „Hide My Love“ zeigt Brett liebenswerte Verletzlichkeit. Das ist seine Stärke: Brüchig, bluesig und kraftvoll zu sein.
Einer der Höhepunkte: das hymnische „Everything Is Alright“ – vor allem, weil Band und Publikum so intensiv kommunizierten. Alle sangen und tanzten, in der ersten Reihe versuchten ein paar begeisterte junge Männer ein bisschen zu Moshen. Und ich fragte mich, woher die Leute die Songs alle kannten, da das erste Album nie in Europa erschien und das neue Album gerade erst seit einigen Wochen in England zu kaufen ist.
Die Stimmung steigerte sich dann sogar noch, als die Band eine Coverversion von Fatboy Slims „Praise You“ anstimmten und alle von Anfang an mitsangen und sprangen. Und dann „White Noise“. Minutenlang sang die Menge das Stück alleine. Ein brillanter Track mit einer dunklen Feierlichkeit.
Diese Band, zu der noch die Gitarristen Jay Emmons und Chris Koster, Drummer Adam Paquette und Bassist Chris Huot gehören, wären schon aufgrund ihrer Dynamik und Bühnenpräsenz definitiv etwas für das Crossroads Festival des WDR Rockpalasts!