Funk bis Punkt 22 Uhr: Jan Delay bringt 8000 Fans auf dem KunstRasen Bonn zum Glühen

Jan Delay & Disko No. 1 uf dem KunstRasen Bonn 2025. FOTO: Dylan Akalin

Jan Delay und Disko No.1 heizen dem Bonner KunstRasen bei 35 Grad ordentlich ein – mit Funk, Hip-Hop, Soul und jeder Menge Humor. Hits wie „Türlich, Türlich“, „Wassermann“ oder „St. Pauli“ bringen 8000 Fans zum Tanzen, bis Punkt 22 Uhr der Stecker gezogen wird.

Von Dylan C. Akalin

Erst einmal Respekt, Jan Delay! Bei gemessenen 35 Grad ist das T-Shirt schon nach gut fünf Minuten durchgeschwitzt, aber du ziehst durch. Gnadenlos. Zwei Stunden lang – ohne Kleidungswechsel. Der Mann mit dem weißen Hut und der grandiosen Band im Hintergrund brennt halt. Für seine Musik, für Disco, Soul, Funk, HipHop, für seine 8000 Fans auf dem Bonner KunstRasen – und kennt sich auch noch mit den kommunalpolitischen Gegebenheiten aus. Es stimmt, als er 2012 an diesem Platz aufgetreten ist, da konnte er von der Bühne aus auf den schönen Rhein und das Panorama des Siebengebirges blicken: „Heute steht da eine beschissene Mauer, und alles nur wegen einem A***loch, das vielen Leuten den Spaß verdirbt“, ruft er aus. Es war wieder ein Fest. Jan Delay is in the house….!!!

„Hallo!“ (Jan Delay, Wir Kinder vom Bahnhof Soul, 2009) – so beginnt nicht nur der Abend, sondern gleich auch die große Begrüßungsparty zwischen Band und Publikum. Schon mit „Klar“ (Jan Delay, Mercedes-Dance, 2006) ist klar: Hier wird getanzt, gelacht, gefeiert und mitgesungen, egal wie sehr der Schweiß läuft. Die Stimmung ist sensationell, überall auf dem Platz. Der Sound, die Band, Jan Delay, die Fans – einfach nur traumhaft.

Lässige Selbstironie

Bei „Türlich, Türlich / Word Up“ (Das Bo, 2000 / Cameo, 1986) werden Arme in die Luft gerissen, und als Delay zwischendurch rappt „Türlich, Türlich, sicher Dicker“, klingt das bei 35 Grad fast wie eine Verordnung für den Rest des Abends. „Showgeschäft“ (Jan Delay, Wir Kinder vom Bahnhof Soul, 2009) kommt mit lässiger Selbstironie, und in „Spaß“ (Jan Delay, Hammer & Michel, 2014) fragt er, ob alle welchen haben – woraufhin das Publikum brüllt, dass daran kein Zweifel sein kann.

Jan Delay & Disko No. 1 uf dem KunstRasen Bonn 2025. FOTO: Dylan Akalin

Dass Disko No.1 nicht einfach eine Begleitband ist, sondern ein Funk- und Groove-Orchester erster Klasse, hört man an jedem Arrangement: Bläserlinien, die wie Sonnenstrahlen aus den Boxen schießen, knackige Breaks, die den Songs live noch mehr Drive geben, und Übergänge, die so geschmeidig sind, dass selbst ein Medley aus „Are You Gonna Go My Way“ (Lenny Kravitz, 1993) – Luftgitarrenpflicht –, „Pump Up The Jam“ (Technotronic, 1989) – plötzlich wirkt der KunstRasen wie eine 80er-Jahre-Aerobic-Convention – und „Remmidemmi“ (Deichkind, 2006) – hier bricht kurz das absolute Festival-Chaos aus – völlig natürlich wirkt. Dazu die Backgroundsängerinnen – mehr als nur Chor. Sie tanzen, lachen, singen sich gegenseitig hoch, übernehmen kleine Soli und bringen mit ihren harmonischen Einwürfen dieses warme, soulige Glitzern in den Sound, das selbst knallharte Rap-Passagen zum Funk-Fest macht. Und eine Augenweide sind sie eh.

„Disko & Freeze“

Bei „Disko & Freeze“ (Jan Delay, Wir Kinder vom Bahnhof Soul, 2009) passiert dann das Unerwartete: Jan ruft „Freeze!“, und 8000 Menschen stehen wie eingefroren – mitten im Tanzschritt, Bierbecher in der Luft, Schweißperlen auf der Stirn. Nach ein paar Sekunden löst sich die Starre in Gelächter auf, und der Groove läuft weiter, als wäre nichts gewesen.

