Eric Burdon auf Tour: „Sprich gegen den Wahnsinn. Wir haben keine Angst.“

Eric Burdon FOTO: Presse/Künstler

Von allen britischen Invasion-Sängern hatte Eric Burdon die körperlich imposanteste Stimme. Als er 1964 die Szene betrat, war seine Stimme groß und dunkel“, sagt Steve Van Zandt. Wie Recht er hat! Der Mann mit der großen, dunklen Stimme geht auf Abschiedstour. Zeit, ein paar Worte über Eric Burdon zu verlieren. (Tickets gibt es hier)

Von Dylan Cem Akalin

Eric Burdon ist der ewige Häretiker: Als Teenager eroberte er als weißer R&B-Shouter die Charts, spielte mit den Animals den Hit „House Of The Rising Sun“ ein, verlor sich im Drogennebel San Franziscos und schaffte mit War, einer der größten Funkbands der 70er Jahre, ein gefeiertes Comeback. Und dann gab es Projekte mit immer wechselnden Bands und Reunions mit den Original-Animals, die aber in einem Desaster endeten. Als kaum mehr einer an ihn glaubt, meldet er sich mit einem frischen Werk zurück. Das Album „My Secret Life“ muss er selber finanzieren, aber die Fans freuen sich, ist es doch das erste richtige Studioalbum seit 20 Jahren. Damit setzt der Rockveteran seine Erfahrungen in Jazz und Blues um und bietet quasi eine Vertonung seiner Biographie, die den gleichen Namen wie das Album trägt.

Jetzt begeben sich Eric Burdon & The Animals dem Vernehmen nach ein letztes Mal auf Tour. Am Mittwoch, 2. Oktober, spielen sie ab 20 Uhr in der Mitsubishi Electric Halle in Düsseldorf. Tickets

Doku auf Arte

Kürzlich erzählt Bruce Springteen in einer wunderbaren Dokumentation auf ARTE, dass einer seiner Songs über den Wunsch, die Stadt zu verlassen, in der man geboren wurde, von der Musik dieses Mannes geprägt worden sei. Sting erinnert daran, dass die Animals aus seiner Heimatstadt Newcastle stammen und dass sie ihm das gezeigt hätten, dass es möglich sei hinauszugehen, um die Welt zu erobern. Patti Smith entdeckte ihre Talente als Sängerin, indem sie seine Klassiker zu Hause hörte. Und Sting sagt später über Eric Burdon: „Die Musik verbindet dich mit etwas Größerem als dir.“

Der Film ist wirklich klasse. Wir sehen alle Bilder der brüllenden Rockjahre der 1960er Jahre in Großbritannien, aber auch in den Vereinigten Staaten, in denen die Annimals angebetet wurden. Eric Burdon ist jetzt fast 80 Jahre alt, ein kleiner, rundlicher Mann mit kurzen weiß-blonden Haaren, erzählt ohne in die Kamera zu blicken über die vergangenen Jahre voller Alkohol, Gangbang in London mit John Lennon, über eine Welt, in der Musiker nur daran denken, an das nächste Bündel Geld zu kommen. Burdon tritt in einem großen Konzertsaal in Las Vegas auf. Das liegt wohl auch daran, dass das alte Tier heute nicht weit entfernt in der Joshua Tree Wüste in Kalifornien lebt. Und sein Gesicht sieht ähnlich zerfurcht und gegerbt aus, wie der Boden in dieser trockenen Einöde.

Der erste Rocker, der nicht lächelte

Eric Burdon FOTO: Presse/Künstler

Und diese Landschaft passt auch irgendwie zu der Musik, die er geprägt hat. Der heiße Sound seiner Band, in der die Orgel allgegenwärtig ist, ist näher am Rhythm ‚n‘ Blues des Black America als es der Rock damals überhaupt sein konnte. Und der Song  über „Haus der aufgehenden Sonne“ eroberte die Welt. In Osteuropa wurden die Animals damals gefeiert, als wären sie die Beatles und die Stones zusammen.

Der Rocker Steven Van Zandt hatte Burdon entdeckt, weil er der „erste Rocker“ war, der auf den Fotos nicht lächelte, sagte er. Es war kein Showbiz. Burdon war keiner, der eine Rolle spielte. Für Patti Smith kam der Sound Burdons „aus dem Bauch heraus“.

In Deutschland bleiben seine Auftritte 1976 im Studio-L Köln unvergessen. Dann spielte er beim ersten Open-Air-Festival des Rockpalast auf der Loreley 1982. 2004 zeichnet der Rockpalast die Show in der Kölner Kantine auf. Seit Jahren spielte Burdon da schon mit den (New) Animals. Und sie machten nicht nur richtig Druck, sondern gaben der Musik auch so eine emotionale Beständigkeit.

Erinnerungen an frühe Auftritte

Unvergessen ist auch Burdons Auftritt 2006 beim Blues-Rock-Festival auf dem Bonner Museumsplatz. Er spielte ein eineinhalbstündiges Set voller Klassiker. Und Burdon outete sich da mit seinem wütenden Gesang als Gegner der MTV-Kultur, als Vertreter eines geradlinigen, nicht vom Mainstream korrumpierten Rock.

