Patti Smith in Bonn: Poetisches Biest und Freundin der Bäume

Patti Smith auf dem Bonner Kunst!Rasen. FOTO: Horst Müller

Die Bäume haben es ihr angetan. „Hello, tree.“ Patti Smith steht auf der Bühne in der Bonner Rheinaue und starrt auf den majestätisch-gleichgültig fließenden Rhein. Sie zeigt auf ein Schiff, sie zeigt auf Bäume. Die 65-Jährige hat sich das kindliche Staunen erhalten: „Dreht euch um und schaut, wie schön die Bäume sind! Der dunkle da hinten besonders!“ Ja, der Kunst!Rasen Bonn ist tatsächlich ein ganz besonderer Ort. Und so ist Patti Smith die schräge Rebellin mit dem klugen Kopf auch gut gelaunt. Da bekommt „Pissing in the River“ heute plötzlich eine neue Bedeutung…

„Banga“ heißt ihr neues Album, inspiriert von Michail Bulgakows Roman „Der Meister und Margarita“, und Banga ist der Hund von Pontius Pilatus, den Jesus tausend Jahre an der Himmelspforte stehen lässt. Und der Hund liegt treu und geduldig all die Jahre zu Füßen des römischen Präfekten. „Nine“ ist ein Song über ihren Freund Johnny Depp, der ständig eine Gitarre mit sich führe. Es sei ein Geburtstagsgeschenk für Depp gewesen, erzählt sie in einem Interview, geschrieben in Puerto Rico, und Depp spielte Schlagzeug und Gitarre bei der Aufnahme des Titelsongs „Banga“. Und „This Is The Girl“, eine Hommage an Amy Winehouse, sei kein Song über Selbstzerstörung, sondern ein trauriges Andenken an eine große Künstlerin. „Maria“ wiederum ein Gedenksong für die Schauspielerin Maria Schneider; beide Frauen starben 2011.

Patti Smith auf dem Bonner Kunst!Rasen. FOTO: Horst Müller
Patti Smith auf dem Bonner Kunst!Rasen. FOTO: Horst Müller

Patti Smith und die Toten. Beethoven, verrät sie, sei der Lieblingskomponist ihres verstorbenen Mannes Fred Sonic Smith gewesen. Sie sei schon viermal im Beethoven-Haus gewesen, und der Beethoven-Kopf, den sie einst für Fred mitbrachte, stehe jetzt auf dem Klavier ihrer Tochter: „Ich sehe ihn jeden Tag.“

Es ist wohl diese natürliche Leidenschaft, ihr Gefühl für poetische Größe, ihr Bekenntnis an die „Musik als revolutionäre Kraft“, wie es einmal in einem Magazin hieß, was die Fans so an ihr schätzen. Es ist auch die Kraft, diese Eigenständigkeit, die sie ausstrahlt, eben wie die eines kraftvollen Baumes, die Magie ausstrahlt. Patti Smith, die Kämpferin, das poetische Biest, der Tramp, die Freundin der Bäume. (Cem Akalin)