Gespräch mit Steve Lukather: Ausnahmetalent, Gitarrist, Komponist und Herzstück von Toto, die im Februar 2025 nach Düsseldorf kommen

Steve Lukather 009 (C) Alex Solca

Von Dylan Akalin

Steve Lukather ist zweifellos einer der prägendsten und vielseitigsten Gitarristen der modernen Rock- und Popmusik. Als langjähriges Mitglied der Band Toto sowie durch seine Solo-Karriere und zahllosen Beiträge für andere Künstlern hat er eine außergewöhnliche Karriere hingelegt, die sich über mehrere Jahrzehnte erstreckt. Sein innovatives Spiel, sein technisches Können und seine musikalische Vielseitigkeit machen ihn zu einer Schüsselfigur in der Musikgeschichte. Am 19. Februar 2025 kommt Toto nach Düsseldorf. Wir haben Steve kurz vor Weihnachten telefonisch in seinem Heim in Los Angeles erreicht.

Toto hat einen sehr eigenen Sound geprägt, der sich über die Jahre bewährt hat. Wie kam es zum „Toto-Sound“? Was macht ihn aus? „Das ist die Magie, wenn bestimmte Leute zusammenkommen. Wenn du mit Leuten wie David Paich, Steve und Jeff Porcaro Musik machst, dann muss doch zwangsläufig etwas Gutes herauskommen, oder?“, sagt der hörbar entspannte und gut aufgelegte Gitarrist.

Ihr hattet also keine besondere Idee, kein Konzept für die Band, als ihr sie gegründet habt? „Nein“, sagt Lukather. „Mein Gott, wir waren blutjung und wollten einfach gute Musik machen. Der Stil hat sich mit der Zeit und im Zusammenspiel eher organisch entwickelt.“

Auf mehr als 2000 Alben vertreten

Vor zwei Jahren habe ich auf dem Festival „Rock am Ring“ die amerikanische Rockband Weezer gesehen. Die Stimmung war gut, doch als die Band die Toto-Nummer „Africa“ spielte, war der ganze Platz außer Rand und Band. Super Stimmung. 85.000 Fans feierten Party und sangen mit. Toto-Songs erreichen jeden: den Metal-Fan ebenso wie den Pop- und Rockfan. Wieso eigentlich? „Das macht mich echt stolz. Aber ich kann dir nicht sagen, warum die Musik so gut ankommt. Ich kann es nur so erklären, dass wir damals wie heute die Magie, die zwischen uns herrschte und herrscht, gut einfangen konnten.“

Wie entstehen Songs? Gibt es typische Abläufe – vielleicht eine Melodie im Kopf, ein Gitarrenriff oder ein bestimmtes Gefühl? „Alle denken, man sitzt an der Gitarre und haut ein paar Riffs raus und schon entsteht ein Song. So ist es aber nicht.“ Wie sonst? Was macht den speziellen Lukather-Sound aus? So richtig erklären kann der 67-Jährige das selber nicht. Dabei wird er gerade dafür von etlichen Künstlern angeheuert. Auf mehr als 2000 Alben ist er mit seiner Gitarre vertreten. Warum heuern die Leute ihn also an? „Weil sie wissen, dass sie Qualität geliefert bekommen“, erklärt er und lacht.

Und dann wird er doch ernst und erzählt, wie schwer und wie viel harte Arbeit darin steckt, ein guter Gitarrist, ein guter Musiker und Komponist zu werden.

Die Anfänge und der Aufstieg mit Toto

Steve Lukather wurde am 21. Oktober 1957 in Los Angeles, Kalifornien, geboren. Bereits in jungen Jahren entwickelte er eine Leidenschaft für die Gitarre und wurde stark von legendären Musikern wie Jimi Hendrix, Eric Clapton und den Beatles inspiriert. Seine musikalische Ausbildung erlangte er vor allem autodidaktisch, kombiniert mit einem außergewöhnlichen Gehör und technischem Feingefühl. Er erzählt, dass ein Auftritt der Beatles im TV, vor allem das Gitarrensolo von George Harrison, ihn derart gefesselt habe, dass er unbedingt Gitarre lernen wollte.

Lukather wurde 1976 Gründungsmitglied von Toto, einer Band, die sich aus erstklassigen Studiomusikern zusammensetzte. Mit ihrem selbstbetitelten Debütalbum „Toto“ (1978) konnte die Band auf Anhieb Erfolge feiern, nicht zuletzt aufgrund der Hits wie „Hold the Line“, bei denen Lukathers markantes und kraftvolles Gitarrenspiel bereits im Mittelpunkt stand. Toto etablierte sich schnell als eine der vielseitigsten Bands der Musiklandschaft, die Rock, Pop, Funk und Progressive-Elemente miteinander kombinierte.

Lukathers Rolle bei Toto

Steve Lukather war nicht nur der Leadgitarrist von Toto, sondern auch ein wichtiger Komponist, Sänger und kreativer Kopf innerhalb der Band. Sein Spiel zeichnet sich durch außergewöhnliche technische Präzision, melodische Vielfalt und gefühlvolle Soli aus. Auf Hits wie „Rosanna“ und „Africa“ (beide von dem vielfach preisgekrönten Album „Toto IV“, 1982) wurde seine Handschrift besonders deutlich: Er kombinierte eingängige Riffs und melodiöse Soli zu zeitlosen Klassikern, die bis heute weltweit bekannt sind.

