Neal Morse Band spielt ein traumhaftes Konzert in der Kantine Köln

Neal Morse FOTO: Peter „Beppo“ Szymanski

Glückseligkeit bei Progrock-Freunden, endlose Freude bei Neal Morse-Fans. Die Band um den früheren Mastermind von Spock’s Beard spielte am Freitagabend ein gut dreistündiges Konzert in der total überfüllten und seit Wochen ausverkauften Kantine in Köln. Die Band? Unübertroffen!

Von Mike H. Claan

Randy George FOTO: Peter „Beppo“ Szymanski

Es lebt! Bassist Randy George spielt so stoisch, dass man meint, er ist zur Salzsäule erstarrt. Der Mann ist ein Phänomen. Er hat nicht nur einen sagenhaften Sound, er ist so präsent, dass man’s kaum glauben mag, wenn man ihn da am linken Bühnenrand beobachtet. Fast unbeweglich steht er da, hin und wieder huscht ein Lächeln über sein Gesicht. Ansonsten macht der Mann seinen Job. Und den macht er so brillant, dass er seit den Solopfaden von Neal Morse dazugehört.

Mike Portnoy, der Wirbelwind

Mike Portnoy FOTO: Peter „Beppo“ Szymanski

So wie der Wirbelwind hinter ihm. Was für Gegensätze im Temperament! Mike Portnoy, trotz seiner 51 Jahre schon seit Dekaden eine Drummerlegende, bekommt einen Extraapplaus, als er die Bühne betritt. Portnoy, der schon mit 37 Jahren in die Modern Drummer Hall of Fame aufgenommen wurde, ist vielleicht der beste Schlagwerker in der Szene. Der Mann, der einst mit dazu beigetragen hat, dass Dream Theater so erfolgreich wurde, spielt einfach göttlich, ist super gelaunt, spielt mit seinen Sticks, wirft sie in die Höhe, fängt sie auf, trommelt immer auf den Punkt und setzt orchestrale Schwerpunkte.

Keyboarder Bill Hubard und Gitarrist Eric Gillette

Bill Hubard FOTO: Peter „Beppo“ Szymanski

Seit 2012 gehören auch Keyboarder Bill Hubard und Gitarrist Eric Gillette zur Neal Morse Band, und da hat Morse wirklich ein glückliches Händchen bewiesen. Die beiden sind eine unglaubliche Bereicherung. Hubard erinnert mich wirklich oft an Tony Banks (Genesis), etwa bei „The Great Adventure“, und der Mann hat eine so geile, angeraute Singstimme (zwischen Gary Brooker und Peter Gabriel), dass ich gerne öfters hören würde.

Eric Gillette FOTO: Peter „Beppo“ Szymanski

Eric Gillette: Der Name ist Programm. Der Gitarrist aus Dallas ist mit 34 Jahren der Youngster in der Truppe, aber eine wichtige Säule mit seinem fantastischen Sound und dem sowohl virtuosen als auch emotionalen Spiel. Das beweist er schon bei seinem ersten Ansatz zu Beginn der Show, die pünktlich um 19.30 Uhr begann.

Verwunschene Nebelszenarien

Bilder und Videosequenzen auf einer Leinwand hinter der Band begleiten uns über das ganze Programm. Die Landschaften sind häufig geprägt von sternenreichen Himmeln, verwunschenen Nebelszenarien und einsamen Seelen in der Weite einer fast unwirklichen Welt, in der Schattenwesen und knöcherne, hexenhafte Finger den Protagonisten des „Großen Abenteuers“ begleiten.

Neal Morse FOTO: Peter „Beppo“ Szymanski

Neal Morse ist fantastisch aufgelegt. Zwischen den Stücken kommuniziert er mit dem Publikum, erzählt etwa von einer TV-Show, bei der sie eine Art Countryversion ihrer Musik präsentierten. Er springt über die Bühne, wechselt immer wieder zwischen Keyboard und Gitarre, die er übrigens beide beeindruckend gut beherrscht. Sein Solo etwa bei „Hey Ho Let’s Go“ ist so imponierend, dass ich mich zweimal davon überzeugen musste, dass er es tatsächlich spielt.

Neal Morse verwandelt sich

Neal Morse FOTO: Peter „Beppo“ Szymanski

Morse ist überhaupt so präsent auf der Bühne, wie man es von ihm gewohnt ist. Zu Beginn betritt er die Bühne mit einem weißen Hoody, wechselt dann immer wieder mal mit schwarzem Oberteil, langem schwarzen Kapuzenteil mit dunkler Maske oder einer Minions-Schraubringbrille, vom Boden hochschießende Rauchsäulen, blaue und rote Scheinwerferblitze begleiten seine Performance.

Neal Morse FOTO: Peter „Beppo“ Szymanski

Die Band spielt das gesamte neue Album „The Great Adventure“, das ja die Forsetzung des Konzeptalbums „The Similitude Of A Dream“ (2016) darstellt, eine an „The Pilgrim’s Progress“ des Baptisten-Predigers John Bunyan aus dem 17. Jahrhundert angelehnte Geschichte um die Suche nach Glauben und sich selbst. Die Musik liegt dieses Albums erinnert in weiten Teilen an eine Mischung aus Dream Theater und Genesis, wobei auch poppige Einflüsse der Beatles („Hey Ho Let’s Go“) einfließen.  Mit zwei Zugaben gibt die Band dann noch Stücke aus dem weiten Repertoire Neal Morse‘ zum Besten und spielt auch noch am Ende mit „Broken Sky / Long Day“ Auszüge aus dem Vorgängeralbum „The Similitude of a Dream“. Ein traumhaftes Programm, ein fantastisches Konzert.

Neal Morse FOTO: Peter „Beppo“ Szymanski

Hier die komplette Setlist des Abends:

Act 1

Overture: The Great Adventure
The Dream Isn’t Over
Welcome to the World
A Momentary Change
Dark Melody
I Got to Run
To the River
The Great Adventure
Venture in Black
Hey Ho Let’s Go
Beyond the Borders

Act 2

Overture 2
Long Ago
The Dream Continues
Fighting With Destiny
Vanity Fair
Welcome to the World 2
The Element of Fear
Child of Wonder
The Great Despair
Freedom Calling
A Love That Never Dies

Encore:

Medley:
The Land of Beginning Again
Reunion
The Temple of the Living God
The Conflict
Leviathan
It’s for You
Momentum

Encore 2:

The Call
Broken Sky / Long Day (Reprise)

Mike Portnoy FOTO: Peter „Beppo“ Szymanski
Randy George FOTO: Peter „Beppo“ Szymanski
Eric Gillette FOTO: Peter „Beppo“ Szymanski
Neal Morse FOTO: Peter „Beppo“ Szymanski
Neal Morse FOTO: Peter „Beppo“ Szymanski
Neal Morse FOTO: Peter „Beppo“ Szymanski
Neal Morse FOTO: Peter „Beppo“ Szymanski
Eric Gillette FOTO: Peter „Beppo“ Szymanski