„Es wird Zeit, dass du die Augen öffnest, selbst wenn es schmerzt. Wo Dunkelheit ist, kann auch Licht sein.“ Was für ein dramatischer Start des letzten Hauptkonzerts bei Pinkpop 2022. Die Imagine Dragons wissen jedenfalls, eine Show zu inszenieren. Als Imagine Dragons-Sänger Dan Reynolds die Bühne betritt, mit offenem Hemd und weißem Tank Top fangen die Fans schon zu kreischen an. Mit der Regenbogenfahne in der Hand singt er „Don’t you understand that I’m never changing who I am.“
Als Fackelträger des modernen Pop-Rock erwiesen sich Imagine Dragons als würdige Headlinern mit ihren hymnischen Hits wie „Believer“, den sie schon als zweiten Song präsentierten – und die ganze Festivalmenge sang mit. Ihren Songs mag der klassische Rock-Crunch fehlen, aber sie sind auf gute Laune, Klatschen, Mitgröhlen, Tanzen ausgelegt. Das Quintett, zu dem noch Gitarrist Wayne Sermon, Bassist Ben McKee und Schlagzeuger Daniel Platzman sowie ein tourender Keyboarder zählt, ist eine perfekte Bühnenband. Immer wieder laufen emotionale Videos mit einfachen Botschaften. „Warum laufen die Dinge immer so, wie sie sind?… Um etwas wirklich festzuhalten, musst du es loslassen.“
Reynolds fällt nach dem zweiten Song auf die Knie und präsentiert sich als Prediger des Rock. „Musik ist meine Religion, meine Liebe“, ruft er. Die Show ist durchdrungen von Authentizität, Aufrichtigkeit und jede Menge Adrenalin, gleichzeitig fesselnd und harmlos. Das Publikum liebt jedenfalls dieses ständig springenden Frontmann. Kein Wunder also, dass er Turnschuhe trägt. Wenig später ertönt das passende „Thunder“ aus den Boxen – inklusive Rauch-Kanonen, Feuerwerk und Konfetti.
Natürlich überwog am Sonntag ein anderes Publikum als noch an den beiden Vortagen. Und ja, natürlich verlieren die Imagine Dragons musikalisch gegen Pearl Jam und Metallica. Dennoch hat die Truppe aus Las Vegas eine für mich überraschend gute Headliner-Show geliefert. Dazu kommt, dass die Fans eine einfach tolle Stimmung verbreiten. Gute Fans sind so wichtig. Und es wird mir bewusst, wie viele Hits die Imagine Dragons in den vergangenen Jahren geschrieben hatten. „Follow You“ kann einem doch schön unter die Haut gehen.
Immer wieder gibt es meditative Monologe und ein kleinen Akustik-Set. „Habt ihr euch jemals ein wenig einsam gefühlt?“, fragt Reynolds bevor er „Loneley“ anstimmt. Besonders beeindruckend ist „Enemy“, bei dem die Flammenwerfer tatsächlich wie der Atem eines Drachen in die Luft schießen, während Reynolds seinen Gesang über den Platz schmettert. Unerwartet schöner Schluss des Festivals. Es war nicht der magische Knall wie bei Metallica, die intensive Erfahrung wie bei Pearl Jam. Aber schön.