Laura Cox ist längst mehr als die französische YouTube-Gitarristin mit Classic-Rock-Virtuosität. Auf ihrem neuen Album Trouble Coming (VÖ: 31. Oktober 2025, earMUSIC) zeigt sie, wie Rock im Hier und Jetzt klingen kann – erdig, selbstbewusst, mit Gespür für Atmosphäre und Hooklines. Zwischen Bluesgroove, Popmelodie und nachdenklicher Tiefe erzählt Cox von Selbstzweifel, Freiheit und dem Mut, man selbst zu bleiben. Ein spannendes, reifes Werk mit überraschender Leichtigkeit.
Von Dylan Akalin
In den vergangenen Jahren hat Laura Cox sich zu einer ernstzunehmenden Songwriterin entwickelt, die mit Energie, Charisma und technischem Können überzeugt. Mit ihrem neuen Album Trouble Coming, das am 31. Oktober 2025 bei earMUSIC erscheint, betritt sie nun die nächste Stufe: weniger Pose, mehr Persönlichkeit – und mehr Radiotauglicheit.

Bereits der Opener „No Need To Try Harder“ setzt den Ton. Der Song ist ein Rockstatement – groovend, kantig, mit Cox’ charakteristisch klarer Stimme. Doch der Text überrascht: Statt Übermut predigt er Selbstakzeptanz. „No need to try harder“ – kein Zwang, niemandem etwas beweisen zu müssen. Ein Song über innere Ruhe in einer Welt, die ständig mehr verlangt. Der Song beginnt mit einer gewissen texanischen Bluesrohheit, entwickelt sich dann aber zu einem lockeren, poppigen Song, der im Autoradio schön laut aufgedreht werden kann. Und auch der folgende Song auf dem Album „A Way Home“ hat etwas von jugendlicher Ausgelassenheit, der in jedem Musikclub zum Tanzen anregen kann.
Vom Power-Rock zur Atmosphäre
Seit ihrem Debüt Hard Blues Shot (2017) stand Laura Cox für druckvollen, bluesgetränkten Gitarrenrock – irgendwo zwischen ZZ Top, AC/DC und Joanne Shaw Taylor. Auf „Head Above Water“ (2023) zeichnete sich bereits eine Öffnung ab: Die Songs wurden komplexer, das Songwriting reifer mit Ohrwurmqualitäten. „Trouble Coming“ führt diesen Weg konsequent fort.
„Still firmly rooted in the rock that shaped me, but driven by complete freedom in writing and composition“, so beschreibt Cox selbst ihr neues Werk. Und genau das hört man: Hier geht es nicht mehr darum, bloß laut zu sein. Stattdessen entstehen Kontraste zwischen wuchtigen Riffs und sensiblen Momenten, zwischen Donner und Nachhall.
Der Sound ist erdiger, wärmer, zugleich moderner produziert. Die Gitarren bleiben das Zentrum, doch zwischen ihnen findet nun Raum für Zwischentöne – für Stille, Atmosphäre und Nachdenklichkeit.
Ein Album zwischen Selbstzweifel und Selbstbehauptung
Thematisch greift Trouble Coming den Konflikt zwischen Stärke und Verletzlichkeit auf. Die Songs handeln von innerem Druck, von Erwartungen, die man an sich selbst stellt, und vom Mut, diese loszulassen. Es ist ein Album, das zugleich kämpferisch und fragil wirkt – und genau darin seine Kraft findet.
Der Titelsong „Trouble Coming“ geht in die Tiefe. Entstanden nach einer Reise durch neblige Landschaften, entfaltet der Track eine fast filmische Atmosphäre. Die Gitarre murmelt, die Stimme schwebt über einem dichten, bluesigen Untergrund. Es ist weniger ein Sturm als dessen Vorbote – eine Meditation über Unsicherheit, Veränderung, und das Gefühl, dass sich etwas Dunkles, vielleicht Befreiendes, nähert.
„Do I Have Your Attention?“ hingegen schlägt wieder die Tür zum rauen Rock auf. Fette Gitarren, ein stampfender Rhythmus, ein Refrain, der nach Bühne schreit. Doch hinter der Energie steckt eine kritische Frage: Wie viel Aufmerksamkeit braucht man – und was zahlt man dafür? Cox richtet sich gegen Oberflächlichkeit, gegen das künstliche Scheinwerferlicht, das oft mehr blendet als erleuchtet.
Klangfarben und Kontraste
Wo frühere Alben oft im Rockmodus verharrten, zeigt Trouble Coming nun Mut zu Vielfalt. Songs wie „Inside the Storm“ dürften introspektive Balladen sein, während „Dancing Around the Truth“ modernen Pop mit 80er-Jahre-Nostalgie und Bluesrock verbindet, Stücke wie „Rise Together“ oder „The Broken“ Gemeinschaft, Heilung und Zusammenhalt thematisieren. Laura Cox verbindet hymnische Rockgesten mit subtilen Emotionen – etwas, das früher hinter Gitarrenwand und Drive zurücktrat. Sie muss aber darauf achten, dass es nicht zu beliebig wird. Einer der Highlights ist für mich „Out Of The Blue“, ein Song, auf dem sie sich mit dem Banjo begleitet, der Tiefe und Songwriterqualitäten zeigt. Dazu zieht die E-Gitarre erst im Hintergrund Kondensstreifen am blauen Musikhimmel, das Solo segelt in die Sonne hinein. Großartiger Song!
Produktionstechnisch klingt das Album ausgewogener als seine Vorgänger. Die Gitarren dürfen atmen, die Stimme steht klar im Vordergrund, und die Rhythmussektion arbeitet präzise, ohne überladen zu wirken. Hier hat jemand gelernt, dass Intensität nicht immer Lautstärke braucht.
Eine neue Reife
Insgesamt wirkt Trouble Coming wie ein Wendepunkt. Es ist kein Bruch mit der Vergangenheit, sondern deren Weiterentwicklung – das Album einer Musikerin, die ihre Wurzeln im Rock’n’Roll nicht verleugnet, aber über sie hinauswächst.
Wo frühere Werke die Energie nach außen trugen, zieht Cox sie hier nach innen. Sie spielt nicht mehr, um zu beeindrucken, sondern um zu berühren. Zwischen bluesigen Grooves, druckvollen Riffs und nachdenklichen Momenten entsteht ein Werk, das reif, ehrlich und organisch klingt.
Mit „Trouble Coming“ beweist Laura Cox, dass klassischer Rock 2025 nicht nostalgisch klingen muss. Ihr gelingt das Kunststück, Tradition und Selbstreflexion zu verbinden. Ein Werk über Zweifel, Freiheit und den Mut, man selbst zu bleiben – auch wenn der Sturm schon am Horizont aufzieht. Ich bin auf ihre Zukunft gespannt.