Lukather war jedoch weit mehr als nur ein virtuoser Gitarrist. Er trug auch als Sänger und Songwriter entscheidend zum Sound der Band bei. In Songs wie „I Won’t Hold You Back“ zeigt er seine Fähigkeiten als gefühlvoller Sänger, dessen Stimme ebenso wie sein Spiel eine emotionale Tiefe vermittelt.

Ein gefragter Studiomusiker und Solokünstler

Neben seiner Arbeit mit Toto etablierte sich Lukather als einer der gefragtesten Studiomusiker seiner Generation. Seine Fähigkeit, in verschiedensten Genres zu arbeiten, brachte ihm Zusammenarbeit mit Künstlern wie Michael Jackson („Beat It“), Lionel Richie, Paul McCartney und vielen anderen ein. Er war an unzähligen Hits beteiligt, oftmals ohne, dass die breite Öffentlichkeit seine Rolle erkannte. Insbesondere sein ikonisches Gitarrensolo in Michael Jacksons „Beat It“ gilt als ein Meilenstein in der Popmusik.

Auch als Solokünstler hat Lukather zahlreiche Alben veröffentlicht, die sein breites Spektrum an musikalischem Talent unterstreichen. Seine Soloarbeiten, darunter Alben wie „Lukather“ (1989) und „Ever Changing Times“ (2008), sind geprägt von rockigen Riffs, gefühlvollen Balladen und experimentellen Klängen.

Bedeutung und Einfluss

Steve Lukather gehört zu einer Generation von Musikern, die sowohl technische Brillanz als auch künstlerischen Ausdruck perfekt miteinander verbinden. Er hat unzählige Gitarristen inspiriert und durch seine Vielseitigkeit in Rock, Pop und Jazz einen bleibenden Einfluss auf die Musiklandschaft hinterlassen. Lukathers Spiel ist durch eine harmonische Mischung aus Geschwindigkeit, Präzision und Ausdrucksstärke gekennzeichnet, was ihm einen festen Platz in der Reihe der besten Gitarristen aller Zeiten eingebracht hat.

Manchmal sind es Zufälle, die uns zu dem machen, was wir sind. Und andere wiederum arbeiten zielstrebig auf ein Ziel hin. Wie war das bei ihm? „Ich verstehe die Frage nicht“, sagt er nach einer kleinen Pause. Wie ist er zu dem geworden, der er ist? Lukather beschäftigt offenbar etwas anderes. „Viele Menschen sehen gar nicht, in was für einer schönen Welt wir leben“, beginnt er und führt dann aus, dass er ein Mensch ist, der gerne die positiven Seiten des Lebens betont. Er deutet auf die politischen Veränderungen in den USA hin, ohne die Wahl Donald Trumps auch nur zu erwähnen und endet dann mit der Feststellung: „Weißt du, was das Wichtigste auf der Welt ist? Liebe und Frieden. Liebe und Frieden sind das, was uns ausmacht.“

Bist du ein gläubiger Mensch? „Oh ja, ich bin Christ und stolz darauf.“

Was treibt dich an, ständig neue Musik zu erschaffen? Woher nimmst du die Energie und die Ideen? Viele Künstler sprechen von einem inneren „Drang“, sich auszudrücken. Wie ist es bei dir? Für ihn sei das Zusammenspiel und die Liveauftritte besonders wichtig, erzählt er. „Ich hasse das Reisen eigentlich. Ich mag es nicht Wochen und Monate von meinen Liebsten, von meiner Familie weg zu sein. Aber diese zwei Stunden auf der Bühne, dieses Spüren von Energie und Magie, das entschädigt dich für alles – und so kommen auch die Ideen für meine Musik.“ Ist das Publikum in Europa eigentlich anders als in den USA oder Asien? „Das Publikum ist überall anders, in New York anders als in Los Angeles, in London anders als in Manchester.“

„Ich liebe, was ich tue“

Gab es jemals Zweifel an dem, was du getan hast? Gab es Zeitpunkte, an denen du überlegt hast, alles hinzuschmeißen? „Zweifel? Nein, niemals. Ich liebe das, was ich tue.“

Hat sich die Kreativität über die Jahre eigentlich verändert? Würdest du sagen, dass Künstler*innen Bands heute anders an die Musik herangehen als ihr? „Oh ja, auf jeden Fall“, sagt er sofort. „Wie kann ich es ausdrücken ohne jemanden zu beleidigen?“, fragt er dann gleich. Die digitale Welt, die mutmaßlich unendlichen technischen Möglichkeiten würden seiner Auffassung nach vieles von der Kreativität kaputtmachen, sagt er. Zudem würden sich viele Künstler und Bands einfach viel zu gleich anhören, egal woher sie stammen. Was würde er denn jungen Musikern raten, die heute in der Musikindustrie Fuß fassen möchten? „Hört einfach auf, andere zu kopieren und klingen zu wollen wie dieser oder jene Gitarrist oder Sänger. Macht einfach Euer Ding.“

Leicht gesagt. Steve Lukather selbst ist ein Paradebeispiel für musikalische Exzellenz und Vielseitigkeit. Seine Rolle bei Toto, sein Einfluss als Studiomusiker und seine Solokarriere haben ihn zu einer der einflussreichsten Figuren der Rock- und Popmusik gemacht. Mit seinem einzigartigen Gitarrenspiel, seinem kreativen Geist und seiner unerschütterlichen Leidenschaft für Musik hat er ein Vermächtnis geschaffen, das Generationen von Musikern und Fans gleichermaßen inspiriert. Ob auf der Bühne oder im Studio – Steve Lukather bleibt ein Gigant der modernen Musikgeschichte. Ach, übrigens klingt er im Gespräch überhaupt nicht so, sondern wie der Kumpel von nebenan.