Porn
The Darkest of Human Desires Act II
Erscheinungsdatum: 22. Februar 2019
Label: Fastball-Music (Soulfood)
Der Name ist bekloppt. Er soll sich beziehen auf das The Cure-Album Pornography. Und das schwarz-weiße, düstere Cover mit dem bedrohlich wirkenden Kerl im Sessel, der ein blutiges Kurzschwert hält, lässt auf Trash schließen. Weit gefehlt. Die französische Gruppe Porn macht eine aus Gothic Metal, Industrial, Alternative Metal und Spuren von New Wave bestehende Musik, die tatsächlich im Gravitationsfeld von Marilyn Manson, Depeche Mode, The Cure, Paradise Lost, Nine Inch Nails und Type O Negative liegt. Die textlichen Inhalte sind heavy. Hier kommen Serienkiller zu Wort… Porn selbst bezeichnet ihren Stil als Murder Rock. Ist es das?
Von Dylan Cem Akalin
„The Darkest Of Human Desires“ ist die Fortsetzung einer Trilogie, die 2017 mit ihrem dritten Studioalbum The Ogre Inside begann. Die von fetten Gitarrenriffs, entrückten Keyboards und schleppenden Rhythmen begleiteten Vocals erzählen von der mysteriösen Erscheinung namens Mr Stranglers. „The Darkest Of Human Desires“ ist der zweite Akt. Handelte „The Ogre Inside“ vom schmerzhaftes Erleben und Fühlen, von düsteren Neigungen und der Unterdrückung des eigenen Willens, und davon wie Mr Strangler den inneren Kampf gewann und das Gute besiegte. So sind nun in diesem zweiten Akt Serienkiller und Mörder zu hören: Richard Ramirez , Ed Kemper, Charles Manson, Richard Schaeffer und Jeffrey Dahmer.
Merkwürdige Melancholie
Dass bei der Musik immer wieder Assoziationen zu Marilyn Manson wach werden („The Last Of A Million“, „Here For Love“) ist kein Wunder. Gemastert wurde das Album nämlich von Tom Baker, der auch schon an Alben von Marilyn Manson („Antichrist Superstar“) und Nine Inch Nails (The Downward Spiral“) gearbeitet hat.
Die Musik ist definitiv rockig und erinnert auf weiten Strecken auch an die dunkle Ästhetik der finnischen Band HIM, an den amerikanischen Rock der späten neunziger Jahre wie Seether. Die Songs sind melodiös, hängen oft zwischen einer merkwürdigen Melancholie und aggressiven Klage, insbesondere getragen von dem wirklich tollen Gesang von Philippe Deschemin.
„Evil Six Evil“
Das Album hört sich gut an, aber es ist auch voller Stereotype. Der Opener „Choose your last words“ ist ein typischer Dark Rock-Song mit eher simplen Gitarrenarrangements, starken Rhythmuspartien und schweren Bässen. Die Vocals schweben vom Hall durchsetzt, elektronische Sounds geben dem Song eine breiter atmosphärische Schicht, die zu einem Soundtrack passen würde. Das stärkste Stück ist vielleicht das zweite, weil „Evil Six Evil“ einen Chorus hat, der hängenbleibt und einen Einfluss von Sisters Of Mercy vermuten lässt, eher gothic, langsam und von dunkler Romantik.
Insgesamt? Sorry, aber inhaltlich erinnert das Konzept ein wenig an verwirrte Pubertierende. Wenn es eine Band von 16-Jährigen wäre, würde das Album wohl die volle Punktzahl bekommen, aber ich werde den Eindruck nicht los, dass es der Band um Effekthascherei und ein unreifes Spiel mit dem Abscheulichen geht.
The Darkest of Human Desires Act II ist definitiv gut gemacht, und deprimierte Jugendliche werden es sicherlich lieben. Aber erstzunehmende Kunst klingt anders. Philippe Deschemin hat sicherlich mehr drauf.