Die Band geht ohne Umschweife in die Vollen. Roh, wild, voller Energie. „Blind Man In The Dark“ trifft den Zuhörer mit voller Wucht, der Song zieht mit der Sogwirkung eines ICE an einem vorüber. Was Gov’t Mule gerade unter dem Titel „The Tel-Star Sessions“ herausgebracht hat, ist das eigentliche Debüt des Powertrios um den Sänger und Gitarristen Warren Haynes. 1994 sind die Aufnahmen mit Allen Woody (Bass), der vor 16 Jahren starb, und Schlagzeuger Matt Abts in einem Studio in Florida entstanden. Warum es damals nicht in dieser Form veröffentlicht wurde, kann Haynes heute auch nicht sagen. Nur, dass sie mehrere Aufnahmen machten und erst ein Jahr später ihr erstes Album herausbrachten. (siehe auch Gov’t Mule und Ashes & Dust)
Haynes und Woody sind eigentlich feste Mitglieder der legendären Southern Rocker Allman Brothers Band. Doch die Band ist höchstens die Hälfte des Jahres aktiv und Haynes brennt darauf, Musik zu machen. Haynes überlegt mit Woody, ein Nebenprojekt ins Leben zu rufen. Nur zum Spaß. Die Improvisation sollte im Vordergrund stehen. Jambands sind da gerade nicht so wahnsinnig populär. Einige wie Phish fingen gerade an sich zu etablieren. Als sie sich mit Matt Abts zusammentun, muss die Chemie sofort gestimmt haben. Die Drei zogen ab und wühlten die Szene auf wie ein PS-starker Außenbordmotor die Sümpfe in den Everglades.
Was dieses Album zu einer echten Entdeckung macht, ist diese ungeschliffene Dynamik, die in jedem einzelnen Stück steckt. Das kommt sicherlich dadurch, dass sie live aufgenommen wurden. Keine Overdubs, keine nachträglichen technischen Spielereien. Es war wohl der Rat des legendären Produzenten Tom Dowd, alle Instrumente gleichzeitig live einzuspielen. So entstand ein Mix aus frühen Originalen wie eben „Blind Man In The Dark“, „Monkey Hill“ und „Left Coast Groovies“, aber auch Coverversionen von ZZ Tops „Just Got Paid“, Frees „Mr. Big“ und Willie Dixons „The Same Thing“.
Es war jedenfalls die Geburtsstunde der legendären Gov’t Mule, die live mit ihren langen Konzerten und den ausgedehnten Improvisationen ihre Fans erfreuen. Haynes erinnert sich: „Wir diskutierten darüber, dass ein richtiges Powertrio in der damaligen Musiklandschaft fehlte, wie die Bassgitarre seit den 80er Jahren zunehmend sauberer klang und wie sich das auch auf das die Empfinden der Musik ausgewirkt hat.“ Ihre Einflüsse stammten hauptsächlich von Bands wie Cream, Jimi Hendrix Experience und ZZTop, dennoch vermischte sich die Suche nach einem vertrauten Sound mit dem Grunge und Rock der frühen 90er Jahre. Damals wussten sie jedoch noch nicht, dass ihnen die Magie, die sie während der Sessions geschaffen hatten, eine so erfolgreiche musikalische Reise ermöglichen würde.
Das Album ist als CD und auf Vinyl erschienen.