Die Magie vom Freak Valley Festival auf Vinyl: Wir stellen LPs von Rock Freaks Records vor

Das Freak Valley Festival in Netphen in der Nähe von Siegen ist ein Geheimtipp unter Musikfreunden, die unkommerziellen Rock, Stoner Rock, Doom, Blues und Psychedelic lieben. Vom 15. bis 18. Juni 2022 werden wieder rund 5000 Fans erwartet. Schon als mit Fu Manchu erst eine Band feststand, die im kommenden Jahr auftreten wird, waren die Tickets bis auf ein paar wenige für einen Tag ausverkauft. Das zeigt, wie sehr die Fans den Machern des Festivals vertrauen und welchen Kultstatus das Fest hat. Zurzeit stehen nur diese Bands noch fest: High On Fire, eine US-amerikanische Band, die zum Genre Stoner Metal, Doom Metal und Sludge Metal zugehörig gilt, und die schwedische Hard-Rock- und Doom-Metal-Band aus Örebro Witchcraft.

Das Festival ist mittlerweile ein Phänomen nicht nur in NRW sondern auch weltweit, was auch 2019 der WDR Rockpalast entdeckt hat. Kult sind auch die Platten vom Vinyl-Only Label „Rock Freaks Records“, das zum Freak Valley Festival gehört und meistens Liveaufnahmen vom Festival veröffentlicht – in limitierter Auflage. Wir stellen vier herausragende Veröffentlichungen vor: Galactic Superlords aus Köln mit „Fright Train“ (Studioalbum), erschienen 2020; „Destroy Freak Valley“ von Crippled Black Phoenix; King Buffalo „Live at Freak Valley 2019“ und Electric Moon „Live at Freak Valley“.

Von Dylan Cem Akalin

Galactic Superlords

„Freight Train“ ist das zweite Album der Galactic Superlords. Der Hardrock der 1970er Jahre hat es den Galactic Superlords angetan. Was die Kölner voller Wucht und Leidenschaft machen, geht eindeutig in Richtung Deep Purple und, schon wegen des Einsatzes von Twin Guitars, Thin Lizzy. Und Katharina Heldt besticht nicht nur durch kraftvollen, sehr explizitem Gesang. Die Frontfrau singt wohltuend schnörkellos, sehr bodenständig, oft mit sattem Brustgesang mit einer federnden Energie, die kurz vor einer gewissen Sprödigkeit endet. Ihr Stil tut so gut in einer Zeit, wo es insbesondere Sängerinnen häufig überdrehen mit Windungen und Verschlingungen und Verspieltheit in der Stimme. Dabei lässt die Heldt auch weibliche Züge erkennen, zum Beispiel beim Intro zu „Leviathan“, ein Song, der bisweilen auch an Golden Earring erinnert.

Und Dennis Sennekamp kann nicht nur Gitarre spielen, der Kölner, der im Hauptberuf Redakteur beim Bonner General-Anzeiger ist, beweist auf einigen Stücken auch Sängerqualitäten. Er hat diese butterweiche Glasur auf dem Crunch, den so manche Bands des britischen New Waves gerne zelebrierten, nur dass Sennekamp ihn in den Metal transformiert.  

Ein weiteres Markenzeichen der Band: eine erstaunliche Musikalität in Instrumentalteilen mit interessanten Arrangements und abwechslungsreichen Brüchen, Tempiwechsel, ordentlich Power, schöne Riffs und die melodischen Twin-Leads von Alex Miller und Sennekamp.

