Von Dylan Akalin
Das sind jene seltenen Konzertmomente, die in der Erinnerung ewig nachhallen. Ein Überraschungsgast, bei dem das Publikum innehält und dem es respektvolle Aufmerksamkeit schenkt. Welch stillen Momente es in dem gutbesuchten Konzertsaal der Harmonie es in dieser wunderschönen halben Stunde gibt! Noch bevor Pavlov’s Dog die Bühne der Bonner Harmonie betreten, kündigt David Surkamp mit sichtlicher Freude und fast familiärer Wärme einen „engen Freund“ an: Iain Matthews, jenen britischen Sänger, dessen Stimme seit den späten Sechzigern zwischen Folk, Rock und Pop schwebt – und der mit Fairport Convention, Matthews Southern Comfort und zahlreichen Soloalben Musikgeschichte geschrieben hat.
Matthews steht allein auf der Bühne, nur mit einer akustischen Gitarre umgeschnallt, aber dieser Minimalismus entfaltet rasch eine große Wirkung. Seine Stimme – nach all den Jahren noch immer hell, biegsam und von einer tiefen Ruhe getragen – füllt den Raum mit einer stillen Kompetenz.
„With a Little Help From My Friends“
Der Mann sieht kaum älter aus als Mitte 60, feierte aber im Sommer schon seinen 79. Vielleicht ist es die Erfahrung, vielleicht aber auch sein einnehmendes Wesen, die freundliche Art, mit der er sofort eine Intimität schafft, als stünde er in unserem Wohnzimmer.
Gleich zu Beginn wählt er ein Stück, das wie ein augenzwinkerndes Statement wirkt: „With a Little Help From My Friends“ von den Beatles. Doch Matthews verwandelt das oft jubilierende Lied in eine fast nachdenkliche Meditation über Zusammenhalt – ein warmes, leicht melancholisches Bekenntnis zur Freundschaft, ohne jede plakative Geste.
„Funk and Fire“ und „Fourteen Months“
Mit „Funk and Fire“ und „Fourteen Months“ folgt er eigenen Songs, die seine erzählerische Stärke zeigen. Matthews singt von Vergänglichkeit und Leidenschaft, von den leisen Widersprüchen des Lebens. Seine Gitarre webt ein zartes rhythmisches Netz, das nie aufdringlich wirkt, sondern seinen Gesang trägt, ersterer erinnert von der Akkordfolge „All Along The Watchtower“.
„Seven Bridges Road“ und „Merci Street“
Dann folgt ein Klassiker, der wie für seine Stimme gemacht scheint: „Seven Bridges Road“ von Steve Young. Er erzählt, dass er den Song auf einem Album 1973 hatte, daraus war es eine Singleauskopplung, wurde aber leider kein Hit. „Drei, vier Jahre später saß ich in einem Restaurant in LA und ich hörte den Song aus dem Radio. ‚Wow‘, dachte ich. ‚Wie cool.‘ Bis ich registrierte, dass ich das gar nicht war, der da sang. Sondern die Eagles, die damit einen Hit landeten. I was pissed off“, erzählt er lachend. Was für eine Nummer! Wo andere vielleicht in vokaler Brillanz glänzen wollen, sucht Matthews die Tiefe – seine Interpretation ist eine schwebende Ballade über Heimat und Sehnsucht. Der Saal ist still, jedes Wort hängt kurz in der Luft, bevor es sich im warmen Raumklang verliert. So konzentriert hat man das Publikum hier selten erlebt.

Mit „Merci Street“ von Peter Gabriel zeigt Matthews schließlich seine Gabe, Songs anderer Künstler neu zu beleuchten. Er nimmt Gabriels kunstvoll verschlungenes Stück und verwandelt es in eine transparente, fast kammermusikalische Version, die von feiner Emotionalität lebt. Hier spürt man, dass Matthews kein bloßer Interpret ist, sondern ein sensibler Übersetzer von Gefühlen.
Zum Abschluss greift er zu einem Lied, das ihn seit Jahrzehnten begleitet: „Woodstock“ von Joni Mitchell. Seine Version, reduziert auf Stimme und Gitarre, ist von einer schlichten Größe. Wo die ursprüngliche Hymne den Traum einer Generation beschwört, sucht Matthews den stillen Kern – das Erinnern an eine Zeit des Aufbruchs, an die Sehnsucht nach Sinn und Zugehörigkeit. „Ich versuche bei jedem Auftritt, diesen Song zu ehren“, sagt er bin einer gewissen Demut in der Stimme.
Ein leiser, bewegender Auftakt – und ein Geschenk, das man an diesem Abend in Bonn nicht erwartet hatte. Und das Schöne ist: Im März 2026 kommt Iain Matthews wieder nach Bonn, diesmal mit seinem Duo.

Iain Matthews Setlist, Bonn 2025:
With a Little Help From My Friends (The Beatles cover)
Funk and Fire
Fourteen Months
Seven Bridges Road (Steve Young cover)
Merci Street (Peter Gabriel cover)
Woodstock (Joni Mitchell cover)