Wolf „Lupus“ Fabians Idee für die neue Konzertreihe „Next Generation“ in der Bonner Harmonie ist so gut, dass man sich fragt, warum die keiner früher hatte: jungen Bands ein Forum auf einer professionellen Bühne zu geben. Dabei sollen ausschließlich Bands aus der Region vorgestellt werden, die nur eigenes Songrepertoire haben. „Das sind die wahren Künstler“, so Fabian am Dienstagabend. „Die Coverbands mögen gute Handwerker sein, aber mit Kreativität hat das nichts zu tun. Den Anfang machten Steal A Taxi und Rapture.
Von Dylan Cem Akalin
Die Intention des Initiators, unterschiedliche Bands zu präsentieren, ist am ersten Abend der neuen Konzertreihe voll gelungen. Ungleicher konnten die beiden Kapellen tatsächlich nicht sein. Und die erste, Rapture, hat der zweiten nicht das Taxi, sehr wohl aber die Show gestohlen. Wobei Steal A Taxi sicherlich die routiniertere ist. Und schlecht ist sie auf keinen Fall.
Steal A Taxi machen einen erfrischenden, mit Soul und Funk vollgesogenen Independent-Pop. Die Songs sind wohl arrangiert. Schon beim ersten Stück merkt man, dass da Vollblutmusiker am Werk sind. Makeda Michalke ist nicht nur eine auffallende Erscheinung mit einer imposanten Haarpracht, sie kann auch singen. Sie ist besonders stark bei Songs, die sie zwingen, ihre Stimmfarbe zu kontrollieren, was ihr bei leisen Passagen und in den mittleren Lagen hervorragend gelingt, und bei Songs, die eine Rotzigkeit haben. Gerade bei Letzterem ist die Band auf den Punkt und überzeugt als Gesamtpaket. Das zeigte der vielleicht beste Song des Abends: „I Don’t Think So“ steht unter dem fernen Einfluss von Bands wie Mother’s Finest. Er ist rockig, funkig, frech. Makeda spielt den Bass, was ihrer Grundeinstellung bei dem Song sicherlich unterstützt. Auf dieser Linie müsste die Band ihren weiteren Schwerpunkt setzen.
Ehrfürchtige Madonna
Bei „Don’t Fall In Love“ kann die Sängerin ihre samtene Stimme mit kontrolliert eingesetzten Brüchen darbieten. In „Rapunzel“ nimmt sie die Rolle einer ehrfürchtigen Madonna ein, ein Song mit starker Spannung. „Time“ ist als Akustikeinlage ein wunderschöner Kontrastpunkt im Set. „Feel Like Home“ eine charmante Ballade mit einigen Höhepunkten.
Martin Schmidt ist ein routinierter Gitarrist, der weiß, wie man Stimmungen erzeugt, Korbinian Stocker (Bass) und Florian Weik (Schlagzeug) halten als Rhythmustruppe die Band zusammen. Insgesamt ein starker Auftritt.
Überraschungen als Grundprinzip
Rapture indes ist eine Band, die Überraschungen als Grundprinzip hat. Genres seien ja sowas von bürgerlichen Kategorien, ätzt Gitarrist Jan Teichmann mal zwischendurch. Mag sein, aber sie bieten eben Orientierung.
Als die Band mit der quirligen Sängerin Alina Heeg mit „Fly High“ startet, denkt man zunächst, dass das noch so eine von den vielen Ska-Bands ist. Aber spätestens beim zweiten Stück „No Jah“ wird klar: Hier steht eine Band mit enormem Potenzial auf der Bühne, die bei aller Leichtigkeit, die sie versprüht, intelligente Arrangements zu bieten hat. Rhythmisch, aber auch harmonisch, könnte so mancher Song als Progressive-Rock durchgehen, vor allem das beeindruckendste Stück „Echoes“.
Tatsächlich aber spielt die Truppe mit allen Spielarten der modernen Musik. Da werden Reggae, Ska, New Wave, Rock, Jazz und Funk wild durch den Mixer geschreddert und für einen ganz eigenen Musikcocktail genutzt. Das klingt bisweilen vertraut („Stacks Of Paper“), meistens aber abenteuerlich und durchaus unterhaltsam.
Unbefangen und scharfsinnig
Die junge Truppe muss sich aber verdammt gut in der Musik auskennen, um so unbefangen und scharfsinnig mit den Eigenarten der Genres umzugehen. Da ist zum Beispiel „Save My Life“, das erst mit einem schleppenden Reggae-Rhythmus beginnt und sich dann in ein rätselhaftes Wüstenrockstück a la Giant Sands zu entwickeln, über dem die Euphorie eines Blues liegt und am Ende wie ein verrückter Ragtime durch die Luft hüpft. Das ist sagenhaft!
„Distance“ hat Anklänge an No Doubt, „Human Moment“ ist ein Glanzstück an Songwriting, bei „Should I Go Back“ zeigt Alina Heeg, dass sie mit der Stimme auch schnurren kann wie eine Wildkatze. Bei „She Is Ready“ wird die Band stimmlich und mit der Querflöte von Maren Teichmann unterstützt. Bei diesem Song wie auch bei „Rivals“ zeigen die beiden Frauen, welch e Sicherheit sie im zweistimmigen Gesang haben. Bei letzterem Song mischt sich etwas keltischer Folk ein.
Spaß am Liveauftritt
Wieso hat man von der Band bisher so wenig gehört? Neben der präsenten Alina und Gitarrist Jan Teichmann, der wohl sowas wie der Mastermind der Band ist, sorgt Lucas Herweg als Drummer mit einer ordentlichen Portion Power in den Venen, für die nötige Spannung. Frederic Schönbach wirkt auf der Bühne zwar zurückhaltend, ist aber ein versierter und virtuoser Bassist. Den Schalk im Nacken hat Patrick Pickart, der an den Keyboards mit jeder Menge Augenzwinkern Zitate aus der Musikgeschichte einbaut.
Die Band wird von Stück zu Stück sicherer und hat sichtlich Spaß am Liveauftritt. Bei den letzten drei Stücken „Echoes“, der „Mitsing Song“ und „Burn off the Office“ (mit Pink Floyd-Referenzen) dreht die Band nochmal auf und empfiehlt sich für einen weiteren Konzertabend in der Harmonie. Richtig stark!