Letzter Tag bei Rock am Ring 2022: Bislang bester Gig – Bullet For My Valentine. Shinedown solide

Bullet For My Valentine FOTO: Peter "Beppo" Szymanski

Letzter Tag bei Rock am Ring 2022. Nicht nur der Himmel weint. So mancher Sänger hat wohl bei Rock im Park alles gegeben und gefeiert und hatte ein paar Startschwierigkeiten. Andrew Dennis Biersack von Black Veil Brides ebenso wie der leicht heisere Gavin Rossdale von Bush oder gar Brent Smith von Shinedown bei „Cut the Cord“ oder dem Chorus von „Get up“ – aber wen stört das schon.  Es ist live und die Fans haben Spaß. Trotz des durchwachsenen Wetters. Bislang der beste Gig des Tages: Bullet for My Valentine.

Von Dylan Cem Akalin

Bei „Bully“ läuft’s rund. Kraft, Energie und Lust sind sowieso vom ersten Moment an bei Shinedown zu spüren. Eric Bass sieht mit seinem flammend-lila Haarschopf aus wie eine Trolls-Figur und hüpft auf dem Steg vor der Bühne. Leadgitarrist Zach Myers ist der Dreh- und Angelpunkt der Feuerkraft, die die Band mit sich bringt. Es ist vor allem die musikalische Vielfalt, die den hymnischen Hardrock von Shinedown ausmacht. Ganz stark: Der instrumentale Start von „Enemies“ und der Einsatz der Vocals, zu dem die ganze Menge springt. Gänsehaut.

Die kommt auch bei „Monsters“ auf, zu dem am Anfang Bass die akustische Gitarre bedient. Das Stück ist ein Paradestück für die Kombination aus balladesker Songstruktur und kraftvollen Ausbrüchen, die einen live so durchdringen. Beim mittlerweile eingetretenen Regenguss erklingt dann der Hit „Second Chance“, gefolgt von „Diamond Eyes (Boom-Lay Boom-Lay Boom)“ und „The Sound of Madness“, zu dem Brent Smith, der in seinem schwarzen Overall den Showmaster gibt, die Menge auffordert, die Faust zu erheben. Insgesamt ein solider Auftritt, der bei mir aber keine Euphorie auslöst. Klar, es fehlen die sonst eingesetzten großen Feuerwerksexplosionen und aufsehenerregenden Effekte. Das ist es aber nicht nur. Die Band schöpft bei weitem ihre Potenziale nicht aus. Dennoch: ein achtbarer Auftritt.

Bullet For My Valentine

Aber was für ein Unterschied zu Bullet For My Valentine. Die walisische Metalband drehten noch einige Stufen höher! Fantastische Show, ganz starke musikalische Präsenz! Übrigens: Auch der Sound war deutlich besser.

Es ist die Mischung aus harten und melodischen Gitarrenlinien wie bei „Piece of Me“, was aus der Band ein echtes Ereignis macht. Klar gibt es Stücke, die man dem Metalcore zuordnen kann, Heavy Metal auf Speed, bei denen die Doublebass nur so abzieht. Gleichzeitig aber pflegt die Band Tempowechsel, was angenehme Abwechslung bringt.

Es war aber auch die Energie, die vom Publikum ausgeht, die die Band immer weiter anfeuerte. Ich hätte nicht gedacht, dass es hier so viele Fans gibt, die fast jeden Song mitschmettern können. Selbst Frontmann Matthew Tuck schien beeindruckt und sagte, es habe noch kein Publikum bei Rock am Ring gegeben, die sie so gefeiert hätten.

Bullet For My Valentine FOTO: Peter „Beppo“ Szymanski

Mit einer Karriere von etwas mehr als zwei Jahrzehnten war es für Bullet For My Valentine klar, eine Setlist mit altem und neuem Material zusammenzustellen. Matt Tucks Gesang hält locker gegen das Sperrfeuer explosiver Riffs und Licks von Michael Paget, der, mit saugeilem Sound, fast unbeeindruckt seine Gitarre spielt. Der Mann (und die ganze Band) hat mich heute vollends überzeugt.

