Er war sowas wie der Pelé der Rockgitarre. Egal, welchen Trick so mancher meint, auf der Gitarre entwickelt zu haben – Jeff Beck hatte ihn längst schon mal gespielt. Am Dienstag, 10. Januar 2023, ist der britische Gitarrist im Alter von 78 Jahren nach einer plötzlichen Erkrankung gestorben. Auf seiner offiziellen Website und Facebook-Seite heißt es, nachdem er sich plötzlich eine bakterielle Hirnhautentzündung zugezogen habe, ist er „friedlich verstorben. Seine Familie bittet um Privatsphäre, während sie diesen enormen Verlust verarbeitet.“
Von Dylan Cem Akalin
Jeff Beck, ich habe ihn so oft live gesehen, hatte immer eine Spur von Abenteuer in seinem Spiel, egal ob mit den Yardbirds oder später mit seinen eigenen Projekten. Er war ein Forschender, ein Kundschafter neuer Pfade, ein Abenteurer und Pioniergeist – und vielleicht der letzte Mohikaner unter den Glücksjägern dieser Gattung von Gitarristen und Rockmusikern. Und das ist möglicherweise auch der Grund für die weltweite Anteilnahme an seinem Tod. Jeff Beck war ein Musiker, der irgendwie immer da war, und man konnte sich gar nicht vorstellen, dass es mal eine Zeit geben sollte, in der wir ohne ihn auskommen sollen. Mich hat er jedenfalls durch viele Phasen meines Lebens begleitet. Und egal, was in der Musikbewegung geschah – Jeff Beck war immer da.
Es ist keine Übertreibung, wenn man ihn als einen der bewundertsten und einflussreichsten Gitarristen der Rockgeschichte bezeichnet. Nicht Wenige in Fachkreisen sagen, er sei der größte Gitarrist aller Zeiten gewesen. Er galt als „Musican’s Musican“. Er war kein massentauglicher Superstar, dafür war er wohl zu eigen, zu sperrig als Person, zu kompromisslos, als dass er sich dem reinen Kommerz hingegeben hätte.
Die Yardbird, Eric Clapton und Jimmy Page
Als er sich 1965 den Yardbirds anschloss, ersetzte er einen anderen Gitarrenhelden, Eric Clapton. Da war die Band bereits einer der prägenden Acts in der britischen elektronischen Blues-Bewegung. Aber seine anfeuernden Licks und blitzschnellen Leads in Songs wie „Shapes of Things“ und „Over Under Sideways Down“ fügten der Musik ein halsbrecherisches Element hinzu, das dazu beitrug, der aufkommenden Psychedelic-Rock-Revolution einen ordentlichen Kick zu geben.
Zuvor legte er aber noch die Weichen für das, was mal als Heavy Metal bekannt werden sollte: 1967 gründete er die Jeff Beck Group. Mit dabei war der damals kaum bekannte Rod Stewart und Ron Wood am Bass. Ihr Debüt von 1968, „Truth“, lieferte eine Blaupause, die ein anderer ehemaliger Gitarrenkollege der Yardbirds für eine Band inspirieren sollte: Jimmy Page rief Led Zeppelin ins Leben. „Als Led Zeppelin so groß rauskam, war ich eifersüchtig, absolut eifersüchtig“, sagte Beck 1986 in einem Interview. „Aber ich bin froh, dass ich so weitergemacht habe. Ich persönlich hätte diese Massenbewunderung nicht ertragen können.“ Tatsächlich wirkte Beck bei seinen Konzerten immer etwas abweisend, manchmal hatte man fast das Gefühl, er würde lieber für sich alleine spielen. Es gab aber auch Auftritte, sie ich erlebt habe, bei denen er für seine Verhältnisse geradezu aufgewühlt wirkte.
