Passend zum heutigen Vinyl Re-Release (am 17. Juni 2022) präsentieren Musa Dagh zu „Like/Love“ ein weiteres Video vom Debütalbum. Deutschlands Gitarren-Subkultur hat eine neue Supergroup – was für ihre Mitglieder aber absolut keine Rolle spielt, sondern schlicht unvermeidlicher Sachzwang ist.
Musa Dagh bestehen aus Aren Emirze (Harmful), Aydo Abay (ex-Blackmail),
Thomas Götz (Beatsteaks) und Produzent Moses Schneider. Denn sie alle zählen seit den 90er-Jahren zu den unermüdlichsten Schwerarbeitern des lustvoll lauten Gitarrenrock und dürften zusammengerechnet bislang locker vier Dutzend Alben veröffentlicht haben. Mit Bands wie den Beatsteaks (Drummer Thomas Götz), Blackmail, Ken und Abay (Sänger Aydo Abay), Harmful, Taskete und Emirsian (Gitarrist Aren Emirze) sowie mit vielen weiteren Projekten und Seitenexperimenten. Und das Ganze produziert von dem Kompetenzzentrum der deutschen Rockmusik, Moses Schneider. Mehr geht nicht? Stimmt.
Das Kuriose dabei: Musa Dagh, ins Leben gerufen und federführend voran getrieben von Emirze, klingen so frisch, wütend, räudig, lustvoll, kämpferisch, neu und gewaltig, als sei dies ein Debütwerk von Musikern, die einfach scheiße viel drauf haben. Mutwilligkeit statt Abgeklärtheit, pure Lust statt großes Konzept, Intuition statt Berechnung, Impulsivität statt Gefälligkeit. Einfach Bock haben auf das, was kommt, ohne großes Nachdenken (und, eben, mit all ihrer Erfahrung) das Beste aus den Ideen machen, die plötzlich da sind. Eingespielt in keinem hundsteuren Studio, das den Gesamtsound schön gerade biegt, sondern in Thomas’ privater Kreativzelle, einem abgerockten Raum in einer Gaswerksiedlung im Berliner Bezirk Lichtenberg.
Der Versuch, sich frei zu machen von all dem Erlebten und Gespielten, sich selbst als Musiker und Teil einer Band völlig neu zu entdecken und etwas abzuliefern, das man so von sich selbst noch nicht gehört hat, gelingt bestechend. Das gilt für jeden der Beteiligten in gleicher Weise.
Letztlich ist diese Platte und wie sie entstand ein tolles Beispiel dafür, dass man die Chemie einer Band spürt, die sich selber gerade lustvoll entdeckt. Es ist kein Werk von profilierten Einzelmusikern, es ist schon mal gar kein Ergebnis großer Musiker-Egos, die sich irgendwie duellieren müssten. Sondern ein superdringliches Stück Kollektivarbeit, eine Symbiose von Energien, die in der Summe zu so viel mehr wird als in ihren einzelnen Teilen. Musik, die gleichsam wie eine Befreiung wirkt, wie eine Entfesselung. Musik, die einfach frei ist und sich von jedem Druck und Zwang gelöst hat. Musik, wie sie bestenfalls sein sollte, aber heutzutage nur selten in einer solchen Konsequenz gelebt wird. (Quelle: Oktober Promotion)