„Knives“ etwa hat diese wütende Einstellung, wenn auch der Song sowohl vom Gesang und den Riffs mit ein paar Breaks für Abwechslung sorgen. „Omen“ startet mit einer Arpeggio-Salve und einem galoppierenden Rhythmus. „Shatter“ spiegelt mit apodiktischen Riffs und aggressiv-emotionalen Ausbrüchen die alten Tugenden der Waliser wider. Nach den fantastischen Versionen von „Tears Don’t Fall“  und „Scream Aim Fire“ wollte die Menge die Band gar nicht mehr weglassen.

Bush

Bei „Machinehead“ schwächelt Gavin Rossdale mit seiner sonst so prägnanten rauchigen Stimme. Der ganze Start von Bush auf der Mandora Stage hat was von angezogener Handbremse. Das ändert sich schlagartig beim zweiten Stück „The Kingdom“, zu dem Chris Traynor (für mich der Beste heute)  ein richtig gutes Gitarrenintro spielt und dann die ganze Band Rock spielt, wie er  sein muss. Volldampf voraus. Auch wenn die Ahhhs von Rossdale doch arg schief klingen. Fiebrig-aufregend geht´s mit „Quicksand“ weiter. Dann ist die Band plötzlich da! Stark. Und Rossdale beweist, dass er keine Scheu hat, mit den Fans auf Tuchfühlung zu gehen.

Bush FOTO: Peter „Beppo“ Szymanski

Daughtry

Zuvor hat mich Daughtry wirklich überzeugt – auch mit ihrem Cover von „Man in the Box“ von Alice in Chains. Sänger Chris Daughtry belegte 2006 in der fünften Staffel von American Idol den vierten Platz. Chris Daughtry hat ein Händchen fürs Songschreiben, das hat er schon für Seether, die Goo Goo Dolls,  3 Doors Down und andere bewiesen.  

Durch ein Megaphon schmettert er die melodischen Intro-Texte zur aufgeladenen Melodie von „World on Fire“. Der Song kommt bei der noch etwas übersichtlichen Menge gut an. Es folgt das emotionale „Changes Are Coming“. Die durchdringenden Solos von Leadgitarrist Josh Steely zu den fetten Rhythmen von Gitarrist Brian Craddick und Chris verleihen der Band ein zusätzliches Gütesiegel zu ihrem gewaltigen Sound.

Myles Kennedy und Tremonti

Witzig, dass hintereinander zwei Bands auftreten, deren Frontmänner zudem noch gemeinsam bei Alter Bridge spielen. Während der sonst so überragende (und äußerst sympathische) Myles Kennedy nicht ganz so überzeugen vermag, räumt Mark Tremonti mit seiner gleichnamigen Band alle Punkte ab. Tremonti erfüllte nicht nur die Erwartungen an den Gitarrenhelden des modernen Metal. Ob Galopp-Picking über blitzschnelle Legato-Läufe bis hin zum Sweep-Picking und vor allem seine Schreddereinlagen überzeugten ebenso wie sein Gesang. Ja, Tremonti kann singen!

Myles Kennedy FOTO: Peter „Beppo“ Szymanski

Black Veil Brides

Einer der Highlights des Tages: Black Veil Brides. Andy Biersack und seine Band konzentrierten sich bei jedem pulsierenden Song auf die Energie. Der hochgewachsene und schlaksige Biersack springt und läuft über die Bühne hin und her, bleibt selten stehen. Seine stimmlichen Fähigkeiten sind stark, mal von ein paar kleinen Patzern abgesehen. Er begeistert indes mit Charisma und einem ausgeprägten Gespür für Stil. Jinxx ist ein Tausendsassa, der nicht nur ein meisterhafter Gitarrist ist, sondern auch Geige und Klavier beherrscht. Die Anziehungskraft der Band besteht darin, jenseits des Mainstream rockigeren Metalcore und melodische Grooves zu verschmelzen.

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