Plattentipps aus dem Secondhand-Laden: Quicksilver Messenger Service (QMS), Quicksilver Messenger Service (1968)
Nobbi Schumacher stellt auf J&R regelmäßig besondere Platten vor oder solche, die er Plattenfans mal wieder in Erinnerung rufen möchte. Nobbi betreibt seit 22 Jahren einen Plattenladen in der Marienstraße 21, 53225 Bonn. Der leidenschaftliche Sammler ist dafür bekannt, Vinylfreaks fast jedes Schätzchen besorgen zu können. Der Laden ist jedenfalls eine echte Fundgrube für Plattenfreunde mit kleinem und großem Portemonnaie. Öffnungszeiten: Montag bis Freitag: 10 bis 19 Uhr, samstags: 10 bis 18 Uhr. Telefon: 0228/466595.
Sind das die Doors? „Pride Of Man“ klingt trotz einiger Folkeinflüsse doch ganz stark nach ihnen. „Light Your Windows“ wiederum könnte aus der frühen King Crimson-Phase sein, „Dino’s Song“ hätte sich auch auf einem der ersten Mothers-Alben gut gemacht. Es ist die Zeit des Flower Power in San Francisco, und die Bands jener Zeit spielten andauernd gemeinsam auf kleinen Festivals oder Konzerten. Viele waren noch auf Orientierungssuche.
John Cipollina zeigt seine Klasse
Dieses Album der noch jungen Band Quicksilver Messenger Service ist wohl unter dem starken Eindruck der Band Electric Flag entstanden, die zuvor Mike Bloomfield gegründet hatte, um mit ihr Blues, Rock, Soul, Country und Jazz zu kombinieren. Die erste Ahnung des Flag-Einflusses zeigt sich in „Light Your Windows“, das durch einige offensichtliche Bloomfield-Gitarren-Breaks unterbrochen wird. John Cipollina zeigt hier schon seine Klasse als exzellenter Gitarrist.
Eigentlich hatte Cipollina Quicksilver Messenger Service ja als Backing-Band für den Folksänger Dino Valenti gegründet. Daher wohl auch die Folkeinflüsse. Doch seit etwa 1965 trat die Band, zu der noch Gary Duncan (Gitarre, Gesang), David Freiberg (Bass), Greg Elmore (Schlagzeug), und Jim Murray (Gesang und Mundharmonika) gehörten, regelmäßig auf und errang sich eine gewisse Anhängerschaft mit ihrem verkifften Blues-Rock und den langen Improvisationsteilen, wie sie damals auch Bands wie Jefferson Airplane oder Grateful Dead praktizierten. Wenn man der Gitarre auf „Dino’s Song“ hört, dann erinnert vieles an Jerry Garcia und Bloomfield.
Wie ein Rock-Arrangement von „Take Five“
Besonders interessant ist „Gold And Silver“, das wie ein Rock-Arrangement von Dave Brubecks „Take Five“ klingt. Selbst Cipollinas Gitarrenausflüge erinnern an Paul Desmonds Saxophonwechsel. „Another Country“ wiederum lässt Assoziationen zu Country Joe & the Fish wach werden. „It’s Been Too Long“ ist ein großartiger Song, angefangen von seinem rohen Albert King-mäßigen Intro bis hin zu den Backingvocals am Schluss, die an die 50er R ‚n‘ B-Songs erinnern.
„The Fool“ nimmt den Großteil der zweiten Seite ein. Der Song fängt vorsichtig an, die Gitarre irrt mehr, als dass sie sich wirklich als Fahnenträger entpuppt. Daran ändern auch nicht die schrägen Halbtonschritte. Zwischendurch setzen orchestrale Einschübe ein. Man entdeckt ein paar Clapton-Referenzen, ein wenig Yardbirds, ein paar Procol Harum-Sounds. Und dann setzt doch noch ein etwas psychedelischer Gesang ein.
Für ein Debüt ist die Platte beachtlich. Aufgrund der wenig klaren Richtung des Gesamtwerks wird man sie aber nicht in die Ruhmeshalle der wichtigsten Rockscheiben aufnehmen können. Und doch ist die Platte ein wichtiges musikalisches Zeitdokument, vor allem, weil schon so manches darauf hindeutet, wo Quicksilver Messenger Service ihren eigenen musikalischen Sinn finden werden. Ihr zweites Album „Happy Trails“, das sie live im Fillmore East und Fillmore West aufnahmen, mit den langen Jam-Sessions und dem grandiosen Gitarrenspiel von John Cipollina und Gary Duncan gilt zu Recht als ein Meilenstein des Rock.