Bonns ältester Platten- und CD-Laden macht endgültig Schluss. Nach fast 25 Jahren in der Maximilianstraße und knapp drei Jahren in der Münsterstraße ist es an der Zeit, vielen Dank und Tschüss zu sagen“, sagt Bernd „Bernie“ Gelhausen. Silvester 2020 macht der Kultladen in der Bonner Innenstadt Schluss – für immer, wie Bernie betont.
Von Dylan Cem Akalin
Die Reflexe sind jetzt wieder absehbar. So wie beim Metropol-Kino, bei Carthaus oder Puppenkönig. Jetzt werden viele bedauern, dass das Fachgeschäft für Rock-, Blues- und Jazz-Platten schließen wird. Aber es sind nicht die Stammkunden, die Mr. Music fehlen, es ist die Laufkundschaft, es sind die mangelnden Verkäufe von einzelnen CDs und Vinylplatten an Kunden, die für Ticketkäufe vorbeischauen. „Von der Stammkundschaft alleine kann ein Geschäft leider nicht leben“, sagt Bernie bedauernd und schaut voller Dankbarkeit zurück: „Im November 1992 öffneten wir unsere Pforten und tummelten uns seitdem über die Jahre in den Top 5 der unabhängigen Platten-Fachgeschäften Deutschlands. Aber selbst in solch einer Position ist man vor vielen Schwierigkeiten und Problemen nicht geschützt.“
Bei der Schließung spielen viele Faktoren eine Rolle: „Der aktuellste und schwerwiegendste ist da natürlich die Corona-Krise“, sagt Bernie. Leute, die lustvoll durch die Platten wühlen, um etwas Neues zu entdecken und zu kaufen, sind heutzutage eine Seltenheit.
„Aber auch die Digitalisierung in Form von vermehrten Internetverkäufen und verändertem Hörverhalten in Richtung Streamingdienste tun ihr Übriges. Hinzu kommt noch, dass man es als kleiner Einzelhändler in einer stetig unattraktiver und seelenloser werdenden Innenstadt immer schwerer hat“, sagt Bernie. Durch Baustellen und Verkehrschaos kommen immer weniger Menschen fürs Plattenstöbern in die Stadt.
Außerdem entstehe der Eindruck, „dass man in der Stadtverwaltung geradezu daran interessiert ist, den höchstbietenden Investoren der Textil-Wegwerf-Discounter und Fressbuden-Ketten die kleinen Geschäfte zu opfern. Der örtliche Einzelhandel wird dann in B- und C-Lagen gedrängt und muss wegen des Wandels in der Stadt trotzdem horrende Mieten bezahlen, die durch immer kleiner werdende Gewinnspannen nicht mehr ausgeglichen werden können.“ Die immensen Beeinträchtigungen durch Baustellenlärm und Umleitungen der Fußgängerströme zwangen Gelhausen schon vor drei Jahren, sein Geschäft an der Maximilianstraße aufzugeben. Mal stand plötzlich ein Kran direkt vor dem Ladeneingang, dann versperrten Lkws den Zugang oder Absperrgitter – bis Gelhausen entnervt aufgab.
Als Letztes kommt der Wandel in der Plattenindustrie selbst dazu. Gelhausen: „Als Plattenladen hat man es immer schwerer, sich mit exklusiven Veröffentlichungen und ansprechenden Angeboten als attraktive Anlaufstelle für Musikfans zu etablieren, weil diese Besonderheiten oftmals den Großkonzernen oder Bandshops vorbehalten ist. Die Industrie wandelt sich, und wir haben mit der Neueröffnung versucht, dem Wandel noch ein wenig entgegenzuwirken – der Versuch ist hiermit aber nicht geglückt.“
Bei den Topangeboten haben Konzerne wie Amazon den Finger auf den Neuerscheinungen, und zwingen Vertriebspartner nach J&R-Informationen, sie bevorzugt zu beliefern. Kleine, unabhängige Plattenläden haben dann das Nachsehen. Wenn der Kunde zweimal, dreimal nicht gleich seine neue Dylan-Platte oder Deep Purple-CD bekommt und die Erfahrung macht, dass er sie über den Internethandel eher erhält, dann bleibt dieser auf Dauer weg. So einfach und brutal läuft es heutzutage im Einzelhandel.
Doch Gelhausen schaut nicht voller Zorn auf sein Geschäftsleben. „Musik ist und war schon immer mein Leben und ich betrachte es als großes Privileg, dass ich mein liebstes Hobby über Jahrzehnte zum Beruf machen durfte. Allerdings muss man auch erkennen, wenn es wieder zum teuren Hobby wird, und dann die Konsequenzen ziehen. Dennoch überwiegt für mich klar das Positive, an der Stelle möchte ich mich bei all den vielen treuen Stammkunden bedanken, die ich kennenlernen durfte und die mich über die Jahre unterstützt, den Laden am Laufen gehalten haben und mit denen ich mich über Bands, Konzerte und sowieso über Gott und die Welt austauschen konnte. Nur dank euch war unser Erfolg möglich, dafür nochmals mein tiefster Dank an euch! Ich hoffe sehr, dass wir uns bei den bald wieder (normal) stattfindenden Konzerten auf das ein oder andere Glas Kölsch oder Whiskey treffen können.“ Ich bin sicher, dieses Angebot werden viele annehmen, Bernie!
Bis zum 31.12.2020 sind Bernie und sein Mr. Music-Team noch für euch da „mit allen Services, die ihr von uns gewohnt seid“. Und wie schon bekannt gegeben, findet das jährliche Konzert vom niederländischen Bluesrock-Gitarristen Julian Sas, das Bernie schon seit Jahrzehnten immer im November in der Bonner Harmonie veranstaltet, wegen der Corona-Situation dieses Jahr nicht statt. Das Konzert ist auf den 27.11.2021 verschoben, bereits gekaufte Karten behalten ihre Gültigkeit. Alles Gute, Bernie! Cheers!