Das Cover lässt eine japanische Metallband erahnen, aber es ist die Electronic-Violinistin Lindsey Stirling, die uns mit ihrem Album „Artemis“ quält. Fans von Vanessa Mae oder David Garrett, die mit ihren Geigenkünsten ebenfalls Pop mit Klassik mischen, werden das Werk indes wohl lieben.
Von Dylan Cem Akalin
Die Mischung aus Mythologie, Manga und kandierten Popsounds wird ja schon mit dem Coverdesign und dem Titel angekündigt. Die griechische Göttin des Mondes, Artemis, muss den Kampf zwischen Licht und Schatten gewinnen. Das Booklet begleitet die Musik mit Hochglanzbildern von blonden Kriegerinnen mit Hirschgeweihen im Mondlicht und Pfeil und Bogen und die rothaarige schöne Protagoinistin. Ihr fünftes Album ist stark von der Anime-Ästhetik geprägt.
Und so geigt sich Lindsey Stirling durch die klischeebeladene Fantasy-Welt, die sicherlich wie gemacht ist für die große Bühne. Das Musikvideo malt das Bild einer dunklen Fantasiewelt und einer Heldin aus Licht, die versucht, der Dunkelheit entgegenzuwirken.
Dass da immer wieder der Kitsch-Alarm rot aufleuchtet dürfte niemanden überraschen. Die poppigen Stücke triefen nur so vor Pathetik, was auch der Einsatz von elektronischen Mitteln nicht verhindern kann. Und da passt natürlich auch der salbungsvolle Gesang von Amy Lee (Evanescence) auf „Love Goes On And On“.
Klar versteht Stirling ihr Handwerk, und das blitzt auch immer wieder mal auf – dennoch zu selten.
Die gebürtige Amerikanerin aus Santa Ana war bereits 2010 mit America’s Got Talent auf dem Radar der Dollarmusikindustrie, erreichte da aber nur das Viertelfinale. Damals wurde sie als „Hip-Hop-Geigerin“ bezeichnet und präsentierte sich auch als gute Tänzerin. „Foreverglow“ ist das erste Lied, bei dem sich Stirling auch im Gesang übt, mutig und doch sehr ätherisch.
Das Album scheint von Anfang bis Ende eine „Heldenreise“ zu erzählen, wobei bestimmte Songs in die zermürbenden, dunklen Teile der Geschichte einfließen und andere die hellen, siegreichen Momente der Reise hervorheben. Das Album endet mit „The Upside“ mit Elle King, die wie ein fröhlicher Pop-Song am Ende eines Films oder in diesem Fall am Ende der Reise klingt.
In jeder Note und jedem Song des Projekts ist zu erkennen, dass Stirling von allen magischen und mystischen Dingen inspiriert wurde. Jedes Lied klingt wie in einem Videospiel oder einer intensiven Kampfszene in einem Film. „Artemis“ wird Menschen gefallen, die Magie nur aus der Glotze kennen.
Zu Lindsey Stirling:
Das schreibt ihre Plattenfirma:
Lindsey Stirling blickt momentan auf mehr als 11 Millionen Abonnenten ihres YouTube-Kanals und über 2 Milliarden Views zurück. 2015 nahm Forbes sie in seine jährliche YouTube-Liste auf, wo sie als höchstplatzierte Künstlerin auf dem 4. Platz rangierte. Während ihrer Headlinertouren ist sie insgesamt vor durchschnittlich 500.000 Zuschauern weltweit zu sehen, und auch ihr Romandebüt „The Only Pirate At The Party“ (das sie mit ihrer Schwester Brook S. Passey verfasst hat) avancierte zum New York Times-Bestseller.
Lindseys drittes Studioalbum „Brave Enough“ stieg auf Platz 5 der Billboard Top 200 ein, kletterte auf Platz 1 der Billboard Jahresendcharts im Dance/ Electronic-Genre und brachte ihr schließlich 2017 einen Billboard Music Award in der gleichen Rubrik ein. Im gleichen Jahr nahm sie mit ihrem Partner Mark Ballas in der 25. Staffel von ABCs TV-Hit „Dancing With The Stars“ teil, wo sie Zweitplatzierte wurde. Ebenfalls im gleichen Jahr veröffentlichte sie mit „Warmer In The Winter“ ein Weihnachtsalbum mit klassischen Weihnachtslie dern und eigenen Stücken. Das Album stieg auf Platz 1 der Weihnachtsplatten des Jahres 2017, noch vor Schwergewichten wie Gwen Stefani und Sia.
Ebenfalls entwickelte sich der Longplayer zum erfolgreichsten Weihnachtsalbum des Jahres mit über 40 Millionen Spins auf Pandora. Und auch die 2018 veröffentlichte Deluxe-Edition hielt sich acht Wochen lang in den Top 10. Im Sommer 2018 begeisterte Lindsey ihre Fans auf ausgedehnter Co-Headlinertour mit Evanescence. Lindsey Stirling ist das Paradebeispiel einer modernen, unabhängigen Künstlerin, die eine ganz besondere Beziehung zu ihren treuen Fans unterhält. Als Motivationsrednerin spricht sie in ihrer Freizeit zu Teenagern, um sie mit ihrer Geschichte aufzubauen und zu ermutigen.