Ed Sheeran’s „No 6 Collaborations Project“ – starke Songs und doch…

Ed Sheeran FOTO: Warner Music

Der Mann mit der faszinierenden Mischung aus liebenswürdigem, selbstironischem Charme und zielorientiertem Ehrgeiz ist ein echtes Phänomen. Was er anpackt, wird zu Gold. Und das ist vielleicht das Problem auf dem neuen Album. Er ist mit einer beeindruckenden Stimme gesegnet und einem gigantischen Talent fürs Songschreiben. Ed Sheeran’s No.6 Collaborations Project packt dich genau da, wo deine Seele tanzt. Und doch…

Von Dylan Cem Akalin

Kein Mensch ist eine Insel. Auch darum geht es in diesem Album wohl, zeitgenössischen Pop- und Urban Sounds zu vereinen. Ed Sheeran hat diesen langjährigen Trend mit seinem No.6 Collaborations Project zu seiner natürlichen Apotheose gemacht. Es enthält 15 Songs, die er alle mit bekannten Partnern aufgenommen hat.

Ed Sheeran hat bereits mit Elton John, Eric Clapton und den Rolling Stones zusammengearbeitet. Die Liste der Duettpartner auf dem neuen Album liest sich wie ein Who-is-Who der Chartkönige: Neben Künstlern wie Eminem und 50 Cent sind jede Menge Nr. 1-Stars  dabei wie Kardi B, Camila Cabello, Khalid, Justin Bieber, Bruno Mars, Travis Scott, Skrillex, Meek Mill und A Boogie Wit Da Hoodie. Die meisten Künstler kommen vom selben Label wie Sheeran – Atlantic Records, was den Verdacht nährt, dass das Album ein Marketingcoup des Musikkonzerns ist. Produzent Skrillex veröffentlicht Musik über das Label Big Beat, das sich unter dem Dach von Atlantic befindet. Rapper Young Thug bringt seine Musik auf Atlantic heraus, und Stormzy steht bei Atlantic UK unter Vertrag.

Dauerbrenner auf Hochzeiten

Nun, ein großer Spaß ist das Album dennoch: Die Bandbreite reicht von der Akustik-Ballade „Best Part of Me“ (mit Yebba), das sicher demnächst jede Hochzeitsparty bestimmen wird, über den ungekünstelten Hip-Hop von Travis Scott bis zu einem unerwarteten rockigen Ausbruch auf „Blow“, der an Queens of the Stone Age erinnert.

Wunderschön: das Pop-Juwel „Take Me Back To London“, das die Freundschaft zwischen Sheeran und Stormzy beschreibt und die Kontraste ihrer Persönlichkeiten thematisiert. “Chat shit, get banged … all those stupid pricks on the ‘gram,” zischt Stormzy und Sheeran singt: “I’m back in the biz with my guys, give me a packet of crisps and a pint.“

Und die Songs sind wieder von so gnadenlosem Rhythmusgefühl, der Sound strebt merklich in Richtung R & B. Das Khalid-Feature „Beautiful People“ weist eine unvergessliche Melodie auf, bei „Put It All on Me“ mit Ella Mai leitet ein beharrlicher Gitarrenhook träge über einem Breakbeat durch den Song. „South of the Border“ klingt indes ein wenig wie „Shape of You“ (vor allem aufgrund der Rhythmusspiele).

So mache Kollaboration passt nicht

Khalids Stil passt gut zu Sheeran. Aber dann lässt sich Sheeran mit Hip-Hop-Stars ein, deren prahlerische Verse von Berühmtheit und Glamour irgendwie nicht so recht zu Sheerans Image des Bescheidenen passen. Beim Duett mit Khalid kommen die Zeilen “Lamborghinis and their rented Hummers… champagne and rolled-up notes” ja noch recht ironisch rüber. Auch im Song mit Eminem / 50 Cent geht es darum, dass Sheeran als Außenseiter aufgewachsen ist („My dreams are bigger than just bein‘ on the rich list“).

Aber wie ist es, wenn Cardi B. sing “You want the lips and the curves, need the whips and the furs/ And the diamonds I prefer, and my closet his and hers.”?  Paulo London und Dave stehen auf Chanel („Ich bin eine Fashionista“). Sheeran bewegt sich hier mit erbarmungslosen Materialisten… In der Regel geht es in seinen Songteilen doch darum, wie er Partys eigentlich hasst (“I Don’t Care”, “Anti-Social”), aus bescheidenen Verhältnissen stammt (“1000 Nights”, “Remember The Name”) oder eben sehr verliebt ist in eine Frau, die übrigens ohne Make-up heißer ist: Auf “Remember The Name” singt er“My wife wears red, but looks better without the lipstick”.

Insgesamt: ein cooles Album, bei dem ein gewisses Geschmäckle bleibt, dass es um reine Geldmacherei geht.

Ed Sheeran live

Anfang August kommt Ed Sheeran im Rahmen seiner internationalen „÷“-Stadiontour ein letztes Mal nach Deutschland, bevor sie im August mit besonderen Homecoming-Shows in West Yorkshire und Suffolk zu Ende geht:

02.08. Hannover, Messegelände (ausverkauft)
03.08. Hannover, Messegelände