Synth-Pop in Symphonie-Aufmachung? Zum 40. Geburtstag greifen Marian Gold und seine Band Alphaville zur großen Leinwand, um ihrer Musik museales Großformat zu verpassen. „Eternally Yours“ zeigt, wie die alten Hits mit Unterstützung des großbesetzten Deutschen Filmorchesters Babelsberg funktionieren. Und das tun sie erstaunlich gut. Das Doppelalbum erscheint am 23.9.2022.
Von Dylan Cem Akalin
Zunächst ein Blick zurück, während aus den Lautsprechern „Dream Machine“ in Cinemascope-Format den Raum erfüllt und man sich beim Intro zu „Summer in Berlin“ schon in plüschigen Philharmoniesesseln versetzt fühlt.
Eigentlich kaum zu glauben, dass Alphaville in Münster gegründet wurde. 1982 war das, als drei Freunde sich aufmachten mit Hits wie „Forever Young“ und „Big in Japan“ die Welt zu erobern. Von Münster aus. Die Band etablierte sich rasch als einer der führenden Acts im Synth-Pop-Genre der 1980er.
Sänger Marian Gold, Keyboarder Bernhard Lloyd und Gitarrist Frank Mertens hatten zuvor in anderen Bands gespielt und waren durch die gemeinsame Liebe zur elektronischen Musik zusammengekommen. Sie benannten ihre Band Alphaville nach Jean-Luc Godards gleichnamigem Film von 1965, der ihrer Meinung nach den Geist der futuristischen und romantischen Themen einfing, die sie in ihrer Musik erforschten.
„Big In Japan“
Alphaville veröffentlichten 1984 ihre Debütsingle „Big in Japan“. Der Song war ein sofortiger Erfolg in Europa, erreichte die Top 10 in mehreren Ländern und brachte der Band eine Gold-Zertifizierung in Deutschland ein. Das eingängige Synth-Riff des Songs, kombiniert mit Marian Golds unverwechselbarem leicht romantisch-hingebungsvollen Gesang, trug dazu bei, Alphaville als führenden Act in der aufstrebenden Synth-Pop-Szene zu etablieren.
Auch die Folgesingle der Band, „Sounds Like a Melody“, war ein Hit und erreichte die Top 5 in Deutschland und der Schweiz. Es zeigte die romantischere und introspektive Seite der Band, wobei Golds Gesang Themen von Nostalgie und verlorener Liebe über Lloyds verträumten Synthesizer-Melodien erforschte.
„Forever Young“
Es war jedoch die dritte Single der Band, „Forever Young“, die ihr dauerhaftester Hit wurde. Das 1984 veröffentlichte Lied war sofort ein Klassiker, mit seinem hymnischen Refrain und Golds eindrucksvollen Texten, die den Geist der Jugend und den Wunsch nach ewiger Jugend einfangen. „Forever Young“ wurde zu einem festen Bestandteil des Radios der 1980er Jahre und ist seitdem zu einem ikonischen Song des Jahrzehnts geworden.
Alphavilles Debütalbum „Forever Young“ wurde 1984 veröffentlicht und enthielt alle drei ihrer Hit-Singles. Das Album war ein kommerzieller Erfolg, der der Band eine Platin-Zertifizierung in Deutschland einbrachte und ihren Platz im Synth-Pop-Kanon festigte. Im Laufe der Jahre hat Alphaville weiterhin Musik veröffentlicht, wobei Gold und Lloyd die Kernmitglieder der Band geblieben sind. Ihre spätere Arbeit hat eine Reihe von Stilen erforscht, vom techno-beeinflussten „Apollo“ bis zum eher introspektiven und reduzierten „Catching Rays on Giant“.