Jan Delay & Disko No. 1 uf dem KunstRasen Bonn 2025. FOTO: Dylan Akalin

Dann der Moment der Wahl: Vor dem Reggae-getränkten „Wassermann“ (Jan Delay, Hammer & Michel, 2014) gibt er dem Publikum drei Optionen – „Ich möchte nicht, dass ihr meine Lieder singt“, „Wassermann“ oder „Vergiftet“. Der lauteste Applaus gilt eindeutig dem Wassermann, und so wippt der gesamte KunstRasen in einem sanften Offbeat – da wurde Bonn, diese Bundesstadt mit den starren Verwaltungsvorschriften für Konzerte und Spaß für ein paar schöne Momente zur karibischen Hafenstadt.

Hits mit Geschichte

Es gibt Hits mit Geschichte – „Hammerhart“ (Beginner, 1998) als Gruß an die Frühzeit, eine funkige Version von „Irgendwie, irgendwo, irgendwann“ (Nena, 1984) – und Songs, die im glühenden Sommerabend noch heißer wirken, wie „Saxophon“ (Jan Delay, Mercedes-Dance, 2006), bei dem die Bläsersektion fast den Temperaturrekord sprengt, oder „Für immer und Dich“ (Rio Reiser, 1986) mit seiner Mischung aus zärtlicher Melancholie und federndem Groove. Spätestens bei „Sie kann nicht tanzen“ (Jan Delay, Wir Kinder vom Bahnhof Soul, 2009) tanzen natürlich alle – egal ob sie’s können oder nicht.

Bonner Sommernachts-Hymne

„Abschlussball / Uptown Funk“ (Jan Delay, Hammer & Michel, 2014 / Mark Ronson feat. Bruno Mars, 2014) verwandelt den KunstRasen in eine schwitzende Tanzfläche. „Oh Jonny / Blinding Lights“ (Jan Delay, Mercedes-Dance, 2006 / The Weeknd, 2019) klingt, als hätten beide schon immer zusammengehört. Im ersten Zugabenblock gibt’s den „Mercedes-Dance“-Einstieg (Jan Delay, 2006), bevor das Hip-Hop-Medley mit „The Next Episode“ (Dr. Dre feat. Snoop Dogg, 1999) – die Westküste winkt – „Schelle“ (Jan Delay, Hammer & Michel, 2014), „Meine Posse“ (Beginner, 1998), „Liebes Lied“ (Jan Delay, Hammer & Michel, 2014), „Still D.R.E.“ (Dr. Dre feat. Snoop Dogg, 1999) und „Ahnma“ (Beginner feat. Gzuz & Gentleman, 2016) durch die Boxen rollt. Zum Schluss folgt „Eule“ (Jan Delay, Hammer & Michel, 2014) und „St. Pauli“ (Jan Delay, Wir Kinder vom Bahnhof Soul, 2009) – mit dem legendären Refrain „Und wenn ich geh’, dann geht nur ein Teil von mir“ als Bonner Sommernachts-Hymne.

Wenn der Strom abgeschaltet wird…

Doch dann, Punkt 22:00 Uhr, passiert das, was in Bonn neuerdings Pflicht ist: Der Sound wird gnadenlos ausgeblendet – mitten in „St. Pauli“. Das Publikum lacht, Delay grinst und hebt die Hände: „Das ist Bonn, Alter!“ Hintergrund: Veranstalter Martin J. Nötzel und Ernst-Ludwig Hartz haben seit dem kürzlichen Lynyrd-Skynyrd-Konzert noch die 20.000-Euro-Strafe im Nacken, weil die Südstaatenrocker um acht Minuten überzogen und die Dezibelgrenze um ein Dezibel geknackt haben. Jan Delay hält sich an die Regeln – auch wenn man merkt, er hätte locker noch eine halbe Stunde weitergemacht.

„Das war ein Abschlussball“, sagt er vorher – und es stimmt: Zwei Stunden Sommerhitze, Funk, Hip-Hop, Soul, traumhafte Arrangements, drei Backgroundstimmen, die jede Nummer zum Strahlen bringen – und ein Publikum, das selbst beim Rausgehen noch „Türlich, Türlich“ summt. Oder „Johnny, Johnny“? Egal. Der Nachhauseweg geht sich auf swingenden Beinen.

Setlist, Jan Delay KunstRasen Bonn, 14. August 2025

Hallo
Klar
Türlich, Türlich / Word Up (Das Bo cover)
Showgeschäft
Spaß
Hammerhart
Irgendwie, irgendwo, irgendwann (Nena cover)
Wassermann
Disko & Freeze
Saxophon
Zurück
Für immer und Dich (Rio Reiser cover)
Abschlussball / Uptown Funk
Sie kann nicht tanzen
Medley: Are You Gonna Go My Way / Pump Up The Jam / Remmidemmi / Barbra Streisand
Oh Jonny / Blinding Lights

Encore:

Mercedes-Dance Intro
The Next Episode / Schelle / Meine Posse / Liebes Lied / Still Dre / Ahnma

Encore 2:

Eule
St. Pauli