The Black Crowes machen auf ihrer „Shake Your Money Maker“-Tour Station im RuhrCongress Bochum. Als Special Guest reißen DeWolff geradezu die Bühne ab. 2200 Fans erleben ein Konzert, das genial hätte sein können. War es aber nicht.
Von Dylan Akalin
Als um Punkt 21 Uhr die Lichter ausgehen und die spärliche Beleuchtung der beiden Old Fashioned-Scheinwerfer auf die Bühne fällt, da ist es, als würden wir auf ein Filmset blicken. Es ist eine Szene, die in einer verruchten Nashville-Bar spielen könnte. Da ist die alte Musicbox, die reichlich bestückte Bar, die aufgedonnerten Ladies, die an einer grob strukturierten, blau beleuchteten Wand auf ihren Barhockern sitzen und bereit sind für einen fantastischen Samstagabend. Tatsächlich tritt eine Frau aus dem diffusen Halbdunkel an die Wurlitzer Jukebox und wählt eine Single aus. Aus den Lautsprechern knistert der Rock’n’Roll-Klassiker „Shake Your Money Maker“ von Elmore James. Dann greifen einige Kneipenbesucher zu den Instrumenten: Sie entpuppen sich als die Musiker von The Black Crowes. Zwei Minuten später betreten die Brüder Chris und Rich Robinson unter dem Johlen der hingerissenen Fans die Bühne und starten mit „Twice as Hard“. Sie spielen das komplette erste Elmore James gewidmete Album „Shake Your Money Maker“, und zwar in exakt der Reihenfolge wie die Tracks auf dieser wunderbaren Platte von 1990.
Da stehe ich ganz vorne. Die Ausstrahlung und die Energie der Truppe um die Brüder Robinson sind beeindruckend. Während Rich meistens mit ernster Miene am rechten Bühnenrand seine Gitarre spielt, gibt Chris vom ersten Takt an richtig Gas. Der Mann kann jedenfalls tanzen – und zwar ausdauernd! Seine schwarze Lederjacke wirft er erst nach einer knappen Stunde bei „Stare It Cold“ in die Ecke.
Schlechter Sound
Was gleich auffällt: der Sound. So einen schlechten Klang habe ich schon lange nicht mehr auf einem Konzert gehört. Auf Chris‘ Mikrophon waren die Höhen bei den ersten Stücken viel zu stark eingestellt, und der Hall am Rande der Verzerrung. Ich wechsle meinen Standort, gehe in die Mitte. Der Gesamteindruck der Band bleibt bei den lauten Passagen matschig. Selbst direkt vor dem Mischpult, wo angeblich ja immer der beste Sound sein soll, ist es grausig. Die Gitarre von Rich ist meistens viel zu laut, das fantastische Gitarrenspiel von Isiah Mitchell (Earthless) setzt sich oft nur kläglich durch, die Trommeln verschwinden in einem zerstreuten, dickflüssigen, breiigen Klanggefüge. Das ist einfach schade, für die Fans und die Band, die alles gibt. Weiter hinten ist es im Innenraum übrigens noch schlimmer, weil die Rückwand das Gedröhne zusätzlich reflektiert. Die neue Bandbesetzung komplettieren übrigens Bassist Tim LeFebvre, der auf David Bowies letztem Album „Blackstar“ zu hören ist, Keyboarder Joel Robinow und Schlagzeuger Ojha (Once And Future Band).
Die Fans sind dennoch froh, die Black Crows erleben zu dürfen. Hinten ist Party, da wird ausgiebig getanzt. Die zwei Burschen vor mir am Mischpult sind total euphorisch – von Anfang bis Ende, als es zur Zugabe überraschenderweise noch die Velvet Underground-Nummer „Rock & Roll“ gibt.
Bei leiseren Sequenzen oder Songs ist der Sound zwar auch nicht berauschend, aber in Ordnung. Bei „She Talks to Angels“ will man am liebsten den alten Pick-up rausholen und durch den Indian Summer cruisen. Honky-Tonk-Stimmung kommt beim Country-lastigen „Jealous Again“ auf, „Sister Luck“ mit seiner Rolling-Stones-Anwandlung bietet Chris genügend Momente, den Poser zu geben. „Seeing Things“ ist ja überhaupt eine großartige Gospel-Nummer, auf der Chris seine kraftvolle, leicht angeraute Stimme voll zur Geltung bringen kann. Und er gibt hier wieder so viel Emotion und Hingabe, dass man einfach nur staunen kann. Passagenweise meinte ich sogar Prince zu hören. Ein toller Moment – trotz des schlecht abgemischten Sounds. Hier hört man aber immerhin noch die Backgroundsängerin, und die Dramaturgie der Spannung, die in dem Song steckt, kann auch der Mann am Mischpult nicht kaputtmachen.
Soul durchtränkter Bluesrock
Als ich das Album 1990 erstmals hörte, da musste ich spontan an Humble Pie denken. Dieser von Country, Rock ‚n‘ Roll und vor allem Soul durchtränkte Bluesrock mit viel Voodoo-Zauber aus New Orleans in der Ausdrucksform hat mich bei den Briten schon immer fasziniert. The Black Crows sind für mich immer noch jene Band, die diese Philosophie bis heute fortführt. Die Art und Weise, wie die Truppe so einen Otis Redding-Song wie „Hard to Handle“ zu ihrem macht ohne den Grundgedanken des „Motherfucking“ Großmeisters zu verwässern, diese dreckige Energie in dem Riff-beschwerten Stück, zu dem Isiah Mitchell wieder mal ein tolles Solo spielt, ist bemerkenswert.
Mit „Wiser Time“ spielen die Black Crows leider nur ein Stück aus dem Album „Amorica“, aber immerhin mein Lieblingsstück daraus. Indes kommt dieser fantastische Song wieder viel zu schrill rüber, die Slide-Gitarre geht unter und die Harmonien gehen beim Chorus leider etwas daneben. Wieder wunderschön: „Thorn in My Pride“. Da kommt der Ruß in Chris‘ Stimme schön rüber, vor allem, als er sparsam von Gitarre und dem Drumspiel auf der Hi-Hat begleitet wird, und dann kommt auch noch ein tolles Solo auf der Mundharmonika. Nach gut anderthalb Stunden ist das Set beendet.
DeWolff begeistern
Zuvor begeistert uns das niederländische Psychedelic-Rocktrio DeWolff. Die Jungs habe ich schon mehrmals gesehen. Und jedesmal beweisen sie mit ihrer schier unerschöpflichen Energie, dass sie aus sind auf Abenteuer. Die Drei riskieren alles und sie geben alles. Der Sound hier war übrigens ausgezeichnet. Die Jungs strotzen geradezu vor hervorragender Musikalität, grenzenlosem Enthusiasmus und einer bedingungslosen Live-Mentalität. Kein Wunder, dass die Brüder Luka (Schlagzeug) und Pablo van de Poel (Gitarre) sowie Robin Piso (Keyboard) zu den angesehensten niederländischen Live-Bands geworden sind. Der schön modrige Siebziger-Rock von DeWolff passt perfekt zu The Black Crowes. Auf ihrer Setlist ihres etwa 40-minütigen Auftritts standen „Night Train“, „Live Like You“, der Sing-along „Yes You Do“, Heart Stopping Kinda Show“, „Tragedy Not Today“, „Double Crossing Man“ und „Deceit & Woo“.