Crippled Black Phoenix

„Destroy Freak Valley“ von Crippled Black Phoenix ist nicht nur ein Live-Dokument der Band-Phase mit Sänger Daniel Änghede, der von 2012 bis 2019 bei der britischen Post-Rock-Band dabei war. CBP-Chef Justin Greaves hat einen ziemlichen Verschleiß an Sängern – aber immer ein gutes Händchen bei der Wahl. Diese Konzertaufnahme bekundet auch die Live-Eigenschaften der Band, die in direkter Verwandtschaft zu Pink Floyd steht. Die epischen Werke wie „No!“ oder „Song For The Loved“ könnten auch von Pink Floyd sein, wenn sie nicht Ende der 70er Jahre vom Weg abgekommen wären – Jonas Stallhammers Gitarre schreit indes schon mal wie auf „The Wall“. Die Sounds, die CBP schafft, sprengen irdische Ausmaße. Greaves, Änghede, Mark Furnevall (Keyboards), Daisy Chapman (Piano und Gesang), Ben Wilsker (Drums), Stallhammer, Niall Hone (Bass) und Belinda Kordic (Banshee) sind mit ihrer Musik dem Himmel ganz nah.

King Buffalo

Stoner Rock mit langen meditativen Jam-Passagen und ganz viel psychedelischen Inhalten bietet King Buffalo. Das Trio aus Sänger/Gitarrist Sean McVay, Bassist Dan Reynolds und Schlagzeuger Scott Donaldson nennt ihre Musik „Heavy Psych“. Das ist Kiffermusik, in der Jimi Hendrix auf Pink Floyd, My Sleeping Karma auf Queens of the Stone Age treffen. Auf dem Doppelalbum „Live At Freak Valley“ sind Stimmung und Sounds eines Festivalauftritts genial eingefangen. „Meine Lieblingsplatten waren schon immer Live-Alben. Der Vibe hat etwas an sich, der es Musikern ermöglicht, sich von der Energie der Menge zu ernähren und die Dinge auf eine andere Ebene zu bringen“, erklärt auch Scott Donaldson selbst.  

Das Repertoire besteht aus Stücken von ihrem Debüt „Orion“ (2016), dem zweiten Album „Longing to Be the Mountain“ sowie dem Titelstück der Repeater-EP von 2018. Die Energie ihrer Performance ist beeindruckend. Die schweren psychedelischen Grooves und der Fluss innerhalb der Songs hat sowohl etwas Anmutiges als auch Intensives. Der Opener „Sun Shivers“ ist noch etwas zurückhaltend, aber schon mit „Longing to Be the Mountain“ und „Repeater“ in einer wunderschönen 25-minütigen Mischung aus geschmolzenen, gewichteten Psychedelika geht die Band voll auf Risiko. Die Ästhetik aus den Studioalben macht live Platz für eine rauere Herangehensweise, die von der Gitarre erzeugten Soundeffekte sind wie eine Reise ins Innenleben der Musiker.

Electric Moon

Der WDR-Rockpalast hat Electric Moon, eine psychedelische Krautrockband aus Hessen, 2019 beim Freak Valley Festival aufgenommen. Das Doppelalbum „Live At Freak Valley Festival 2019“ weist gerade mal fünf Stücke auf, was zeigt, dass das Trio nicht für radiotaugliche Musik von dreieinhalb Minuten steht. Minimale Zeitverzögerungen der bis zum Anschlag verzerrten Gitarre, modulierte Frequenzen, Phasenverschiebungen und Rückkopplungen sind Mittel, mit denen entrückte Sounds geschaffen werden – bevorzugte Klänge, die Sula Bassana aka Dave Schmidt für sein faszinierendes episches Spiel zwischen Psychedelic Rock, Elektronica, und Experimental nutzt. Während die Gitarre kreischt, quietscht, säuselt, rockt oder dahingleitet auf sonnenbeschienenen Farbtönen, bleibt der Bass von Komet Lulu auch schon mal 20 Minuten lang der stoische Begleiter des Solisten. Schlagzeuger Pablo Carneval treibt hingegen den Gitarristen auch schon mal vor sich her, wenn er das Tempo seines abgebrüht-kraftvollen Drumspiels anzieht und die Entladungen und Ideenströme des Gitarristen zu neuen Wendungen zwingt. Die Acid-Rocker spielen in einer ganz eigenen Liga.