Das werden Charlie Starr (Gesang und Gitarre), Richard Turner (Bass), Brit Turner (Drums), Paul Jackson (Gitarre) und Brandon Still (Keyboards) sicherlich schon lange nicht mehr gemacht haben: ein Clubkonzert. Die Southern Rock/Country Rock Band Blackberry Smoke aus Atlanta, Georgia, gehört zu den aktuell erfolgreichsten ihres Genres und füllen mit Leichtigkeit jede Halle. Und jetzt also die Harmonie in Bonn! Außerdem noch beim Crossroads Festival vom 10. bis 13. Oktober 2018: Blood Of The Sun, Lucifer, Child, Shirley Davis & The Silverbacks, Coogans Bluff, Kent Coda und The Sonics.
Von Dylan Cem Akalin
Schon seit Monaten ist der letzte Tag des Crossroads-Festivals in der Bonner Harmonie ausverkauft. Das wundert sicherlich niemanden. Mit Blackberry Smoke holt die Rockpalast-Redaktion auch ein echtes Schwergewicht der Southernrock-Szene nach Bonn. Die Jungs wollten schon mit Sattelschleppern voller Equipment angereist kommen, mit dem sie sonst große Hallen bestücken. Da hatte es wohl ein Kommunikationsproblem gegeben. Aber die Südstaatenjungs werden schnell merken, dass die Fans in der Harmonie so viel Krach machen können wie 4000 Kehlen im Paladium.
Child kommt aus Australien
Dass sie an diesem Tag von der australischen Band Child unterstützt werden, wird den vielen Ticketkäufern zwar egal gewesen sein. Sie werden aber sicherlich von der Kombination aus schwer emotionalem Blues und der rohen Kraft des Hardrock begeistert sein. Ich verspreche mir jedenfalls einiges von dem Trio aus Melbourne. Als erfolgreiche lokale Band machte sich die Truppe schnell einen Namen in der australischen Stoner-Rock-Szene. Im Laufe des Jahres 2014 verbrachte die Band praktisch jedes zweite Wochenende damit, gewaltige Soundgebirge aus üppigen Riffs in einer der vielen Rock’n’Roll-Clubs der Stadt zu bauen. Die bluesige Interpretation von Stoner Rock hat aber nicht nur in Melbourne für Aufsehen gesorgt. Ihr Debütalbum verschaffte ihnen den internationalen Durchbruch.
Und sonst? Mit Blood Of The Sun, Lucifer, Shirley Davis & The Silverbacks, Coogans Bluff, Kent Coda und The Sonics werden vom 10. bis 13. Oktober wieder einmal abwechslungsreiche Tage im kleinen Bonner Musikclub einkehren. Der Musikherbst kann starten.
Das Cover des jüngsten Albums von Blood Of The Sun sieht zwar aus, als wäre es eine dümmliche Kompilation aus den 70er-Jahren, ist aber unglaublich gut gemachter Classic Rock. Die Gitarren- und Orgeleinsätze lassen die große Liebe zu Bands wie Deep Purple erahnen. Dazu kommt die machtvolle Rockstimme von Derek St. Holmes, dem einstigen Sänger der Band von Ted Nugent.
Heavy Rock mit Johanna Sadonis
Außerdem ist die deutsch-schwedische Band Lucifer an diesem Festival-Mittwoch auf der Bühne. Einfallsloser Name, aber kraftvoller Heavy Rock im Stil der 1970er gepaart mit Doom Metal und Psychedelic Rock – und mit starker Frontfrau: Johanna Sadonis hat eine Stimme, die sich gegen Metall durchsetzen kann.
Dabei war Johanna Sadonis in ihrer Schulzeit eine introvertierte Außenseiterin. Sie genoss die dumpfe Atmosphäre der Friedhöfe. „Als ich 15 war, begann ich Black Metal, Death Metal und Doom zu hören – mit meinem Walkman auf den Friedhöfen von Berlin herumzusitzen“, erzählt sie einmal sie. „Schwarze Haare, von Kopf bis Fuß schwarz gekleidet. Ich dachte nur, es war alles sehr aufregend.“ Seither erforscht sie die Schnittstelle zwischen Musik und Dunkelheit. Die Powerhouse-Frontfrau brach erstmals 2012 als eine Hälfte des vielschichtigen Doom-Rock-Duos The Oath aus sich heraus, die Band, die sie mit der schwedischen Gitarristin Linnéa Olsson gegründet hatte. Aber ihre Partnerschaft zerbrach nach einem Album 2014 – und Sadonis musste ihre Karriere wiederaufbauen. Das Ergebnis ist Lucifer, eine Liebeserklärung an ihre Hardrock- und Proto-Metal-Helden aus den Siebzigern, einschließlich Black Sabbath, Deep Purple und Blue Öyster Cult.
Türkisches Trio aus Köln: Kent Coda
Der ungewöhnlichste Tag beim Herbstfesival von Crossroads wird bestimmt der Donnerstag. Da trifft schöner klassischer Soul mit einer britischstämmigen Australierin und einer großartigen spanischen Combo auf türkischen Protest-Poesie-Folkrock aus Köln! Shirley Davis & The Silverbacks und Kent Coda sorgen sicherlich für mächtig Stimmung. Die Sängerin mit den jamaikanischen Eltern bringt die sprichwörtliche Hitze in diese mitreißende Mischung aus Soul, Funk und Elementen des Afrobeat. Ihr jüngstes Album „Wishes & Wants“ ist ein exzellenter Ausdruck von Leidenschaft, von Herzen kommender Sehnsucht und freudiger Feierlichkeit.
Mit Spannung darf man dem Freitag entgegensehen. Da treffen die deutschen Psychedelic-Jazz-Krautrocker Coogans Bluff auf echte Legenden des Punk- und Garage-Rocks: The Sonics sind eine Band, die stilführend und Vorbild waren für Generationen von Musikern – von Nirvana über Bruce Springsteen bis The BossHoss. 1960 in Tacoma, USA gegründet haben sie mit ihrer kompromisslosen, wilden, aufsässigen Art Maßstäbe für die Punk- und Grunge-Bewegung gesetzt.
„This Is the Sonics“ erschien vor drei Jahren als erstes Studioalbum mit neuem Material seit 49 Jahren. Was aber bemerkenswert daran ist, ist, wie Andy Parypa (Bass), Gerry Roslie (Gesang & Keyboards), Bob Lind (Saxophon), (alle drei von der Urbesetzung!) sowie Dusty Watson (Drums) und Freddie Dennis (Gesang und Bass) es gewagt haben, ihre Legende mit einer Platte zu testen, die spuckt , knurrt, sabbert, jammert und schreit, als wäre es wieder 1966. Und das alles natürlich in Mono!