
Der letzte Abend des Crossroads Festivals 2025 in der Harmonie Bonn versprach einen Mix aus Punk-Attitüde und künstlerischer Eigenwilligkeit. Doch so sehr die Erwartungen an eine explosive Abrissparty hoch waren, so gemischt fiel das Ergebnis aus. Während Kratzen zu verkopft blieben, verloren sich Acht Eimer Hühnerherzen in Wiederholungen und kinderliedartigen Melodien. Der große Knall blieb am Ende aus.
Von Peter Szymanski
Das Kölner Trio Kratzen eröffnete den Abend mit einer Mischung aus Noise-Rock, Post-Punk und artifiziellem Indie. Melanie Graf (Gesang, Gitarre, Bass, Orgel, Percussion), Thomas Mersch (Gitarre, Bass, Gesang) und Stefanie Staub (Schlagzeug, Gesang) spielten ein Set, das sich durch dichte, teils sperrige Arrangements auszeichnete. Die Band zeigte sich technisch versiert, dennoch wirkte ihr Auftritt stellenweise zu gewollt intellektuell, dennoch fühlte ich mich bisweilen nett unterhalten.

Besonders „Koalition der Angst“ und „Glauben“ punkteten mit düsterer Atmosphäre und schneidenden Gitarrenriffs, während „Unten“ in monotoner Gleichförmigkeit versank. „Du“ überzeugte durch einen intensiven, fast mantrahaften Aufbau, doch insgesamt ließ das Set echte Höhepunkte vermissen. Kratzen klingen interessant, doch die emotionale Distanz ihres Vortrags könnte auf Dauer ermüdend wirken. Während einige Momente beeindruckten, fehlte es an einer dramaturgischen Entwicklung im Set, was den Eindruck hinterließ, dass die Songs ineinander verschwammen, ohne nachhaltige Wirkung zu entfalten.
Acht Eimer Hühnerherzen: Energie ja, aber kein Sog
Die Hauptband des Abends, Acht Eimer Hühnerherzen, trat mit ihrer gewohnt ironisch-lakonischen Punk-Chuzpe an. Apocalypse Vega (Gesang, Gitarre), Herr Bottrop (Bass, Backing Vocals) und Bene Diktator (Drums, Backing Vocals) legten mit „In Italien warst du schöner“ direkt energetisch los. Ihre Mischung aus Lagerfeuer-Punk, NDW-Referenzen und einer Prise dadaistischer Lyrik funktionierte über weite Strecken, doch der Funke sprang nicht immer über.

Die Setlist war umfangreich, vielleicht zu umfangreich. 28 Songs sind eine Herausforderung, insbesondere wenn viele Stücke in ähnlicher Manier daherkommen. Das Songwriting von Acht Eimer Hühnerherzen ist charmant reduziert, doch mit der Zeit machte sich eine gewisse Monotonie breit. „Zoni“, „Eisenhüttenstadt“ und „Quittenbrause“ sorgten für Mitsing-Momente, doch nach dem zehnten oder zwölften Lied wurde deutlich, dass sich die Strukturen und Melodieführungen häufig wiederholen. Einige Songs erinnerten zudem in ihrer simplen Machart an Kinderlieder – was zwar zum augenzwinkernden Charakter der Band passt, aber auch dazu führte, dass der Spannungsbogen über die gesamte Länge des Konzerts nicht gehalten werden konnte.
„Requiem“ und „Tränengas“ versuchten, das Publikum noch einmal aufzupeitschen, doch der Überraschungseffekt war zu diesem Zeitpunkt bereits verpufft. Die humorvolle Attitüde der Band blieb zwar erhalten, konnte aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass viele Songs austauschbar wirkten.
Mehr Witz als Wucht
Es war ein solider, aber nicht überragender Abschluss des Crossroads Festivals. Kratzen bewiesen musikalische Qualität, blieben aber emotional zu unterkühlt. Acht Eimer Hühnerherzen brachten Humor und Energie, verloren sich jedoch in der Länge ihres Sets und der sich wiederholenden Struktur ihrer Songs. Ein Abend, der mehr erwartet ließ, als er am Ende lieferte.
Kratzen Besetzung
Melanie Graf – vocals, guitar, bass, organ, percussion
Thomas Mersch – guitar, bass, vocals
Stefanie Staub – drums, vocals
Kratzen Setlist
01. Die Nacht
02. Koalition der Angst
03. Glauben
04. Unten
05. Alles
06. Klug und kühl
07. Du
08. Was uns verbindet
09. Geheimnis
10. Tempel








Acht Eimer Hühnerherzen Besetzung
Apocalypse Vega – vocals, guitar
Herr Bottrop – bass, backing vocals
Bene Diktator – drums, backing vocals
Acht Eimer Hühnerherzen Setlist
01. In Italien warst du schöner
02. Zoni
03. Somnambulismus
04. Patientenverfügung
05. Zack Zack Zack
06. Eisenhüttenstadt
07. Durchlauferhitzer
08. Dada
09. Straße der Gewalt
10. Ostkreuz
11. Quittenbrause
12. Kann es sein, daß ich mich irr‘?
13. Gesellschaftstanz
14. Futur 25
15. Nicht schlafen
16. Immer schlimmer
17. Aktuell
18. Kerosin
19. Zahlen
20. Bescheid
21. Hautproblem
22. Konny
23. Zement
24. Mittelmass
25. Genug
26. Requiem
27. Sonntagslied
28. Tränengas








