Interview mit Sebastian Madsen: Ich bin ein positiver Typ

Phyllis mit Sebastian (rechts) und Sascha Madsen auf dem Bonner Kunst!Rasen. FOTO: Akalin

Der Spaßfaktor steht bei der deutschen Rockband Madsen extrem hoch. Die Band, die am Freitag, 2. August, im Kunst!Palast auftritt, macht Musik für Generationen. Grund genug, den Frontmann zu zweit zu interviewen. Mit Sebastian Madsen (32) sprachen Phyllis Akalin (16) und Cem Akalin (54).

Eure Texte machen mich fröhlich. Sie sind zwar nicht immer positiv, aber meistens hoffnungsvoll. Entspricht das deinem Charakter? Bist du so ein positiver Typ?
Sebastian Madsen: Na ja, ich bin schon ein positiver Typ. Aber ich bin nicht einer, der durch die Gegend läuft, nur grinst und alles Schlechte dieser Welt zur Seite schiebt. Aber ich fand schon immer Musik gut, die auf irgendeine Art bewegt.

Ihr habt ja auch durchaus Texte mit politischem Inhalt, etwa „Alarm im Paradies“ oder „Generation im Arsch“.
Madsen: Stimmt. „Generation im Arsch“ habe ich in einer halben Stunde geschrieben. Das kam wie aus der Pistole geschossen, weil ich so viele Freunde habe, die studiert haben, einen Job haben, aber nicht wissen, wie es weitergeht, oder ob sie jemals die Rente kriegen. Und es gibt so viele junge Leute, die nichts mit sich anzufangen wissen.

Wie war es bei dir?
Madsen: Bei mir war es relativ schnell klar, dass ich Musiker werden wollte. Ich hab das Glück, dass es funktioniert hat. Aber ich habe vorher auch mein Germanistik-Studium abbrechen müssen.

Verarbeitest du mit deinen Texten und der Musik deine Hoffnungen und Träume?
Madsen: Ja, mit Sicherheit. Musik war schon immer eine Art Fluchtweg mich wegzuträumen. So wie im Stück „Mit dem Moped nach Madrid“. Ich mein, das habe ich nie gemacht. Ich hab noch nicht mal ein Moped besessen. Aber diese Idee, einfach mal loszufahren und auf alles zu kacken… das ist schon ein Wunsch, den ich mir mal erfüllen werde. Aber jetzt muss ich erst mal darüber singen.

Hat dir so ein Lied wie „Mein Herz bleibt hier“ dabei geholfen, über eine Trennung hinweg zu kommen?
Madsen: Das kommt bei mir immer ein wenig zeitverzögert. Als ich 16 oder 17 war, da habe ich das aus diesem Lied erlebt, das ich dann mit 26 geschrieben habe. Also, nach zehn Jahren hat es mir sicher geholfen. (lacht)

„Die Welt liegt vor dir“ ist wie ein Film, wie schöne Bilder als Text. Denkst und schreibst du in Bildern?
Madsen: Ich versuche das. Das ist ja die große Kunst, mit Bildern und Metapher Dinge zu beschreiben. Man hat uns ja bei unseren ersten Alben vorgeworfen, dass unsere Texte nicht konkret genug seien. Das konnte ich eigentlich nie wirklich widerlegen. Ich habe dann versucht, konkreter zu werden, habe dabei eigentlich immer mehr Bilder gefunden… (lacht).

„Die Welt liegt vor dir“ ist, denke ich, ein Lied, das allen Generationen gefallen dürfte. Als Vater würde ich das meinem Kind vorspielen, wenn es etwas Tröstendes braucht…
Madsen: Ja, es gibt einfach Menschen, die sitzen in einem Loch, wenn es ihnen schlecht geht, und wenn das Lied ihnen hilft, dass es ihnen vielleicht ein klein bisschen besser geht, dann bin ich froh.

Du befandst dich ja auch mal in solch einem Loch. Vor drei Jahren hattest du einen schweren Unfall. Du bist bei Dreharbeiten zu einem Video fünf Meter tief gestürzt. Es sah sehr schlimm aus für dich. Wie hast du dich nach deinem Unfall gefühlt? Wie bist du damit umgegangen?
Madsen: Ich hatte ja Gott sei Dank einen enormen familiären Rückhalt. Meine Brüder waren sofort da, zeitweise waren so viele Leute da, dass es richtig Partymäßig im Krankenhaus war. Aber es stimmt: Mir ging es echt mies. Ich hatte mir einiges gebrochen, und was für mich besonders schlimm war, dass meine Hand auch was abbekommen hatte.

