„Ich denke immer wieder aufs Neue darüber nach, wie ich mich als Schlagzeug-spielender Bandleader so positionieren kann, dass das Instrument eine tragende Funktion einnimmt, dies aber auf eine musikalische Weise geschieht und auf keinen Fall als Zurschaustellung von Virtuosität,“ sagt Wolfgang Haffner. Diese Haltung zieht sich als roter Faden durch seine gesamte Karriere – und auch durch „Life Rhythm“, sein zehntes Album auf ACT.
Und obwohl Haffners Musik gängigen Vorstellungen virtuoser Schlagzeug-Leader ganz bewusst widerspricht, steht das Instrument diesmal besonders im Fokus. Ausgangspunkt dafür war Wolfgang Haffners allererstes Solokonzert im Jahr 2022 auf Schloss Elmau. Er erinnert sich: „Das war eine Wahnsinns-Herausforderung bei der ich auch vor der Entscheidung stand: Spiele ich jetzt eine Stunde Schlagzeugsolo? Natürlich nicht! Also habe ich habe eine Menge melodisch klingender Perkussionsinstrumente eingebaut, Passagen live geloopt, mit Echos und Delays gearbeitet – im Grunde wie im Studio, nur eben auf der Bühne.“ All dies brachte Haffner dazu, sich noch einmal auf ganz intensive Art mit dem Thema mit dem Instrument zu beschäftigen, welches ihn sein Leben lang begleitet. Und so haben alle Stücke auf „Life Rhythm“ diesmal ihren Ursprung, nicht wie sonst bei Haffner, am Piano, sondern am Schlagzeug.
Hypnotischer Groove
Das Ergebnis dieses Prozesses kann man gleich zum Auftakt von „Life Rhythm“ auf dem Titeltrack erleben: Das Stück basiert auf einem hypnotischen Groove, bei dem nicht die Becken, wie sonst im Jazz üblich, die Time angeben, sondern vor allem die Trommeln. Das dieser Groove direkt Phil Collins und besonders an dessen Stück „Take Me Home“ erinnert, ist kein Zufall: Collins‘ Art, Drum-Parts zu elementaren Teilen des Songwritings zu machen, ist bis heute eine von Haffners größten Inspirationen.
Und auch jedes weitere der elf sehr kompakten, Song-haften Stücke auf „Life Rhythm“ öffnet eine eigene Welt des musikalischen Schlagzeugspiels: Mal mal trocken-reduziert mit Besen wie auf „Balance“, poppig bei „Joy of Life“, mit filigranen Becken-Grooves, dezenter Elektronik und Percussion auf „Eternity“ oder minimalistisch bis kurz vor der Stille in „Silence and Sound“. Das aus all diesen Stilistiken ein so stimmiges Ganzes entsteht liegt daran, das Wolfgang Haffner diese im Laufe seiner Karriere bis in die Tiefe durchdrungen hat – an der Seite von stilbildenden Charakteren wie Al Jarreau, Chaka Khan, Pat Metheny, Jan Garbarek, Esbjörn Svensson, Nils Petter Molvaer, Albert Mangelsdorff, Ricardo Villalobos und vielen, vielen mehr. All diese Kollaborationen haben Wolfgang Haffners Vokabular am Instrument und auch als Komponist geprägt und die damit verbundenen, unterschiedlichsten Stile sind gleichermaßen Teil seiner musikalischen Persönlichkeit.
Keyboarder Simon Oslender und Bassist Thomas Stieger
Vielseitigkeit und höchste Musikalität sind auch die Eigenschaften, die Wolfgang Haffner und seine Mitmusiker auf „Life Rhythm“ verbinden. Die Basis bildet ein bestens eingespieltes Trio zusammen mit Keyboarder Simon Oslender, selbst auch Drummer und Bandleader, und Thomas Stieger, einem der gefragtesten deutschen Bassisten in Pop wie Jazz. Dazu kommen Trompeter Sebastian Studnitzky, Mitstreiter Haffners seit seinem ACT-Debüt „Shapes“ und der Finne Arto Mikälä, eine echte Entdeckung in Sachen Klangvielfalt an der Gitarre. Diese Band herausragender Allrounder erweitert Haffner um eine Reihe musikalischer Charaktere, die der Musik ihre ganz eigene Farbe verleihen: Nils Landgren, Freund und Weggefährte seit mehr als 20 Jahren, Saxofon-Ikone Bill Evans, Sting-Gitarrist Dominic Miller, Balkan-Beat-Star Shantel, Bass-Feingeist Nicolas Fiszman, Oud-Virtuose Thomas Konstantinou und Bruno Müller, einer der besten deutschen Jazzgitarristen.
Wärme, Kraft und Klarheit
„Life Rhythm,“ sagt Wolfgang Haffner, „ist für mich eine Fortsetzung, keine Wiederholung“. Die Musik trägt mit ihrer Wärme, Kraft und Klarheit die charakteristische Handschrift, die Haffner mit seinen Alben und auf tausenden von Konzerten in mehr als 100 Ländern zum wohl populärsten Schlagzeug-spielenden Leader Europas gemacht hat. Und gleichzeitig ist es eine Evolution seiner Musik. Gut möglich, dass Haffners Erfolg genau darin begründet ist, dass seine Musik immer etwas Vertrautes und etwas Neues beinhaltet und dass Haffner sein Publikum so immer „mitnimmt“ im Fluss seiner Ideen – und in einem gemeinsamen „Lebensrhythmus“.