Marc Copland und Florian Ross im Beethoven-Haus

BEETHOVEN-HAUS.Die Veranstalter der Jazz-Piano-Reihe haben mit dem Doppelkonzert einen wunderbaren Griff getan, indem sie den jungen Kölner Pianisten Florian Ross (Jahrgang 1972) und seinen New Yorker Kollegen Marc Copland (Jahrgang 1948) an einem Abend auftreten ließen. Beide sind sie Künstler ihres Faches im wahrsten Sinne des Wortes, stets auf der Suche nach dem richtigen Ausdruck, auf der Suche nach der Lösung „wie sich die Farben Monets und Van Goghs miteinander verweben lassen“, wie es Copland mal erklärt hat.

Und Copland muss es wissen: Der frühere Alt-Saxophonist, den Chico Hamilton in den frühen 70ern wegen seines experimentalen Spiels in seine Band holte, studierte das Klavier erst mit 35, weil er seinen Horizont erweitern wollte. In Jeans, schwarzem Hemd und Turnschuhen und der braunen Hornbrille wirkte Florian Ross eher wie einer, der auf die Schulbühne schlurft. Sehr selbstbewusst, fast respektlos steigt er mit einem Jazz-Standard ein. „My Romance“ interpretiert er sehr eigenwillig mit einigen Reminiszenzen an die ganz Großen der Piano-Geschichte, Bill Evans und Glenn Gould. Verwurzelt im Hard-Bop lässt er auch den Einfluss britischer Komponisten des frühen 20. Jahrhunderts wie Britten oder Warlock aufblitzen. Ross nennt das selbst „the English Way“.

Ganz in schwarz gekleidet gibt sich danach Copland auch musikalisch eher düster. Seine sonst sehr leichte und klare Sprache kommt in seinen dramatischen Spannungsbögen manchmal etwas kurz. Als Repertoire hat sich Copland auch nicht gerade die Kompositionen ausgesucht, für die er als „Balladenzauberer“ gilt. Die Art wie er die Dynamik mit den Pedalen kontrolliert, soll die Piano-Studenten scharenweise in Cleopartra`s Needle gezogen haben, heißt es. In dem Club am Broadway, ganz in der Nähe des Central Parks, hat Copland eine zeitlang regelmäßig gespielt. Copland ist ein intelligenter Komponist, technisch brillant, begabt mit einem geradezu intuitiven Sinn fürs Dramatische und mit einer ungeheuren Vorstellungskraft.
Diese hat er in seiner Solo-CD „Poetic Motion“ (2001) voll ausgespielt – instrumentale Vertonungen von Versen verschiedener Lyriker. Lieder ohne Worte. Im Beethoven-Haus spielt er „Night going gently“. Die Vorlage ist Dylan Thomas` geniales „Do not go gentle into that good night“, ein Gedicht, das der Dichter Anfang der 50er Jahre an seinen fast erblindeten Vater richtete. Ein nachdenkliches, melancholisches Stück voller sensibler Harmonik zum Abschluss eines gelungenen Konzertabends. (Cem Akalin)