Es hieß, du könntest eventuell nie mehr Gitarre spielen.
Madsen: Ja, das wurde mir immer wieder gesagt. Zum Glück ging es dann doch. Ich hab zwar noch etwas Problem. Aber für eine solide Punkrockgitarre reicht’s. (lacht)

Du hast nach dem Unfall „Es wird schon wieder gut“ geschrieben. Wie ist das, wenn du solch einen Song live singst? Viele deiner Stücke sind ja sehr persönlich, aber ist das bei diesem anders?
Madsen: Wir haben das Stück tatsächlich noch nie live gespielt. Das ist für mich das persönlichste Stück überhaupt. Als ich das geschrieben habe und es meinen Band-Kollegen und meiner Familie vorgespielt habe, da sind zunächst mal ein paar Tränen geflossen. Ich hab‘ zwar mittlerweile etwas Abstand dazu, aber ich glaub, das wär für mich nicht einfach, das live zu singen.

Steht es nicht auf der Setliste für Bonn?
Madsen: Nee, noch nicht (lacht). Ich weiß nicht, ob ich es überhaupt je live singen werde. Andererseits… wäre vielleicht ein Anlass für ein bisschen Vergangenheitsbewältigung.

Hast du dir schon mal einen Lebenstraum erfüllt?
Madsen: Ja, was wir da machen, kommt schon einem Lebenstraum nah. Wir haben vor ein paar Tagen auf dem Deichbrand-Festival in Norddeutschland gespielt, und was bei solchen Konzerten passiert, ist unfassbar. Wenn 30.000 Leute deine Lieder mitsingen und springen. Das hätte ich mir als 15-Jähriger nie träumen lassen. Oder dass ich mal in meinem eigenen Studio im Wendland sitzen und komponieren würde. Das sind Lebensträume. Das macht mich extrem glücklich.

Apropos glücklich: Drei Brüder in der Band, das kann doch sicherlich auch mal ziemlich hart sein, oder?
Madsen: In unserer Teenagerzeit war es so, dass ich meistens mit Sascha zusammengespielt habe und Johannes fünf, sechs, sieben Jahre in Hamburg lebte. Und in der Zeit hatte ich wenig Kontakt zu ihm. Aber es stimmt schon: Wenn man richtig erfolgreich wird, dann kann es unter Brüdern auch mal richtig knallen. Aber mittlerweile ist es doch so, dass, naja, ich will jetzt nicht sagen, dass die Altersmilde eingesetzt hat, aber unsere Streitigkeiten haben wir mit 18, 19 abgelegt.

Worüber habt Ihr gestritten?
Madsen: Dinge, die bei allen Geschwistern vorkommen. Aber heute bin ich einfach nur froh, dass ich mit diesen geilen Typen spielen kann.

Ergänzt Ihr Euch musikalisch? Gibt es unterschiedliche Vorlieben?
Madsen: Es gibt auf jeden Fall unterschiedliche Vorlieben, aber auch viele Gemeinsamkeiten. Ich bin der größte Soul-Fan in der Band, Johannes hört viel Hip-Hop, Niko und Sascha sind mehr bei Metal.

Und welche Bands zählen zu Euren Vorbildern?
Madsen: Also ich habe auf jeden Fall wegen Nirvana angefangen, Musik zu machen. Mein großes Vorbild war Dave Grohl. Und Beatles haben wir ganz viel gehört. Überhaupt viel 60er Jahre-Musik: Bob Dylan, Kinks…

„Alarm im Paradies“ könnte Dave Grohl, mittlerweile ja Frontmann der Foo Fighters, tatsächlich gefallen.
Madsen: Ich habe die Foo Fighters mal live gesehen als ich so 17 oder 18 Jahre alt war und habe ihm eine Cassette mit Aufnahmen unserer damaligen band auf die Bühne geschmissen. Aber ich denke, er hat sie nie gehört… (lacht).

Nach Eurem Album „Labyrinth“ habt Ihr Euch neu orientiert – seid zurück auf Anfang. Was lief Eurer Ansicht nach falsch?
Madsen: Ich glaube, so viel lief gar nicht falsch. Aber wir brauchten einfach einen Neuanfang – nach dem Unfall. Andererseits ist „Labyrinth“ auch ein wenig zu verschachtelt geworden. Das muss ich selbstkritisch zugeben. Das Erdige und Rotzige fehlt da. Und das wollten wir wieder im neuen Album „Wo es beginnt“ wieder haben.

Was ist denn dein Lieblingslied auf dem neuen Album?
Madsen: „Love Is A Killer“. Das hat eine tolle Stimmung, das an Frankreich, aber auch Osteuropa erinnert.

 

Zur Person:

Drei der vier Bandmitglieder der deutschen Indie-Rockband Madsen sind Brüder: Johannes (34) an der Gitarre, Sebastian (32) singt und spielt Gitarre und Sascha (29) am Schlagzeug.

Der Vierte im Bunde ist Niko Maurer (31) am Bass. Rock, Punk und Pop bestimmen die durchaus tanzbaren Stücke mit fast ausschließlich deutschen Texten, die alle Sebastian Madsen schreibt. Sie leben im Wendland.

Tickets erhalten Sie in den GA-Zweigstellen oder unterwww.bonnticket.de.