Von Dylan Akalin
Helen Ganyas Album „Share Your Care“ bietet ein zutiefst persönliches und transformierendes Hörerlebnis, das in der schottisch-thailändischen Herkunft der Künstlerin und ihrer Reflexion über Verlust, Identität und kollektives Gedächtnis verwurzelt ist. Geplant für die Veröffentlichung am 7. Februar 2025 über Bella Union, verbindet das Werk eindringliche Erzählungen mit üppigen, experimentellen Klanglandschaften, die sowohl asiatische als auch westliche Harmonien einschließen.
Eine persönliche Reise durch Verlust und Erinnerung
Das Album entstand in einer emotionalen Phase von Ganyas Leben, ausgelöst durch den Tod ihrer Großmutter im Jahr 2021. Dieser Verlust, verstärkt durch das Gefühl einer Entfremdung von ihrer thailändischen Abstammung, inspirierte die Künstlerin, in ihre Kindheitserinnerungen an Sommer in Thailand einzutauchen. Diese Reflexionen bilden das Fundament der Texte und Themen des Albums und erscheinen als berührende Momentaufnahmen von Familie, Tradition und kultureller Identität. Wie sie diese Identitätssuche musikalisch umsetzt ist zugleich meisterhaft als auch berührend.
Der Titeltrack „Share Your Care“ verkörpert diese Haltung eindringlich. Basierend auf einer Erinnerung, das Grab ihres Großvaters mit ihrer Mutter, ihren Tanten und ihrer Großmutter zu besuchen, greift das Lied Themen wie generationsübergreifende Verbindungen und Ehrfurcht vor den Vorfahren auf. Unterstützt durch traditionelle thailändische Instrumente wie das Ranat Ek und Khim ist der Song sowohl feierlich als auch nachdenklich und verbindet Ganyas unverwechselbaren Stil mit den Klängen ihrer kulturellen Herkunft. Das ist keine leicht zu konsumierende Musik, sondern fordert vom Zuhörenden ein gewisses Maß an Bereitschaft, sich auf neue Hörgewohnheiten einzulassen. Wer dazu bereit ist, erfährt ein tolles Hörerlebnis.
Ein klangliches und kulturelles Mosaik
„Share Your Care“ beeindruckt durch die Integration traditioneller thailändischer Instrumente in Ganyas bewährtes Konzept aus Art-Pop und experimentellem Rock. Die Zusammenarbeit mit thailändischen Musikern wie Artit Phonron und Chinnathip Poollap verleiht Stücken wie „Fortune“ und „Barn Nork“ Authentizität und Tiefe, während der anglo-thailändische Künstler John Moore mit Flöte und Saxophon moderne Akzente setzt.
Das Album balanciert geschickt zwischen Zugänglichkeit und Innovation. Songs wie „Fortune“, eine Hommage an Ganyas Mutter, greifen universelle Themen wie Opfer und Dankbarkeit auf, begleitet von den schimmernden Klängen des Khim. Gleichzeitig thematisiert „Barn Nork“, gesungen auf Thailändisch, humorvoll Ganyas Außenseiterrolle innerhalb ihrer eigenen Kultur. Die spielerischen und zugleich selbstbewussten Texte unterstreichen die Dualität von Zugehörigkeit und Fremdsein.
Höhepunkte und emotionale Höhepunkte
Das Album ist voller großartiger Momente. „Chaiyo!“ erinnert an Ganyas Großvater, der beim Fernsehen von Thaiboxkämpfen jubelte, und verwandelt diese Energie in eine Meditation über Reinkarnation und familiäres Vermächtnis. „Myna“, der Abschlusstrack, besticht durch eine eindringliche Zusammenarbeit mit Tony Njoku, dessen sparsame, aber kraftvolle Zeilen die Stimme von Ganyas verstorbenem Großvater verkörpern.
Ein weiterer Höhepunkt ist „Horizon“, der erste Song, den Ganya für das Album schrieb. Inspiriert von einem Traum über ihre Großmutter fängt der Track die flüchtige Natur von Erinnerungen ein und verbindet traumhafte Instrumentierung mit ergreifenden Texten, die universelle Gefühle von Sehnsucht und Verbundenheit widerspiegeln.
Themen der kollektiven Verantwortung
Obwohl das Album zutiefst persönlich ist, enthält es auch gesellschaftliche Reflexionen. Ganyas Auseinandersetzung mit Trauer und Herkunft ist durchdrungen von einer Kritik an der modernen Individualisierung. Viele Songs verwenden bewusst kollektive Pronomen wie „wir“ und „du“, um die Verbundenheit der Menschen zu betonen. Dies wird besonders in Tracks wie „Hell Money“ deutlich, der thailändische Rituale mit Überlegungen zu Kapitalismus und Vermächtnis verbindet.
Reise durch Erinnerung, Verbundenheit und Fürsorge
Mit „Share Your Care“ erschafft Helen Ganya ein reichhaltiges, emotional berührendes Album, das ebenso sehr von Selbstfindung wie von der Ehrung ihrer Wurzeln handelt. Die Verschmelzung thailändischer Instrumente mit ihren charakteristischen ätherischen Klangwelten markiert ein mutiges, neues Kapitel in ihrer Karriere. Dieses Album vertieft nicht nur Ganyas künstlerische Identität, sondern erinnert auch eindringlich an die Kraft der Musik, kulturelle und generationelle Grenzen zu überwinden.
Fans von reflektierter und experimenteller Musik wird „Share Your Care“ begeistern. Es lädt die Hörer ein, auf eine Reise durch Erinnerung, Verbundenheit und Fürsorge zu gehen – ein wahrhaft bemerkenswertes Werk.