Die Tedeschi Trucks Band hinterlässt am Mittwoch im Kölner E-Werk mal wieder einen nachhaltigen Eindruck. Das Konzert ist nicht so emotional wie in Bochum vor anderthalb Jahren, aber die zwölfköpfige Band um Susan Tedeschi und Derek Trucks enttäuschen auch diesmal ihre etwa 1000 Fans nicht.
Von Dylan Cem Akalin
Was für ein jazziger Start! Die Tedeschi Trucks Band lässt zwar immer noch ihre Wurzel bei den Allman Brothers erkennen, bewegt sich indes immer mehr in Richtung der Greatful Dead, die ja im Rock ‚n‘ Roll zu den größten Improvisationsband des Rock ‚n‘ Roll zählen. Und so wundert es nicht, dass diese großartige Band der Eheleute Derek Trucks und Susan Tedeschi Jazz- und Worldmusic-Einflüssen immer mehr Raum zugestehen – auch zugunsten ausgiebiger Soli.
Der Raum für Improvisationen wurde in diesem Genre ja in Zeiten des Stadion-Rocks immer kleiner, weil einerseits die Perfektion solchen riskanten Abenteuern immer mehr im Weg stand, andererseits das Platin-Album-Publikum erwartete, dass die Stücke so klangen wie auf der Platte. Greatful Dead blieb in dieser wilden Steppe des Musikbusiness praktisch die einzige Band, die nach wie vor umfangreiche improvisatorische Expeditionen antrat. Dann trat irgendwann Phish auf der Bildfläche auf und löste eine neue Welle des improvisatorischen Rocks an. Und in dieses Terrain bewegt sich auch die Tedeschi Trucks Band immer mehr. So stand ihr Kölner Auftritt ganz im Lichte ihres aktuell erschienen Albums „Live From The Fox Oakland“.
Gesang von Mike Mattison, Solo von Kebbi Williams
Wie gesagt: „Let Me Get By“ kam als jazziger Opener mit einem fulminanten Orgelsolo. Der Charles Segar-Song „Key to the Highway“, gesungen von Mike Mattison, der bei weiteren Stücken immer wieder aus dem Background-Trio nach vorne trat, und Susan Tedeschi wird als schleppender Blues mit einem singenden Gitarrenintro von Derek präsentiert. „Don’t Miss Me“ (aus dem Album „Already Free“) ist für Mattisons dunkle, soulige Stimme wie auf den Leib geschrieben. Der Song swingt, und Kebbi Williams startet sein Solo am Tenor zunächst eher etwas zögerlich, baut aber eine Spannung auf und lässt die Läufe dann nur so explodieren. Energisch, oft sehr frei, sehr staccato. Derek nimmt den Schwung schließlich auf und spielt ein hinreißendes Solo mit allerlei orientalischen Moods.
Bei Susans Gesang zu „Darlin‘ Be Home Soon“, den John Sebastian von The Loving Spoonful ja in Woodstock aufführte, kann man nur dahinschmachten. Dieses Arrangement mit dem sanft begleitenden Chor und der wiegenden Orgel ist eine wunderbare Nummer. Derek entlockt seiner Gibson SG sitarähnliche Klänge, flechtet indische Harmonien in die Ballade und wechselt auch in der Spieltechnik immer wieder zwischen Slide und Fingerpicking hin und her. Der Song bekommt so ein paar anmutige Flügel verpasst und segelt nur so durch die Halle. Das Publikum ist völlig beseelt!
Nach dem hymnischen „Rise Up“ und einer sehr New-Orleans-Jazz-orientierten Version von „Right On Time“ ist das erste Set beendet.
Nach der Pause startet das Konzert mit einem Gänsehaut-Song. Begleitet von Pianist Kofi Burbridge singt Susan den Leon Russell-Klassiker „A Song For You“ – in Gedenken an den im vergangenen November verstorbenen großartigen Musiker und Komponisten aus Nashville. Großartiger Song, wunderbare Interpretation!
Die Querflöte bekam durch Kofi in diesem Teil des Konzertes ein paar wunderbare Auftritte. Bei „Anyhow“ als ausgiebiges Solo und als sehr schönes Intro bei „Idle Wind“. Diese beiden Songs gehören nach den ja sehr selten gespielten vorherigen Stücken wieder zum bekannten Repertoire der zwölfköpfigen Combo. Vor allem bei „Idle Wind“ lassen es die Hörner wieder ziemlich knallen.
Sagenhafte Zugabe
Überhaupt die Bläser: Neben Kebbi glänzten auch Elisabeth Lea (immer mit der Posaune groovend!) und Ephraim Owens. Bei „Anyhow“ lässt Derek mit seinem fantastischen Spiel wieder bei dem einen oder anderen Fan ein paar Tränen der Verzückung in die Augen schießen.
Das lässig groovende „Get Out Of My Life, Woman“, das rhythmische, gospelangehachte „Freedom Highway“, das eingängige „Don’t Know What It Means“, das freche, bluesige „I Pity The Fool“ („Ich habe Mitleid mit dem Idioten“), das Susan einfach einmalig singt und dazu eine tolle Gitarre spielt, das von einer sanften Melodie getragene „Bound for Glory“ – jeder Song bietet den Solisten Raum, wobei die Bandleader darauf achten, dass die Melodie immer die Hauptrolle spielt.
Zur Zugabe gibt es ein fast 15-minütiges Medley aus „I Want More“, dem Allman Brothers-Stück „Les Brers in A Minor“ und Santanas flammendem „Soul Sacrifice“. Sagenhaft!