Trotz der vergehenden Zeit findet die Musik von Alphaville weiterhin bei Fans auf der ganzen Welt Anklang. Ihre Mischung aus romantischen Texten, verträumten Synthesizern und eingängigen Melodien fängt den Geist einer Ära ein und inspiriert weiterhin neue Generationen von Musikliebhabern. Alphaville mag in den 80ern „groß in Japan“ und in ganz Europa gewesen sein, aber ihre Musik blieb irgendwie ewig jung. Es ist also nur nachvollziehbar, dass die Songs nun ein neues Format bekommen.
Die Neu-Arrangements der Stück erinnern in weiten Teilen an Filmmusik. Das orchestrale Intro zu „Big in Japan“ ist hinreißend und erinnert kaum noch an den Synth-Pop der 80er Jahre. Das Orchester sorgt auch dort für mächtige Sounds aus Streichern und Bläsern und Pauken, wo einst die Sythns knallten.
In der Retrospektive fällt wieder auf, was für dauerhafte Melodien die Jungs da geschaffen haben, und Golds gesangliche Qualitäten sind eh beeindruckt. Das erlebten wir als Zuschauer ja schon bei der TV-Show „Sing meinen Song“, wo er äußerst sympathisch rüberkam.
„Dance With Me“
Das Klangspektrum des großen Orchesters gibt den Stücken nochmal eine ganz eigene Gewalt. Indes kommt so ein Song wie „Dance With Me“ auch durchaus mit sparsamer Instrumentierung aus, zu Beginn lediglich mit Klavier und Violine, dann mit einer Woge von Orchesterarrangements. Sehr schön. Da darf in solchem Rahmen auch mal „Singing in The Rain“ zitiert werden – so am Schluss des etwas an Musical-Arrangements erinnernden „Summer Rain“. Und Apollo beginnt zwar zunächst wie der Beginn der „Augsburger Puppenkiste“, dann indes bestimmt der dramatische Gesang das Stück. „Elegy“ ist für mich ein kleines Juwel in dieser Sammlung. Der Grund liegt in der raffinierten, zurückhaltenden Orchesterbearbeitung und dem fantastischen Gesang.
Ein Song wie „Sounds Like A Melody“ bekommt ein ganz neues Leben, und das gilt ja für die meisten Songs. Daneben ist es auch wunderbar, wie Gold auch Songs spielt, die weder Singles noch Hits waren. Zum Beispiel „Around The Universe“ aus „Strange Attractor“ und „Moon Girl“ aus dem extrem limitierten Boxset „CrzayShow“ (2003). Beides starke Songs, die vielen entgangen sein mögen. Und wieder einmal wurde der Song komplett neu strukturiert. Und dabei entsteht fast ein komplett neuer Song.
Großes Verdienst gebührt im Übrigen Max Knoth und Christian Lohr, die die Songs in diese neuen Formen arrangiert haben. Doppelt anspruchsvoll mag die Aufgabe gewesen sein, weil Alphaville Genres mixten und ihren eigenen Sound hatten. Das Ergebnis ist ziemlich bemerkenswert.
Ein großer Pluspunkt: Das Album klingt gar nicht wie ein Compilation-Album, sondern wie ein stimmiges Album aus einem Guss, das mit einem majestätischen Arrangement von „Forever Young“ endet.
Alphaville – „40th Anniversary: The Symphonic Tour“ mit Orchester
- 13.04.2023 Essen – Philharmonie
- 14.04.2023 Düsseldorf – Tonhalle
- 15.04.2023 Kassel – Kongress Palais
- 05.05.2023 Frankfurt – Alte Oper
- 19.05.2023 Bremen – Die Glocke
- 20.05.2023 Hannover – Theater am Aegi
- 27.05.2023 Freiburg – Konzerthaus
- 28.05.2023 Stuttgart – Liederhalle
- 07.06.2023 Leipzig – Gewandhaus
- 11.06.2023 Hamburg – Laeiszhalle
- 12.06.2023 Berlin – Philharmonie
- 13.06.2023 Dresden – Kulturpalast
- 16.06.2023 München – Isarphilharmonie
- 17.06.2023 Nürnberg – Meistersingerhalle
- 20.06.2023 Dortmund – Konzerthaus