Thorbjørn Risager und Steve Waitt haben eines gemeinsam: Sie knüpfen sich aus Blues, R&B, Rock, Jazz und Soul ein dichtes Netz, mit dem sie auf Fangjagd gehen. Ihre Beute ist ihr sehr eigener Stil. Damit hat es sich aber auch schon mit den Gemeinsamkeiten.
Steve Waitt ist ein soundverliebter Singer/Songwriter/Pianist mit ambitionierten Texten. Die Ballade ist das Element, in dem sich der New Yorker wohlfühlt. Die leisen Töne, die mehrschichtigen, eher sparsamen Arrangements, führt er zu eindringlichen Songs zusammen, die man am liebsten fläzend auf der Couch oder einer Sommerwiese genießen möchte. Da beginnt er mit ruhigem Piano, in das schon mal sägend die E-Gitarre grätscht („Like Water“), oder er lässt die Sounds wie rückwärts laufen und singt einen Delta-Blues-besprengten Song.
„Jump The Gun“ erinnert an The Blessing mit William Topley, die sich leider viel zu schnell auflösten (aber Gott sei Dank vorher noch vom Rockpalast 1991 nach Bonn in die Biskuithalle geholt wurden). „Made My Heart A Hammock“ leitet ein stampfender Beat ein, und Waitt singt die ersten Zeilen in einer Lou-Reed-Version eines Dylan-Songs, um im Refrain dann vollends einem seiner großen Vorbilder zu huldigen: dem wunderbaren James Taylor, der immer wieder durchbricht.
Thorbjørn Risager & The Black Tornado sind in Bonn keine Unbekannten: Die letzten zwei Jahre war der Däne, dessen Stimme so schwarz ist wie der Hut, den er trägt, schon in der Harmonie und sorgte mit seinem Rhythm & Blues für Aufsehen. Wer das Septett hört, dem wird schnell klar, warum Risager B.B. King und Ray Charles als seine größten Vorbilder benennt, den einen für das reine Bluesfeeling, den anderen für die knisternde Dynamik, fehlt eigentlich noch das Feuer von James Brown. Und es ist genau dieser moderne Mantel, den Risager dem Blues überwirft, warum das Publikum so begeistert mitgeht.
Aber ganz im Ernst: Es fällt schwer, diesen coolen Typen auf der Bühne für einen Dänen zu halten. Der Opener „ If You Wanna Leave” beginnt zunächst in einem klassischer Bluesmodus. Wenn er dann lässig Gitarre spielend mit dieser rauen, kehligen, durchzechten Stimme loslegt, die Bläser einstimmen, dann bleibt kein Zuschauer mehr steif stehen. Ein herrliches Stück, auf dem gerade Peter Kehl (Trompete) und Hans Nybo (Saxophon) gleich zeigen können, was in ihnen steckt. „High Rolling“ ist auch so ein Stück, bei dem die Stimme so eine fast streitbare Stärke erreicht.
Am dritten Crossroads-Abend spielt Thorbjørn Risager eine ganze Reihe von Songs aus seinem exzellenten Album „Many Roads“, für das er im vergangenen Jahr schon den Preis der Schallplattenkritik bekommen hat, am Freitag wurde er ihm übrigens nach dem Konzert erneut überreicht.
Der Mann hat aber ein Riesenrepertoire, immerhin hat er schon acht Studioalben herausgebracht. „Baby Please Don’t Go“ ist eines dieser älteren Stücke. Sehr klassisch gehalten, aber mit einem tollen Arrangement, zu dem er auch mal mit der Gitarre in den Dialog mit den beiden Bläsern ging. „Burning Up“ hat dagegen eher so eine Leichtigkeit, eine, die Fernweh hervorruft. Es ist Musik für lange einsame Autofahrten.
Die Dänen waren so angesteckt von der Begeisterung des Publikums, dass sie gar nicht mehr aufhören wollten. Wenn sie nicht von der Seite ein energisches Zeichen erhalten hätten, hätten sie wohl noch die ganze Nacht durchgespielt. Eine Wahnsinnstruppe! (Dylan Cem Akalin)