Als Robert Forster am Ende seines Konzertes in der Harmonie Bonn an den Bühnenrand tritt und die Arme ausbreitet, da wirkt er mit seinem strengen Blick und dem förmlichen Hemd unter dem Pulli wie ein Prediger. Aber der frühere Go-Betweens-Sänger und –Gitarrist ist alles andere als ein Diener Gottes. Robert Forster ist ein poetischer Geschichtenerzähler, ein Musiker, der mit Worten Bilder malt.
Von Dylan Cem Akalin
Es ist mitten im Konzert. Da greift Robert Forster nach einer Akustikgitarre und beginnt diesen wunderschönen Song „One Bird in the Sky“ aus seinem aktuellen Album „Inferno“ zu singen. Was für ein Lied, was für Lyrics. Die Musik klingt wie von The Cure und R.E.M. in minimalistischer Form, und sein Gesang ähnelt tatsächlich Michael Stipes. Und der Song ist wie eine Sehnsucht nach dem aufs Wesentliche fokussierte Leben eines Vogels, die Zeilen wie flüchtig gezeichnete Skizzen mit dem Bleistift.
„I know what it’s like to be ignored forgotten“
Sowas kann der Australier, der mit seiner deutschen Frau einige Jahre in Regensburg gelebt hat, wie nur wenige Künstler. Er ist jetzt 61 Jahre alt, hat sieben Soloalben auf dem Konto, zusätzlich zu den neun, die er mit den Go-Betweens gemacht hat, und er ist sowas wie ein Elder Statesman der australischen Musikszene. Er verkauft bei weitem nicht so viele Platten wie Nick Cave. Im Opener „Remain“ singt er: „I know what it’s like to be ignored forgotten/When yours is the name that doesn’t come up too often“. Der Groove dieses Songs ist völlig entspannt, selbst als er davon singt, übersehen und vergessen zu werden.
Das ist seine selbstbewusste Haltung, da liegt keine Spur von Resignation in seiner Musik. Er ist ein Optimist, und er ist selbstsicher. Er weiß genau, was er tut, und dass das gut ist. Er braucht nicht die Bestätigung anderer. Forsters Musik braucht keine Effekthascherei, sie geht auf andere Art und Weise unter die Haut. Oberflächlich betrachtet wirkt sie leise und zurückhaltend. Und dann kommt die Musik, die sparsam arrangiert ist, mit manchmal einfachen Weisheiten, wie etwa bei „The Morning“: „The sun’s at the door it’s knocking/The morning is a friend“. Schließlich weiß man ja nie, wann man möglicherweise in seinen Träumen aufwacht…
„But something’s not right“
Forster spielt mit wunderbarer Band: Multiinstrumentalist Scott Bromiley (The John Steel Singers) spielt eine klare, bisweilen geradezu minimalistische Gitarre, Bassist Jonas Thorell unterstützt auch mit Backingvocals und Schlagzeuger Magnus Olsson bringt die Songs auf den Punkt.
Robert Forsters Album „The Evangelist“ entstand unter dem Trauerschmerz über den Tod seines langjähriges Go-Betweens-Partners Grant McLennan, der zwei Jahre zuvor gestorben war. Insofern ist „Demon Days“ ein ganz besonderer Song. Auf dem Album wird dieser Verlust auf fast jedem Stück greifbar. „The fingers of fate/Stretch out and take/Us to a night/But something’s not right“. Im Original mit Cello und Geigen ausgestattet, begnügt sich Forster live, „Demon Days“ lediglich mit Gitarren- und Bassbegleitung zu singen. Grant McLennan hatte noch an dieser Melodie mitgearbeitet, was dem Song eine zusätzliche besondere Bedeutung gibt.
„Twin Layers of Lightning“
„Twin Layers of Lightning“ von den Go-Betweens hat was von Giant Sands. So ein verzögerter Rhythmus, die Vocals fast ein Sprechgesang. Die Go-Betweens haben Musik mit Herz, Leidenschaft und Intelligenz gemacht, die Idee des Punkt mit einem Kribbelfaktor, mit viel Magie versetzt. Die Musik mit den so merkwürdig reduzierten E-Gitarren-Einsätzen, den und Dylan– und Lou Reed-Einflüssen sind voller Sensibilität und Struktur, und „Twin Layers of Lightning“ hat an diesem Abend sowas poetisch Glamouröses. Und dann diese Bilder wie aus einem Rausch. Da kommt dann so ein Westerntanz wie „Spring Rain“ genau richtig.
Und zu „Here Comes a City“ erzählt uns Forster in wunderbarem Deutsch, dass der Song von den Zugreisen handele, dass es die Beschreibung einer Zugfahrt von Regensburg Hauptbahnhof über Nürnberg, Würzburg bis Frankfurt sei, die Fahrt, die er mit seiner deutschen Frau so oft gemacht habe, um von dort aus nach Australien zu fliegen.
„Learn To Burn“
Zur Zugabe gibt es das schöne mit Mundharmonika begleitete „What’s The Sign“, die hymnische Ballade „Finding You“, ein Song, den übrigens auch Neil Young singen könnte, „Learn To Burn“ mit diesem straighten Beat, und als letzten Song „Surfing Magazines“. Das Publikum verließ nach mehr als anderthalb Stunden glücklich die Harmonie – viele ließen sich am Ende noch CDs und Platten signieren.