Florian Webers „Imaginary Cycle“: Eine einzigartige musikalische Reise

Florian Weber. FOTO: Peter "Beppo" Szymanski

Am 13. September 2024 erscheint Florian Webers neues Werk Imaginary Cycle bei ECM Records. Dieses ambitionierte Projekt, erhältlich als Doppel-CD (ECM 2782) und 2-LP (6024 651 6889 1), vereint Klavier und ein außergewöhnliches Ensemble aus Blasinstrumenten zu einem beeindruckenden Zyklus, der die Grenzen zwischen Komposition und Improvisation verschwimmen lässt.

Eine einzigartige Klanglandschaft

Von Dylan Akalin

Imaginary Cycle ist ein Werk, das durch seine Vielschichtigkeit und Eigenart herausragt. Florian Weber, ein deutscher Pianist, hat einen vierteiligen Zyklus geschaffen, der durch eine Eröffnung und einen Epilog eingerahmt wird. Unterstützt wird er von einem Ensemble aus vier Euphonien, einem Posaunenquartett, der Flötistin Anna-Lena Schnabel sowie Michel Godard, der das selten gespielte Blasinstrument Serpent und die Tuba einsetzt.

Der Klang des Albums ist so vielfältig wie seine Besetzung: Symphonische Passagen treffen auf komplexe Kontrapunkte, pastorale Klangwelten stehen im Kontrast zu zeitgenössischen Texturen. Jedes Instrument trägt eine eigenständige Stimme bei und schafft so ein facettenreiches Ganzes. „Es ist schwer zu sagen, wo die Improvisation endet und die Komposition beginnt“, beschreibt Weber.

Der Entstehungsprozess

In den Liner Notes beschreibt Florian Weber den Entstehungsprozess des Albums: „Zu Beginn hatten Manfred Eicher und ich vor allem bildhafte, figurative Landschaften im Kopf – eine Art Tor für musikalische Erkundungen. Wir beschrieben uns gegenseitig Bilder und Klänge und entdeckten Gemeinsamkeiten in unseren Vorstellungen.“ Diese künstlerische Zusammenarbeit mit dem Produzenten Manfred Eicher legte den Grundstein für das Projekt.

Eicher schlug früh vor, die Klavier-zentrierte Idee um eine Gruppe tieffrequenter Instrumente zu erweitern. So wurden die französische Euphonien-Gruppe Opus 333 und ein Posaunenquartett Teil des Ensembles. Michel Godard und Bassposaunistin Maxine Troglauer unterstützten Weber bei der Auswahl der Musiker.

Ein Dialog zwischen Vergangenheit und Gegenwart

Neben Weber am Klavier verbinden Anna-Lena Schnabel und Michel Godard die Klavier- und Bläsersektionen. Diese Brücke schlägt einen Bogen zwischen antiken und modernen musikalischen Formen. In einigen Teilen beginnt der Zyklus mit improvisierten Passagen, die sich allmählich zu durchkomponierten Strukturen entwickeln. „Anna-Lena Schnabel hat ein besonderes Gespür dafür, die konzeptionelle Linie der Musik aufzugreifen und improvisatorisch weiterzuführen“, erklärt Weber. Ebenso beeindruckt Michel Godard durch seine Kommunikation mit den anderen Instrumenten.

Komprovisation und polyphone Intuition

Florian Weber verwendet den Begriff „Komprovisation“, um die Synergie von Komposition und Improvisation zu beschreiben. Ein weiteres Konzept, die „polyphone Intuition“, bezieht sich auf Webers Fähigkeit, improvisatorische Passagen aus einem beinahe unterbewussten Zustand heraus zu entwickeln. Diese Ideen prägen die Musik des Zyklus und verleihen ihr ihre einzigartige Tiefe.

Der Titel der vier Kapitel – „Opening“, „Word“, „Sacrifice“ und „Blessing“ – basiert auf Webers Reflexionen über die liturgische Messe als organisatorisches Konzept. Die Interaktion zwischen den Instrumenten steht im Mittelpunkt, wobei sich Gruppen spontan trennen und neu formieren, um auf Webers Notationen oder improvisatorische Impulse zu reagieren.

Eine Aufnahme, die Grenzen sprengt

Imaginary Cycle wurde im Juli 2022 im Sendesaal Bremen aufgenommen und von Manfred Eicher produziert. Florian Weber schöpft aus einer Vielzahl musikalischer Einflüsse, von der Renaissance über Komponisten des 20. Jahrhunderts bis hin zu modernen Avantgarde-Klängen. Das Ergebnis ist ein Werk, das die Grenzen der Polyphonie auslotet und eine radikal neue, imaginäre Klangwelt erschafft.

Dieses Album ist mehr als Musik – es ist eine Einladung, sich auf eine Reise in eine Klangwelt einzulassen, die ebenso harmonisch wie überraschend ist.