Zwei Marshall-Türme links und rechts der Bühne schreien es geradezu: Es wird laut! Der zweite Abend der Jubiläumsausgabe von Rockpalast Crossroads in der Bonner Harmonie gehört den Hardrock- und Metal-Fans. Die australische Band Dead City Ruins eröffnet den Abend, Green Lung aus London ist der Hauptact.
Von Dylan Akalin
Der Auftritt der aus London kommenden Band Green Lung hätte so gut sein können. Doch leider ist der Sound ungewöhnlich schlecht, ja, absolut grässlich. Die Stimme ist kaum zu vernehmen, jedenfalls von meinem hinteren Platz aus, der Gesamteindruck ist ein breiiger, zerstreuter Klang, bei dem absolut kein Funke übergehen kann – die vielen Fans mit „Green Lung“-T-Shirts nehmen‘s dennoch gelassen und feiern ihre Band – und das zu recht, wie ich mir hinterher auf der Aufzeichnung vom WDR noch einmal anhörte. Sehr, sehr schade.
Green Lung hat nämlich mit ihrer einzigartigen Mischung aus Heavy Rock, Stoner Metal und okkult inspirierten Texten in der Musikszene für Aufsehen gesorgt. Ihr unverwechselbarer Sound und ihre fesselnde Bühnenpräsenz haben ihnen eine treue Anhängerschaft und kritischen Beifall eingebracht. Der mitunter harte und psychedelische Sound hat ihnen nicht nur Fans aus der Underground-Rock-Szene, sondern auch aus dem Metal beschert.
Die Bühnenpräsenz von Sänger Tom Templar, der insgesamt sehr an seine Grenzen und auf volles Risiko ging, ist energiegeladen und fesselnd. Ihre Musik kombiniert die schweren Riffs und Grooves des Stoner Metal mit den ätherischen und mystischen Vibes der Psychedelia der 70er Jahre und verleiht ihr gleichzeitig eine Portion klassischen Rock und jede Menge Metal. Durch diese Fusion entsteht ein Klang, der sowohl vertraut als auch erfrischend originell ist. Dass man darunter mitunter auch vertraute Elemente hört, ist sicher gewollt. „Templar Dawn“ etwa ist doch sowas von Black Sabbath! Und auch das Gitarrenspiel von Scott Black auf seinen diversen Gibson SGs erinnert immer wieder an Tony Iommi. Insgesamt nehmen sie aber an diesem Abend eine viel doomigere Richtung an.
Das 2019 veröffentlichte Debütalbum der Band, „Woodland Rites“, war eine eindringliche und hypnotische Reise in den mystischen Wald. Beim Crossroads Festival eröffnen sie ihr Konzert mit dem Titeltrack. Die Songs auf dieser Platte sind eigentlich alle voller bezaubernder Melodien und mitunter kompliziertem Songwriting, die den Hörer mit harten Metalklängen in eine Welt uralter Rituale und geheimnisvollen Wissens entführen. Die okkulten Lyric-Inhalte singt Tom Templar mit einem wandelbaren Gesang zwischen eindringlichem Flüstern bis zum kraftvollen Brüllen.
Seit ihrem Debüt haben Green Lung ihren Sound weiterentwickelt und experimentiert. Ihr 2021 erschienenes Album „Black Harvest“ ist ein weiterer Beweis für ihr Wachstum und ihre Kreativität. Es bringt ihre okkulten Themen auf eine neue Ebene und erkundet dunklere, härtere Gebiete, während der charakteristische Sound der Band erhalten bleibt. Aus diesem Album hören wir „Graveyard Sun“, „Leaders of the Blind“, „Old Gods“ und „Reaper’s Scythe“, in dem es darum geht, dass man dem Sensenmann nicht entrinnen kann.
Green Lung präsentiert sich als Band, die gehörig viel frischen Wind in die moderne Rock- und Metal-Szene bringt. Man darf gespannt darauf sein, wie es weitergeht mit ihr. Meine Vorfreude auf Green Lung war groß, leider hat der schlechte Sound (Den Keyboarder hat man überhaupt nicht wahrgenommen!) nicht dazu geführt diese auszukosten. Ihre Art von Hardrock, die sie mit Groove und doomiger Heaviness erweitern, ist einfach großartig. Meine Empfehlung: Schaut Euch den Gig auf YouTube an!
Dead City Ruins
Dead City Ruins betritt die dunkle Bühne, während Sirenen zu grellen Suchscheinwerfern aufheulen. Lange Haare fliegen gleich durch die Luft, während die Truppe gleich in Vollgasmodus geht, Thomas Cain hat die flammend-gelb-rote Les Paul ebenso in Kniehöhe hängen wie sein augenscheinliches Vorbild Slash.
Dead City Ruins ist eine Hardrock-Band aus Melbourne, Australien, die seit über einem Jahrzehnt eine beeindruckende Kraft in der Underground-Musikszene ist. Ihr roher Sound verkörpert Entschlossenheit, ihre Musik ist eine kraftvolle Mischung aus bluesigen und klassisch-rockigen Riffs, donnernden Rhythmen und druckvollem Gesang, wobei Sänger Steven Welsh durchgängig in der Komfortzone bleibt, erst gegen Ende bei „Bones“ und beim letzten Stück, der AC/DC-Nummer „Dirty Deeds Done Dirt Cheap“, wagt er sich in die Risikozone und beweist, dass er auch außerhalb der mittleren Bruststimmlage was drauf hat.
Insgesamt präsentiert sich die Band als Kraftpaket auf der Bühne. Den hymnischen Titeltrack aus ihrem Album „Never Say Die“ (2018) spielen sie nicht, dafür ein paar andere Stücke wie das herausragende „Dirty Water“, ein langsam brennendes, bluesorientierter Rocksong und einem geradezu hypnotisierenden Gitarrensolo.
Bei der Musik von Dead City Ruins geht es um rohe Energie, die sie auf die Bühne bringen, wobei sie es geschickt verstehen, das Publikum mitzureißen, da dürfte bei einigen Schweiß geflossen und Hochgefühle aufgekommen sein. Wer auf AC/DC, Guns N‘ Roses und Airbourne steht, wird sich bei Dead City Ruins zu Hause fühlen.
Immer wieder ein Highlight sind die Doppelgitarrenangriffe von Thomas Cain und Sean Blanchard. Elektrisierend ist die Rhythmusgruppe, bestehend aus Bassist Thomas Murphy und dem überragenden Drummer Nicholas Trajanovski, die den Gitarristen und dem Sänger stets eine solide Grundlage für ihren Sound bieten.