Opeth „In Cauda Venenum“ entfaltet eine Wirkung, die nachhaltig ist

Opet FOTO: Bandpromo

Opeth verblüfft uns wieder einmal. „In Cauda Venenum“  ist Progrock voller wunderbarer Gitarrenarbeit, einem ausgewogenen Gemisch aus melodiegetragenem Metal und progressiven Rhythmus- und Harmoniestrukturen. Für mich wird Mikael Åkerfeldt immer besser. So kurz nach dem grandiosen Auftritt von Tool, beschenkt uns Opeth mit einem weiteren musikalischen Highlight in diesem Jahr. Was soll da eigentlich noch kommen?

Von Dylan Cem Akalin

Der Gesang von Mikael Åkerfeldt ist eines der auffälligsten Ereignisse auf dem Doppel-Vinylalbum „In Cauda Venenum“. Natürlich erkennt man den Schweden schon in der ersten Sekunde von „Dignity/ Svekets prins“. Er hat die Mischung aus 80er Jahre-Rock, orientalischen und Folk-Moods sowie klassischem Progrock-Gesang zu seiner ganz persönlichen Note gemacht. Das nächste Hervorstechende ist der behutsame Einsatz der Akustikgitarre in die ausgefeilten Kompositionen. Bezüge zu Genesis, Yes, King Crimson, Van Der Graaf Generator, Jethro Tull und Camel entdecken Liebhaber dieses Genres immer wieder, Åkerfeldt nutzt die Möglichkeiten aus Jazz, Flamenco, Klassik, Folk, Oriental und Metal, wobei es ihm meisterhaft gelingt, das Album wie aus einem Guss klingen zu lassen. Vielleicht ist es gar das Opeth-Album, das am rundesten und ausgereiftesten klingt.

Hatte ich noch bei den Vorgängerwerken „Pale Communion“ (2014) und „Sorceress“ (2016) den Eindruck, als würde der letzte konsequente Funke fehlen, erscheint mir „In Cauda Venenum“ als schlüssig durchdachtes Gesamtwerk. Opeth haben ein wenig mehr an den Anschlüssen ihrer Zeitmaschine gedreht und für sich eine eigene Dimension entdeckt. Was für ein Glanzstück ist doch „The garroter/ The garroter“ mit der Verflechtung vieler Genres. Hammer! Diese überlappenden Sphären des modernen Metals und des Progs machen aus Opeth zu den meist beachteten Bands der Szene.

Opulenz an Ideen

Aber was macht ein gutes Album wirklich aus? Dass man es wieder und wieder hören möchte, dass sich Lieblingssongs herausschälen, die man praktisch auf Dauerschleife setzen will. Genau solch ein Werk ist „In Cauda Venenum“. Ich bespreche der Einfachheit halber die englische Version, die schwedische Originalversion klingt für uns auf jeden Fall rätselhafter.

Eine weitere Besonderheit ist die Opulenz an Ideen. Der Opener erinnert stark an Tangerine Dream und Pink Floyd. Bei „Dignity/ Svekets prins“ etwa bestimmen sakrale Elemente das Intro, schlägt dann aber in eine groovige Rocknummer mit kleinen verspielten  Einlagen um. Und dann findet sich der Hörer in einer von einer ruhigen Akustikgitarre geprägten Sequenz und einem schwankenden Gesang. Das ist aber mitnichten die Schlussphase des Stücks, denn der Song holt weit aus, um dann noch mal richtig Tempo zu geben.

„Lovelorn Crime“

„Lovelorn Crime“ ist ja wohl die Ballade des Albums, eine legendäre Melodieführung bei einer klaviergetriebene Melancholie, die dann noch ein absolut unglaubliches Gitarrensolo krönt, das sicherlich in die Top 100 der besten Soli aus dem Progrock aufgenommen wird. Überhaupt: Fredrik Åkesson ist für mich von Opeth als Gitarrist nicht mehr wegzudenken.

Es ist sicherlich kein Zufall, dass Mastermind Mikael Åkerfeldt, der alle Stücke auf dem Album geschrieben hat, so viel Energie auf dieses Album gesteckt hat. 2019 ist das Jahr, in dem Opeth 30 wird. Und was hat die Band für eine Entwicklung hingelegt, von dem 16-jährigen Åkerfeldt, der mit Sänger David Isberg die Callow-Death-Metal-Band gründete?

Opeth ist die Geschichte einer Reihe kleiner Revolutionen, mit denen sich die Band immer wieder neu orientierte, immer wieder nach neuen Möglichkeiten des Progressiven suchte. Dabei hat Mikael Åkerfeldt nie einen Hehl daraus gemacht, dass ihn die Einflüsse aus den 70ern besonders prägten. „Continuum/ Kontinuerlig drift“ ist so ein Stück, mit dem sich der 45-Jährige vor den Großen des progressiven Rock verneigt und zwischendurch in die psychedelischen Sounds von Gong durchdringt. Was für eine abschließende Aussage beim wogenden, krachenden Crescendo voller Eleganz und Klassik erklingt: „All Things Will Pass / Allting tar slut“. Dieses Album entfaltet eine Wirkung, die nachhaltig ist.

Opeth ist:

Mikael Åkerfeldt (vocals, guitars)
Martin Mendez (bass)
Martin Axenrot (drums)
Fredrik Åkesson (guitars)
Joakim Svalberg (keys)

Opeth on Tour:

08.11. D München – Backstage Werk
09.11. I Mailand – Alcatraz
10.11. CH Zürich – Volkshaus
11.11. F Paris – L’Olympia
13.11. D Köln – E-Werk
14.11. D Wiesbaden – Schlachthof
15.11. D Nürnberg – Meistersingersaal
16.11. D Berlin – Huxley’s
17.11. DK Kopenhagen – Det Kgl. Teater