Jeff Beck gewährt den Fans am Donnerstag im E-Werk Köln Einblicke in sein Seelenleben. Der 72-jährige Rockikone ist immer noch ganz im Heute, aber die Vergangenheit nimmt auch einen großen Platz in seinem Herzen ein.
Von Dylan Cem Akalin
„Freeway Jam“ ist dieses Stück vom Album „Blow By Blow“ (1975), mit dem Jeff Beck seine einzigartige Melodiösität, seine Vorstellungen eines ausgefeilten Sounds und die Dynamik von John McLaughlins Mahavishnu Orchestra verbindet. Das Schlagzeug hat diese virtuose Kraft eines Billy Cobham. Schon interessant, dass Jeff Beck sein Konzert im Kölner E-Werk ausgerechnet mit diesem Stück eröffnet. Und der Sound seiner Gitarre ist ganz großartig. Zum niederknien.
Nachdem Beck seine Konzerte in den letzten Tagen in Paris und Brüssel vorwiegend mit älteren Stücken absolvierte, blieb die bange Frage, ob er auch in Köln auf neues Material verzichten würde.
Zum Glück kam es nicht dazu: Immerhin fünf Stücke aus „Loud Hailer“ kamen zum Einsatz. „The Revolution Will Be Televised“ mit dem coolen Sprechgesang, dem stampfenden Rhythmus und der bluesig-rockigen Gitarre, „Live In The Dark“, mit dem ausgeflippten, soulobetonten Rockgesang von Rosie Bones, der ohrwurmtauglichen Ballade „Scared For The Children“ und dem funkigen „O.I.L. (Can’t Get Enough Of That Sticky)“.
Besonders hervorzuheben ist das Zusammenspiel mit Carmen Vandenberg und der fantastische Gesang von Rosie Bones, die hätte ruhig öfters zum Einsatz kommen können. Aber das neue Album „Loud Hailer“ sollte eben nicht die Hauptrolle bekommen an diesem Abend.
So stark der Abend startete, so zerfastert kam etwa „Lonnie on the Move“ rüber, wilde Gitarrenläufe ohne richtige Inspiration. Und wo wir gerade bei den Kritikpunkten sind: Sein McLaughlin-Cover von „You Know, You Know“ konnte ebensowenig überzeugen. Und ganz übel: Den „Bolero“ hätte er vielleicht doch lieber sein sollen.
Das wars dann aber auch schon mit der Kritik. „Morning Dew“ von Album „Truth“ kam mit großer Intensität, auf „Even Odds“ ließ der Meister seine rhythmische und spielerische Qualität erkennen. Sehr schön zu hören war hier Becks ungewöhnliches Fingerpicking. Denn der Gitarrenvirtuose spielt ja bekanntlich nicht mit Plektrum, was für Rocker ja eh schon recht außergewöhnlich ist. Seine Fingerspiel ist aber auch verantwortlich für diesen eigenartig sanften Sound, auch wenn es mal heftiger zur Sache geht. Ganz großartig: die Sam Cooke-Nummer „A Change Is Gonna Come“.
Überhaupt: Irgendwie kommt einem der Abend auch als Rückbesinnung auf die „gute alte Zeit“ vor. Jimi Hendrix wird verehrt, die Yardbirds kommen zu Wort, die Beatles, Stevie Wonder und Muddy Waters. Und die Gegenwart? Dafür waren vor allem die beiden Damen zuständig, die den Stücken den nötigen Biss verliehen. Ein ganz wunderbarer Abend!