Mit Alles Muss Brennen bringt das Duo Schreng Schreng und La La eine Vinyl-EP auf den Markt, die ein tabuisiertes Thema aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchtet.
Von Freda Ressel
Wer Schreng Schreng & La La, bestehend aus Sänger Jörkk Mechenbier (manchen vielleicht auch bekannt durch seine Zweitband Love A) und Gitarrist Lasse Paulus schon länger kennt, dem dürfte auch Gunnar Baars von der Band Trashboy nicht unbekannt sein – schließlich stammen die Refrainzeilen des Hits „Dein Platz an diesem Tisch ist darunter“ aus dessen Feder, so dass die beiden Musiker bei jedem Konzert an ihn erinnern.
Die beiden Bands verband eine tiefe Freundschaft, die erste Deutschlandtour spielten sie 2009 zusammen. Ich hatte das Glück, einen der gemeinsamen Auftritte erleben zu dürfen, in einem Buchladen in Bonn, den es heute leider nicht mehr gibt. Ich weiß noch, dass ich von der Trashboy-Darbietung gleichermaßen irritiert und fasziniert war, erinnere mich, dass ein Megafon zum Einsatz kam, es intensiv und schräg, aber auch stimmig war. Auch Schreng Schreng und La La hörte ich an diesem Tag zum ersten Mal, die Wirkung war ganz ähnlich. Warum die Musiker zusammen touren, erschloss sich sofort. Erst Jahre später erfuhr ich vom Freitod von Gunnar Baars 2010.
„Mit dem Rücken zur Nacht“
Mit der neuen EP Alles Muss Brennen, die als 7“ und digital erhältlich ist, zollen Schreng Schreng und La La einerseits ihrem Freund Tribut, andererseits widmen sie sich aber auch dem tabuisierten Thema Suizid, das sie nicht nur durch den Tod des Freundes persönlich beschäftigt. Das Herzstück der EP, „Mit dem Rücken zur Nacht“, ist ein Trashboy-Original.
Mit Orgel, Gitarren und Klavier ist es für Schreng Schreng und La La-Verhältnisse ungewöhnlich „voll“ orchestriert – passenderweise kommen die Tasteninstrumente von Sebastian Neuerburg, der anderen Hälfte von Trashboy. Mechenbier singt die Strophen auffallend feinsinnig, was die Traurigkeit in den Zeilen gut überträgt. Auf die gute Art pathosreiche Refrains sind ohnehin Mechenbiers Steckenpferd, doch den letzten singt er so zerbrechlich, dass spätestens hier die Gänsehaut einsetzt. Eine würdige Hommage, die den Musikern hörbar einiges abverlangt hat. Aber Kunst ist ohnehin ja meistens am besten, wenn sie ein bisschen weh tut, und bei diesem Song ist es wirklich nicht leicht, gelassen zu bleiben.
„Passt auf Euch auf!“
Exzess als Verarbeitungsmechanismus ist das Thema von „Bremse“, hier ist Mechenbier der Getriebene, und so singt er den Song auch. „Die Teenageangst verschwindet nicht, nur die Kraft, sie zu ertragen. Alle haben Angst, ich zerstöre mich, doch für die Überdosis reicht die Kohle nicht“, man möchte hier keinen heimlichen Optimismus hinter dem Sarkasmus vermuten. Auch bei diesem Song zeigt sich die seit jeher beeindruckende Kunst der Band, mit Minimalinstrumentierung nichts an Sound vermissen zu lassen – Bass, Akustikgitarre und Stimmen reichen aus.
Im ruhigen, mit Drumcomputer unterlegten „Arschloch Glück“ mit Aufzählungstext über Wünsche für ein schöneres Leben lugt die Hoffnung doch nochmal ganz scheu ums Eck – zumindest weiß das lyrische Ich hier, was es alles will, und nicht alles davon scheint unrealistisch oder ungesund. Das Glockenspieloutro schließt die EP zart ab, es ist doch nicht alles scheiße. Manchmal ist es auch scheiße schön.
„Solltest Du mit dem Gedanken spielen, Dir das Leben nehmen zu wollen, sprich bitte mit Deinen Freunden, Deiner Familie oder wende Dich an eins der vielen anonymen Hilfsangebote. Passt auf Euch auf!“ steht im Inneren der Platte, und dem ist nichts hinzuzufügen.