Wie sagt MacLeod so schön im Film „Der Highlander“? „Nett, euch zu sehen Kurgan, gewagte Frisur, die ihr da habt!“ So ähnlich erging es wohl den Fans am Mittwochabend in der Live Music Hall in Köln auch, als Lead-Gitarrist Greg Mackintosh mit Irokesenschnitt auf die Bühne trat.
Von Dylan Cem Akalin
Dunkel ging’s zu. Logisch. Nicht nur musikalisch, auch optisch. Nur spärliches Licht von der Bühnenrückseite. Das war’s. Paradise Lost boten ein Scherenschnitttheater für Doom-Metal-Freunde. Oder Dark-Rock-Fans, wie sie selbst ihre Musik bezeichnen. Neben jeder Menge Material vom aktuellen Album „Metusa“ spielten die Briten auch jede Menge Songs aus den letzten 25 Jahren – sehr zur Freude der Fans. Und ja, das neue Album ist wieder härter, dunkler und abwechslungsreicher geworden.
Mit „From The Gallows“ demonstriert die Band um Frontmann Nick Holmes auch gleich, wohin die Reise mit dem neuen Album hingeht: fette, tiefe Riffs, abwechslungsreicher Gesang von Growling an dämmernden Abgründen bis zum wunderbaren Klargesang. Den exzellenten doomigen Opener von der Platte „Fearless Sky“ spielt die Band leider nicht, aber mit dem vorwärtstreibenden „From The Gallows“ hat sie auf jeden Fall alles richtig gemacht. Auch der Titel-Track mit seiner eingängigen, führenden Gitarrenmelodie, dem etwas schleppenden Rhythmus, der Pianountermalung und dem akzentuierten Gesang kommt später dran. Und das Prog-metallige „Gods of Ancient“ mit dem beeindruckenden und bedrohlich wirkenden Growl-Gesang sticht ebenfalls wohlwollend heraus.
„Blood And Chaos“ hat diese aggressive Würde, die im Mittelteil auch an Depeche Mode erinnert. Als zweite Zugabe gab es schließlich noch „The Longest Winter“ aus „Medusa“. Die Riffs klingen hier nochmal eine Spur fetter und scheinen wie aus anderen Sphäre durchzuschlagen. Der melodische Gesang von Nick Holmes mit seiner unnahbaren Coolness und den fiebrigen Leadlinien von Mackintosh harmonieren auf außerirdische Weise. Ein ganz starker Song.
Und doch feiern die Fans die bekannteren Songs natürlich umso stärker. Das melodische und durchaus tanzbare „One Second“ (1997), bei den ersten Pianoklängen von „Enchantment“ (1994) rasten die Fans schon aus, und als die wiegenden Gitarren einsetzen, schießen die Fäuste hoch, und alle singen mit: „Like a fever, fever inside of me…“ Und das ist ja auch einfach ein unsagbar guter Song der Gothic-Väter. „Feel it, feel it, like the pain of dying.“ Und als am Ende die Gitarren das Thema aufgreifen und zu den aufpeitschenden Drums und Becken spielen, da ging doch eine spürbare Glückswoge durchs Publikum. Jubel ohne Ende.
Der darauf folgende Song „Erased“ (2002) passte von seiner Grundstimmung erstaunlich gut, auch wenn er mehr in Richtung Dark New Wave a la Depeche Mode geht.
Aus den guten alten Tagen spielten Paradise Lost auch „As I Die“ (1992) mit dem markanten Bassteil und den antreibenden, manchmal leicht an Metallica erinnernden Gitarren. Das euphorische „The Last Time“ (1997) beendete den Abend, dem dann noch drei Zugaben folgen.
Einziges Manko des Abends: mit 87 Minuten viel zu kurz. Darüber können auch die beiden Vorbands nicht hinwegtäuschen. Die portugiesische Band Sinistro mit ihrer exaltierten Sängerin beginnen zwar zunächst vielversprechend, werden dann im Laufe des Abends dann doch zu öde mit ihrer immer gleichen Songstruktur. Pallbearer aus Arkansas kommen zwar mit wesentlich mehr Druck rüber, verlieren sich am Ende aber auch etwas an der eintönigen Moll- und Bombastverliebtheit. Dennoch: Beide Bands mit Potenzial, die man sich wohl mal näher anhören sollte.