Duran Duran werden mit „Future Past“ ihrem Anspruch als Ikonen des 80er-Jahre-Pop voll gerecht

Duran Duran FOTO Stephanie Pistel

Manch einer bezeichnet Duran Duran als die in die Jahre gekommenen „Wild Boys“. Älter geworden sind sie vielleicht schon, aber das neue Album „Future Past“, das erste nach sechs Jahren Pause, hat die Finesse eines englischen Sportwagens.

Von Dylan Cem Akalin

Auch nach 40 Jahren Karriere legen Duran Duran ein Pop-Album von gewisser Bedeutung vor – mit Gastauftritten von Graham Coxon von Blur und dem langjährigen David Bowie-Pianisten Mike Garson sowie der schwedischen Sängerin Lykke Li. Die Band um den charismatischen Sänger Simon Le Bon wird mit „Future Past“ ihrem Anspruch als Ikonen des 80er-Jahre-Pop voll gerecht. Der Sound ist so aufrüttelnd fantastisch wie eh und je, und die Band scheint immer noch fest entschlossen, die Musik von Duran Duran ins 21. Jahrhundert zu transformieren. Die in Birmingham gegründete Gruppe setzte sich in der ersten Hälfte der 80er Jahre dank Alben wie „Rio“ von 1982 und Singles wie „Hungry Like the Wolf“, „The Reflex“, „Wild Boys“ und „Planet Earth“ eine erstaunlich hohe kreative Messlatte.

Der Sound von Duran Duran

Daran müssen sich Duran Duran bis heute messen lassen. Der Sound von Duran Duran ist sofort wiederzuerkennen, Glamour durchsetzter Rock-Pop, in dem Sound und Stimmung akribisch zu kleinen Gesamtwerken geschaffen werden – wie geschaffen für das neue Streaming-Pop-Zeitalter, die Stimme von Simon Le Bon ist die unschätzbare Visitenkarte der Band.

Es sind diese sorgfältig gesetzten Sequenzen in den raumeinnehmenden Popsongs, die den Hörer auf eine Reise mitnimmt. Das Leitprinzip von „Future Past“ bleibt dabei das gleiche wie für fast jedes Duran Duran-Album: Erforsche neue Sounds und Möglichkeiten, die die Band in die zeitlose Zukunft katapultieren können.

In der Vergangenheit hat Duran Duran dieses Ziel dadurch erreicht, indem man konsequent mit Produzenten zusammenarbeitete, die für neue kreative Popmusik standen, Leute wie Colin Thurston (David Bowie, Talk Talk, Kajagoogoo), Nile Rodgers (Daft Punk, Diana Ross, Madonna, Grace Jones) und Mark Ronson (Bruno Mars, Lady Gaga, Amy Winehouse). „Future Past“ ist da keine Ausnahme. Gitarrist Graham Coxon ist für abenteuerliche Soloarbeit bekannt, auf „Invisible“ zaubert er rasierklingenscharfe Akzente oder zarte Schattierungen auf dem Titeltrack.

Augenzwinkernde Auseinandersetzung mit der Vergangenheit

Bei „Beautiful Lies“ und „Tonight United“ arbeiten sie mit Giorgio Moroder zusammen. „Beautiful Lies“ erinnert ein wenig an das Frühwerk der Pet Shop Boys, weist aber auch mit einem schelmischen Augenzwinkern auf die Vergangenheit Duran Durans. Der Text erwähnt sowohl „Cherry Ice“ als auch „Paradise“…

Ein Großteil des Albums enthält Koproduktionen mit dem britischer DJ und Remixer Erol Alkan, der vor allem für den Remix des Tracks „Can’t Get You out of My Head“ von Kylie Minogue bekannt ist und unter anderem die herausragenden Reunion-Alben von Ride und die Single „The Man“ der Killers geleitet hat. Auf „Future Past“ schafft er einen Mix, bei dem jedes Mitglied von Duran Duran hörbar ist und jeder Musikteil seinen eigenen präzisen Platz in einem Song hat: John Taylors funky Bass, Roger Taylors sagenhaft konzentriertes Schlagzeugspiel und Nick Rhodes‘ esoterische Keyboard-Exkursionen.

Natürlich gibt es bekannte Mittel, denen sich die Band bedient: „Anniversary“ zum Beispiel verbindet eine Bassline, die „Relax“ von Frankie Goes to Hollywood ähnelt, und ihr einen typischen Duran-Chorus a la „Wild Boys“ verpasst. Und da ist immer noch die Leidenschaft, die aus jedem Song spricht.

„Velvet Newton“

In diesem Sinne ist „Future Past“ vielleicht auch ein klanglicher und thematischer Rückblick auf „Rio“. „Give It All Up“ ist eine pulsierende Elektro-Disco-Nummer voll romantischer Glanzlichter a la George Michael, die Nick Rhodes wie fließende Keyboard-Wellen funkeln lässt. „More Joy!“ bewegt sich auf Rhythmen wie geschaffen von Kraftwerk, dazu knistert der süßliche Synthiesound bei überschwänglichen Gesangsakzenten der japanischen Rockband Chai. „Velvet Newton“ spielt mit Elementen von Tangerine Dream.

Und Balladen können sie sowieso: Wer vergisst schon „Save a Prayer“? „Ordinary World“? Simon Le Bons genialer, einfühlsamer Gesang verzaubert bei „Wing“, eine fast etwas altmodische Ballade mit einer verdrehten Melodie und introspektivem Text. „Nothing Less“ beginnt hymnisch mit ätherischen Synthesizern und einem Herzpuls-Rhythmus. Der Refrain mit Call-and-Response-Gesang, seltsamen Synths und synkopierten Rhythmen verschmelzen zu etwas Großartigem.

„Falling“

„Falling“ ist der einzige Song auf dem Album, der ausschließlich von den vier Mitgliedern der Band (Simon Le Bon, Nick Rhodes, John Taylor und Roger Taylor) geschrieben wurde. Das Klavier ist eng mit David Bowie verbunden.

Der Titeltrack hingegen ist eine Reminiszenz an das Melodram der New Romantis und in der Ferne echot Ultravox‘ „Vienna“, wenn Le Bon singt: “So don’t you cry, for what will never last / Each moment created in time, it’s all a future past / that we are living now”.