Ry Cooder „Paris, Texas“? Nein, natürlich nicht. Auch wenn zu Beginn von „Peaky Blinders“ eine ähnliche Slidegitarre erklingt. Die Musik von Suzan Köcher’s Suprafon könnte aber den Soundtrack zu verwandten Bildern der texanischen Wüste liefern. Die Band aus Solingen aus Sängerin/Gitarristin Suzan Köcher, Julian Müller (Guitar), Alfie Joy (Bass) und Jens Vetter (Drums, Synthesizer) beschließt das Frühjahrs Festival Crossroads des WDR Rockpalasts in der Harmonie Bonn.
Von Dylan Cem Akalin
Suzan Köcher hat eine klare Altstimme mit dunklem Timbre. Sehr passend zu den leicht melancholischen, halbschattigen Songs. Die Musik ist nicht eindeutig einzuordnen, weil Suzan Köcher’s Suprafon clever die Stile verrührt, bei Songs wie „Poisonous Ivy“ oder „Hlavní Nádraží“ denkt man streckenweise, so könnte The Cure klingen, wenn sie mehr Folk und Psychedelic einbauen würde. Man ist ja immer sehr schnell mit der Bezeichnung Kraut-Rock, wenn eine deutsche Band mal anders klingt als Mainstream. Aber damit hat dieses Quartett überhaupt nichts zu tun. Viele Lieder fließen ruhig und besonnen wie Dark-Pop-Songs.
Folkelemente sind bei „When The Night Comes“ schon eher wahrzunehmen, nicht nur wegen der Violinen, die per Keyboard im Intro gespielt werden. Ursprünge von Songstruktur, Melodie und Gesang, diesmal auch in sehr hohen Lagen, liegen eher im keltischen Liedgut. Auch „Blood Red Wine“ ist näher in diesem Stil dran, als die vorherigen Stücke, indes mit den monotonen Trommeln, dem elektronisch verzerrten Keyboard und der entrückten Gitarre ganz stark verkifft: Psychedelic-Folk halt.
Wenn eben mal von The Cure die Rede war. Dann ist die Version von Jacques Dutroncs „Mini Mini Mini“ erst recht ein Rock-/Wave-/Gothic-Folk-Gebräu. Dagegen könnte das Intro zum nächsten Stück ein texanischer Soundtrack von Ennio Morricone sein. Und dem ganzen Song haftet auch etwas Ironisches an.
Sie spielt Rhythmusgitarre zur Ballade „Too Young“, singt selbstvergessen, die Keyboardsounds sind nicht aus dem digitalen Sequenzer, das alles klingt sehr organisch, auch irgendwie nach Siebzigern. Die Band harmoniert nicht nur im Zusammenspiel, die Songs sind erstklassig arrangiert, keine 0815-Folgen, sie gewinnen durch Abwechslung und Einfallsreichtum. Das Keyboardsolo ist inspiriert und dennoch sparsam im Ablauf.
Wo hat man zuletzt einen Regenmacher auf der Bühne gesehen? Bei „Cinnamon?“ erklingt das schöne Geräusch zu psychedelisch-entspannten Klängen. Dann geht es wieder eher in Richtung Dark-Folk-Pop. Mit tiefer Stimme gesungen, geheimnisvoll. Dazu unaufgeregte Gitarrensoli.
„Suprafon“, der Titel und der Name der Band sind inspiriert von einer Reise nach Tschechien. Die altgediente Plattenfirma dort heißt nämlich Supraphon. Um weitere Inspirationen zu sammeln und das neue Album aufzunehmen, sei die Band außerdem nach Austin, Texas, gereist, erzählt Köcher. Das hört man vielen Stücken eben tatsächlich an.
Letztes Stück ist „Moon Bordeaux“. Es beginnt wieder mit diesem geilen Keyboardsound, der sich immer tiefer in deine Eingeweide bohrt. Bis die Rhythmusgitarre und das elektrisches Zwitschern einsteigen. Schöner Gesang, coole Songs.