Von Dylan Akalin
Mit „AD 2022“ legen The Damned ein Livealbum vor, das vor allem wegen seines Entstehungskontexts Aufmerksamkeit verdient: die Rückkehr der Originalbesetzung — Dave Vanian, Brian James, Captain Sensible undRat Scabies — auf eine Bühne. Die beiden Konzerte im November 2022 in Manchester und Birmingham waren die ersten gemeinsamen Auftritte dieser Formation seit den späten Siebzigern. Entsprechend hoch war die Erwartung, aber das Ergebnis ist erfreulich nüchtern: ein ehrliches, ungeschöntes Live-Dokument. Es erscheint an diesem Freitag, 13. September 2024.
Setlist: Ein enger Fokus, der aufgeht
Die Entscheidung, ausschließlich Material der ersten beiden Alben (Damned Damned Damned und Music for Pleasure) zu spielen, erweist sich als Vorteil. Die Songs sitzen, klingen kompakt und wirken, trotz ihres Alters, erstaunlich belastbar.

„I Feel Alright“, „Stretcher Case“, „Fan Club“, „Problem Child“ oder natürlich „Neat Neat Neat“ gehören zu jenen Nummern, die in ihrer Rohheit stets von klarer Struktur lebten — und die Band versteht das.
Die Performance selbst ist nicht jugendlich-hektisch, sondern abgeklärt und druckvoll. Rat Scabies treibt die Songs kompromisslos voran, Captain Sensible verleiht dem Bassspiel eine robuste Erdung, und Brian James spielt seine Gitarrenlinien ohne übertriebene Verzerrung oder Effekthascherei. Dave Vanians Gesang ist stabil, etwas weniger ekstatisch als früher, dafür kontrollierter.
Sound & Präsentation
Der Mitschnitt aus Manchester klingt überraschend klar. Die Abmischung ist nicht zu glatt, aber transparent genug, um die einzelnen Instrumente sauber herauszuhören. Es handelt sich nicht um ein nostalgisches Schönfärbungsprodukt – man hört Nebengeräusche, kleine Unsauberkeiten und den Raum selbst. Genau deshalb wirkt die Aufnahme glaubwürdig.
Die Birmingham-Show als Bonus auf CD2 bietet eine sehr ähnliche Darbietung: minimal straffer gespielt, aber im Grunde ein Parallelset. Für Fans ist das wertvoll, wer nur die Essenz möchte, wird eher zur Manchester-Show greifen.
DVD: Solide umgesetzt, ohne ins Spektakuläre zu wollen
Die DVD der Manchester-Show ist visuell schlicht, aber effektiv. Keine hektische Schnittästhetik, keine künstliche Dramaturgie – eher eine klassische Konzertdokumentation, die das Geschehen nüchtern einfängt. Die Kamerapositionen konzentrieren sich vor allem auf die Interaktion der vier Musiker; Großbild-Inszenierung oder auffällige Stilmittel sucht man nicht.
Was hängen bleibt, ist das Zusammenspiel: Man sieht, dass diese Reunion weniger von Sentimentalität geprägt war als von der Frage, ob diese alten Songs noch funktionieren. Die Antwort liefert die DVD eindeutig: Ja, sie tun es – ohne Spektakel, aber mit Substanz.
Ein realistisches Livezeugnis statt Legendenpflege
„AD 2022“ ist kein überhöhtes Denkmal, sondern ein präzise eingefangenes Dokument einer Band, die für zwei Abende dorthin zurückkehrte, wo alles begann.
Die Musik steht im Mittelpunkt, nicht die Geschichte. Die DVD ergänzt das Paket sinnvoll und macht die Veröffentlichung zu einem runden Angebot für alle, die The Damned nicht als Mythos, sondern als funktionierende Liveband erleben wollen.