Jeff Beck vermisste Jan Hammer
In einem Interview sagte er einmal, es sei sehr schwierig, unterhaltsam zu sein. Deshalb vermisse er die Zeit mit Jan Hammer, dem früheren Keyboarder des Mahavishnu Orchestra, mit dem Beck in den 70er und 80er Jahren zusammengearbeitet hat. Irgendwann wollte Hammer keine Live-Shows mehr spielen. Hammer sei ein so ein wichtiger Teil seiner Karriere gewesen, meinte er – vielleicht, weil er sowas wie einen Gegenpart zu dem introvertierten Beck bildete.
Ein weiterer Meilenstein: 1975 kam „Blow by Blow“ raus, eine Platte, die wohl nicht nur ich rauf und runter gehört habe. Die Platte veränderte alles, was sich damals in der Umlaufbahn von Jazz, Rock und Funk befand. Beck schuf Sounds, die jeden in Erstaunen versetzte. „Blow by Blow“ schaffte es sogar in die Albumcharts.
Das sagen Mick Jagger und Jimmy Page
Im Laufe seiner langen Karriere hat er mit zahlreichen Rock-Größen zusammengearbeitet, in den 1960er Jahren mit Jimmy Page und Rod Stewart, später mit Roger Waters, Jon Bon Jovi und vielen anderen. „Mit dem Tod von Jeff Beck verlieren wir einen wunderbaren Mann und einen der größten Gitarristen der Welt. Wir werden ihn alle so sehr vermissen“, sagt Mick Jagger. Und Jimmy Page (Led Zeppelin) schreibt: „Der sechssaitige Krieger weilt nicht länger unter uns, damit wir den Zauber bewundern können, den er um unsere sterblichen Gefühle weben konnte. Jeff konnte Musik aus dem Ätherischen kanalisieren. Seine Technik war einzigartig. Seine Fantasie schien grenzenlos. Jeff, ich werde dich zusammen mit deinen Millionen von Fans vermissen.“
Joe Satriani, nicht minder einer der anerkanntesten Gitarristen, schreibt über Jeff Beck, er sei ein Genie gewesen, „ein umwerfendes Original“, „ein erstaunlicher Gitarrist mit mehr Möglichkeiten (…) als jeder andere. Er (…) hörte nie auf, das Instrument zu erneuern.“ Das bringt es gut auf den Punkt, warum Beck auf so viele andere Musiker diesen enormen Einfluss hatte. „Als ich Anfänger war, verbrachte ich Stunden damit, mit seinen Soloalben mitzujammen“, so Satriani weiter. „Ich war fasziniert von seinen ungewöhnlichen Arrangements und seinen aggressiven Gitarrentönen. Er stach immer als einzigartiger Spieler hervor: Er war immer ‚Jeff Beck‘ pur.“
Stimmen zum Tod von Jeff Beck
Gitarrenvirtuose Steve Vai: „In den Pantheons der Gitarristen war Jeff Beck der Auserwählte. Er hat uns so viel Schönheit und Licht in unserer Musikwelt hinterlassen. Ich kann mir die Landschaft des zeitgenössischen Gitarrenspiels nicht vorstellen, wenn er nie hier gewesen wäre, aber da alles in dieser Welt kommt und geht, hat sein Beitrag unsere Vorstellung davon, was die Gitarre tun kann, für immer verändert.“
Warren Haynes (Allman Brothers Band, Gov’t Mule) schreibt auf Facebook: „Ich bin am Boden zerstört.“ Er sei immer sein „lebender Lieblingsgitarrist“ gewesen. „Er war wild – nicht nur erfinderisch, sondern absolut einzigartig. Niemand hat so gespielt. Ich liebte alles, was er tat.“
Steve Winwood: „Jeff Beck war ein brillanter und einzigartiger Musiker, dem es gelang, seine Präsenz als herausragender Gitarrist während seiner gesamten Karriere von Mitte der sechziger Jahre bis heute aufrechtzuerhalten. Sein Gitarrenstil verwendete viele verschiedene Techniken und Stile. Er war ein Anführer und Innovator, und wir werden ihn schmerzlich vermissen.“