Garbage im Widerstand: Shirley Manson entzündet das letzte Licht „Licht im Schatten“

GARBAGE FOTO: Joseph Cultice

Mit „Let All That We Imagine Be The Light“ melden sich Garbage zornig, zärtlich und ungebrochen zurück. Shirley Manson trotzt der Dunkelheit mit Haltung, feministischer Wucht und überraschend viel Wärme. Ein Album wie ein Leuchtfeuer im Sturm.

Von Dylan C. Akalin

Garbage kehrt zurück – nicht mit einem Paukenschlag, sondern mit einem gleißenden, unnachgiebigen Licht. Der Titel des neuen Albums ‘Let All That We Imagine Be The Light’ ist dabei weniger Einladung als Aufforderung: Im Angesicht einer Welt, die aus den Fugen gerät, wird das Imaginäre zur letzten Bastion des Widerstands. Wo andere kapitulieren, zündet Shirley Manson die Fackel an – mit zittriger Hand, aber unbeirrtem Blick.

Form & Inhalt im Widerstandsbund

Musikalisch liefert Garbage genau das, was sie am besten können – und doch irgendwie neu: fette Beats, kratzige Gitarren, cineastische Dichte. Die Elektronik hat Risse, der Sound knistert vor Spannung. Songs wie „There’s No Future in Optimism“ oder „Antidepressants“ klingen wie Manifeste gegen eine Welt in Dauerkrise – mit Beats, die eher marschieren als tanzen. Es ist ein Klang, der rebelliert, ohne zu predigen – ein ästhetischer Aufstand.

Alter als Aufrüstung

Manson macht ihr Alter nicht zur Pose, sondern zur Haltung. „Chinese Fire Horse“ schmettert in die Fratze des Jugendkults, ohne nostalgisch zu werden. Das ist kein Alterswerk – es ist ein Werk über das Alter in einer Welt, die es nicht sehen will. Auch „Get Out My Face AKA Bad Kitty“ ist keine kokette Provokation, sondern eine klare Kampfansage. Feminismus trifft hier auf Wut, Haltung auf Hook.

Zärtlichkeit im Zersetzungsprozess

Und dann diese leisen Momente. „The Day That I Met God“ ist keine spirituelle Erlösung, sondern ein innerer Monolog, zart orchestriert, fast flüchtig. Mansons Stimme bricht – und gerade darin liegt ihre Kraft. Die Verletzlichkeit macht das Album nicht weicher, sondern glaubwürdiger. Denn Hoffnung, das lernt man hier, ist kein Pathos, sondern ein Muskel – er wächst durch Schmerz.

Zwischen Fragment und Fanal

‘Let All That We Imagine Be The Light’ ist kein Konzeptalbum, sondern ein Flickenteppich aus Überzeugungen, Zweifeln und Trotz. Manches wirkt spröde, manches überfrachtet – aber genau diese Brüchigkeit macht das Album so gegenwärtig. Es ist keine glatte Erzählung, sondern eine mit Rissen, durch die Licht dringt.

Garbage liefern mit diesem Album keine Abrechnung, sondern ein Bekenntnis: zur Imagination, zur Wut, zur Liebe – und zum Weitermachen. ‘Let All That We Imagine Be The Light’ ist kein Album für die Charts, sondern für die innere Wetterlage. Wer zuhört, hört nicht nur Musik, sondern eine Haltung. Und die ist selten geworden.