Geboren als Eric Victor Burdon in Newcastle upon Tyne (Northumberland) am 11. Mai 1941 gehörte der Sänger mit der schwarzen, rauen Stimme zur ersten Welle des britischen Rock der 1960er Jahre. Die Animals sorgten mit Bands wie The Rolling Stones, The Who und Them von Van Morrison für Furore. Trotz ihres Erfolgs im Jahr 1964 mit „The House of the Rising Sun“ lösten sich The Animals im Jahr 1966 auf. Eric Burdon setzte das Abenteuer auf den Weltmeeren der Musik unter verschiedenen Inkarnationen fort, darunter mit Eric Burdon & The Animals – der Beginn eines freien Falls, dem nichts mehr im Wege steht.

War

In San Francisco gründete er 1970 War –  eine explosive Mischung aus Rock, Funk, Blues und Psychedelic Rock. Burdon hat den Blues einfach unter der Haut, aber er ist auch einer, der auf dem Drahtseil des Lebens balanciert. Sein erstes Soloalbum mit dem Titel „Sun Secrets“ (1974) wechselt aufgrund seines starken Alkoholkonsums zwischen Erhabenheit und Chaos.

Es läuft überhapt nicht gut für ihn. Also gründet er The Original Animals. Das im August 1977 erschienene Album „Before We Were So Rudely Interrupted“ wird aber auf beiden Seiten des Atlantiks komplett ignoriert. Ein weiterer ebenso erfolgloser Versuch fand 1983 mit „Ark“ statt. Nach der Autobiographie er 1988 das Album „I Used to Be an Animal“, das mittelmäßig aufgenommen wird. Wir müssen auf 2004 und „My Secret Life“ warten, bis Eric Burdon ein Comeback feiert, das diesen Namen verdient. 2006 würdigt der Sänger John Lee Hooker und Ray Charles mit „Soul of a Man“, ein Album von ausgezeichneter Qualität.

Hilfe von Bruce Springsteen

Doch der Name Eric Burdon sorgte in der Öffentlichkeit für keine Aufmerksamkeit mehr. Das ist der Moment, in dem Bruce Springsteen die Unterstützung eines seiner leidenschaftlichsten Bewunderer findet. The Boss bietet Eric Burdon die Möglichkeit, während seines Auftritts beim Southwest Festival 2012 in Austin, Texas, die Bühne mit ihm zu teilen. Eric Burdon nimmt mit The Greenhornes eine EP auf. Alternative Rockband aus Cincinnati, Ohio. Nach diesem Exkurs in Form einer Vorspeise liefert Eric Burdon endlich das Album, auf das alle seine Fans lange gewartet haben. „Til Your Rivers Run Dry“, das im März 2013 veröffentlicht wurde, bietet einer der größten Stimmen des Rocks endlich seine Erlösung im Alter von einundsiebzig Jahren.

Vor zwei Jahren coverte er „For What It’s Worth“ von Buffalo Springfield. An seinem 76. Geburtstag veröffentlicht er eine Erklärung zu seinen Beweggründen: „Die ganze Idee, dieses Lied aufzunehmen, kam aus einem Gespräch mit einem jungen Backstage-Fan, als sie mich fragte: ‚Wo sind die Protestlieder heute?‘ Genau da und dort wollte ich etwas über die Brutalität schreiben, die heute in der Welt vor sich geht, aber Buffalo Springfield hat es in ‚For What It’s Worth‘ getan.“

„Ich dachte daran, diesen Klassiker wieder einzuführen, der genauso Realität ist wie in Vietnam. Die Botschaft ist klar. Der Rassismus ist zurück, stärker als je zuvor. Der Kampf zwischen den Geschlechtern ist am Siedepunkt. Gewalt ist außer Kontrolle geraten. Unser Heimatplanet ist in Gefahr. Es ist Zeit, erwachsen zu werden und Verantwortung zu übernehmen. Wir müssen aufwachen, bevor es zu spät ist. Alles, woran wir geglaubt haben, alles, wofür Menschen gekämpft haben und wofür sie gestorben sind, wird heute angegriffen. Wir begannen damit, Trennungen zwischen den Rassen und zwischen uns allen zu überbrücken. Die Musik, die ich liebe, wurde von den Klängen und Töchtern von Sklaven geschaffen. In meinem Lebenswerk ging es immer darum, diese Menschen, die so sehr gelitten haben und dann eine Sprache von Frieden und Erlösung schufen, zu ehren. Wir schulden es denen, die wir verloren haben, und zukünftigen Generationen. Also mach mit, sing mit, sprich gegen den Wahnsinn. Wir haben keine Angst.“

Tourdates Eric Burdon

30 Sep AFAS Live Amsterdam Zuidoost, Netherlands
01 Oct Westfalenhalle / Halle 2 Dortmund, Germany
02 Oct Mitsubishi Electric HALLE Dusseldorf, Germany
04 Oct Stadthalle Rostock Rostock, Germany
05 Oct MESSE DRESDEN, HALLE 1 Dresden-gittersee, Germany
06 Oct Meistersingerhalle Nurnberg, Germany
08 Oct L’Olympia Paris, France
15 Nov Thousand Oaks Civic Arts Plaza Thousand Oaks, CA