Bonn. Wer sich mit Peter Materna über Jazz unterhält, merkt ihm sofort die Begeisterung an. Und wenn er über „seine“ Musiker redet, ist er kaum zu stoppen. Es gehört sicherlich auch zu seinem Job, als künstlerischer Leiter des Jazzfest Bonn, das morgen startet, begeistert über sein Programm zu sprechen. Es ist aber mehr. Peter Materna sieht sich selbst als Botschafter des Jazz. „Ich freue mich so, wenn sich Menschen, die sonst nichts mit Jazz zu tun haben, in dieses wunderbare Thema hineinhören, wenn sie sich damit auseinandersetzen, was für eine herrliche Welt sich ihnen eröffnen kann.“
Und so sieht er auch das Konzept des Jazzfests Bonn: In Doppelkonzerten bringt er bekannte mit weniger bekannten Protagonisten der improvisierten Musik zusammen. „Ich bin aufgeregt und voller Vorfreude. Es hat ein wenig etwas von dem Nervenkitzel, den ich auch als Musiker habe, wenn ich eine neue CD herausbringe. Das ist ein Gefühl, wie bei einer Geburt dabei zu sein“, sagt Peter Materna und lacht. Er hat sich die Freude eines Musikfans erhalten, und man wird den Eindruck nicht los, dass das Programm von einem echten Liebhaber zusammengestellt wurde. In diesem Jahr sind es weniger die ganz großen Namen der Jazzszene, die im Programmheft stehen. Wer sich aber mit diesem Genre auseinandersetzt, der weiß, dass da eine kostbare Perlenkette aufgezogen wird: Pat Martino, der das Jazzfest morgen eröffnen wird, ist eine Legende mit einer ungeheuer spannenden Biografie und erlebnisreichen Virtuosität. Am selben Abend ist Ulita Knaus zu hören, die mit ihrer geradezu unanständig klaren Intonation und Hingabe zur Zeit nicht nur die Herzen der Szene erobert.
„Ich freue mich auf Überraschungen“, sagt Materna. Stefan Schultze mit einem großen Ensemble vor allem regionaler Jazzstars mit der international bekannten und herausragenden Sängerin Lizz Wright zusammenzubringen, ist schon ein mutiger wie genialer Handstreich. Hier die Sängerin der leisen Töne, die sich eher der gospellastigen Tradition hingibt, dort die Big Band der intellektuell filigranen Soundverschachtelung. „Die Doppelkonzerte des Jazzfest werden in diesem Jahr noch intensiver sein. Ich habe diesmal noch konsequenter darauf geachtet, dass sich ein Spannungsbogen ergibt, dass sich die Künstler gegenseitig ergänzen“, so Materna. Da spricht dann der Chefdramaturg aus ihm.
Der Saxophonist und Musiker kommt heraus, wenn er selbst über seine Kollegen spricht. Keine Frage. Greg Osby gehört zu seinen „Saxophon-Heros“. Der Altsaxophonist ist sicherlich einer der spannendsten Vertreter seiner Zunft. Überhaupt dürfte der Abend mit dem Franco Ambrosetti Sextet, zu dem Osby gehört, zu den interessantesten gehören. Mit dabei Terry Lyne Carrington, die vor kurzem mit ihrer eigenen Band in der Kölner Philharmonie für Furore sorgte. Oder Buster Williams!
Eines der nachhaltigsten Abende dürfte auch der kommende Dienstag werden: Wolfgang Muthspiel ist einer der angesagtesten Jazzgitarristen und kommt mit einer unfassbaren Triobesetzung: Larry Grenadier am Bass und Jorge Rossy am Schlagzeug. Und dann kommt noch die einzigartige Sängerin Efrat Alony, unter anderem mit dem geradezu rätselhaften Gitarristen Frank Windgold. Besser kann ein Jazzabend kaum sein. Und die gute Nachricht ist: Dafür gibt es noch Karten.
„Es gibt eins, dass alle Künstler gemein haben“, sagt Materna nachdenklich. „Es sind alles Bands, die alle eine Verbindung zu den Elementen haben. Sie sind keine Satelliten, die losgelöst um den Planeten kreisen, sondern Musiker, die ihr Publikum und die Zukunft im Blick haben.“
(Cem Akalin)