Auch mit 86 Jahren beweist Buddy Guy, dass er zu recht zu den bekanntesten und einflussreichsten Figuren in der Geschichte des Blues-Genres zählt. Auf „The Blues Don’t Lie“ präsentiert er wieder sein elektrisierendes Gitarrenspiel und seinen gefühlvollen Gesang. Das Album erscheint am 28. September 2022.
Von Dylan C. Akalin
Buddy Guy ist keiner, der sich auf seinem legendären Status ausruht. Der Alte klingt immer noch erstaunlich frisch und voller Energie. Da muss man nur in Songs wie „Rabbit Blood“, das energische „Back Door Scratchin“ und das heiter groovige „I’ve Got A Feeling“ reinhören. Produziert vom langjährigen Mitarbeiter/Schlagzeuger Tom Hambridge, fährt er mit einer bemerkenswerten All-Star-Besetzung auf, darunter Mavis Staples, James Taylor, Elvis Costello, Jason Isbell und Bobby Rush – sowie Keyboard-Auftritten komplett von Reese Wynans.
Sein 19. Studioalbum mit sechzehn Titeln startet mit dem funkigen „I Let My Guitar Do The Talking“, in dem Buddy Guy davon erzählt, wie er aus Louisiana mit wenig mehr als seiner Gitarre und den Klamotten am Leib nach Chicago zieht. Das ist immerhin schon 65 Jahre her. Im Mittelpunkt der Geschichte steht natürlich seine Gitarre, die er im Solo Wah-Wah-betont jaulen lässt. Sein Stil hier mag an Jimi Hendrix erinnern, aber nur, weil dieser selbst ein Fan von Buddy war. Es ist vielleicht der beste Song auf dem Album.
Die nächsten drei Songs nehmen einen melancholischeren Ton an. Der Titeltrack „The Blues Don’t Lie“ verweist auf die allgegenwärtigen Kämpfe, die mit dem Leben einhergehen. Er erinnert an den Tod der Eltern , an Sonny Boy Williamson II, an Junior Wells, der sich eine Mundharmonika bei einem Pfandleiher kaufte, an das legendäre Regal Theater in Chicago, das längst abgerissen sei. Und da klingt ziemliche Wehmut, wenn er singt: „It’s not coming back (it’s not coming back, no)/The years go flying by/And I tell you the blues don’t lie…“
„The World Needs Love“ ist ein lockerer Shuffle, der die Zuwendung hin zu Liebe und Freundlichkeit in der heutigen Welt propagiert. In diesem Plädoyer zeigt Guy einige seiner emotionalsten Gitarrenarbeiten und drückt mit seinen Fingern mehr noch aus, als er es mit Worten könnte. Es ist ein großartiger, langsamer Chicago-Blues, wie es ihn nur von Buddy geben kann, bewegt, wild und feurig.
Auf „We Go Back“ unternimmt Buddy wieder eine nostalgische und traurige Reise zurück in die späten 1960er Jahre und wird dabei von Mavis Staples begleitet. Staples bietet eine rohe und kraftvolle Gesangsdarbietung, während sie ihre noch frischen Erinnerungen an die Ermordung von Martin Luther King Jr. heraufbeschwört. Guys Licks und Leads, die er auf seiner charakteristischen Blonde Fender Stratocaster spielt, unterstreichen die Stimmung mit Subtilität und Raffinesse.
James Taylor verleiht auf „Follow The Money“ den sanften, gefühlvollen Harmonien seine charakteristische Stimme, und Jason Isbell in „Gunsmoke Blues“: eine Anklage auf Amerikas außer Kontrolle geratenen Waffenwahn.
Auf „Symptoms of Love“ unterstützt Elvis Costello stimmlich einen Boogie, der an den Swamp-Blues von Billy Gibbons und ZZ Top erinnert. Mit seinem hochgradig sanglichen Call-and-Response-Gesang und übersteuerten Gitarren spielt sich Buddy Guy in den harten Rock’n’Roll-Modus.
„Well Enough Alone“ kommt als reduzierter Blues mit Gitarre daher. Dem bodenständigen Intro folgt eine lodernde Orgel. Bobby Rush assistiert bei „What’s Wrong With That“, und die Beiden träumen von knusprigem Speck und rauchigen Zigarren.
Das Album schafft eine geschickte Balance zwischen zeitgenössischer Glätte und düsterer Old-School-Rohheit, und Buddy Guy beherrscht immer noch die Klaviatur von Stimmungen, Themen und Klängen.