Am Montag wäre Freddie Mercury 70 Jahre alt geworden. Der Knesebeck Verlag hat eine wunderschön illustrierte Biographie des Queen-Sängers herausgebracht.
Von Cem Akalin
Der Mann mit dem auffälligen Überbiss und dem Schnäuzer, der ihn nur noch mehr betonte, streckt das rechte Bein nach hinten, der nackte, behaarte Oberkörper ist durchgedrückt. Brust raus, Kopf nach oben, die Faust erhoben. Es ist die Geste eines athletischen Tänzers, der seine Figur auf den Schlussakkord beendet hat. Die Haltung eines Siegers. Dabei war es an diesem Abend des 9. August 1986 in Knebworth Park alles andere als das. Oder vielleicht doch? Es sollte Freddie Mercurys letzter Live-Auftritt mit seiner Band Queen sein. Am 24. November 1991 starb der Mann mit dem Hang zur operesken Dramatik an den Folgen von Aids. Am 5. September wäre der charismatische Frontmann der britischen Rockformation Queen 70 Jahre alt geworden. Anlässlich seines Geburtstages hat der britische Musikjournalist Mark Blake einen wunderbaren Bildband herausgegeben mit teils selten oder nie veröffentlichten Bildern und einer spannend geschriebenen Biographie mit dem passenden Titel: „Freddie Mercury – A Kind of Magic„.
Bis heute ist immer noch völlig unbekannt, wo die Asche der wohl größten Dramaqueen in der Popgeschichte verstreut wurde. Es gibt Gerüchte, der Boulevard wärmt wärmt immer wieder Spekulationen auf, und die Fans meinen zu wissen, wohin sie zu pilgern haben, um dem Geist Mercurys nahe zu sein. Feststeht lediglich, dass seine Asche seiner langjährigen Vertrauten Mary Austin anvertraut wurde, die sie zwei Jahre lang bei sich zu Hause aufbewahrte. Dann erst verstreute sie sie – nach den Wünschen Mercurys. Er selbst wollte, dass es ein Geheimnis bleibt, weil er wusste, wie besessen Fans sein können. Manche meinen, die Asche habe sich auf den Grund des Genfer Sees gesenkt, wo es eine große Statue von ihm gibt. Vor drei Jahren entdeckte die britische Tageszeitung „Mirror“ auf dem Friedhof eines Londoner Krematoriums eine Gedenktafel mit dem bürgerlichen Namen Mercurys an einer Säule: Farrokh Bulsara.
Auf der Tafel, die fast ein wenig verborgen auf dem Kensal Green-Friedhof angebracht ist, stehe: „In liebender Erinnerung an Farrokh Bulsara. 5 Sept. 1946 – 24. Nov. 1991. Um dir immer mit all meiner Liebe nahe zu sein“. Signiert ist die Widmung allein mit „M.“ — Mary Austin? Mercury hatte sie stets „meine Frau“ genannt und ihr ein Millionenvermögen hinterlassen, inklusive einige Rechte an seinen Songs.
Mark Blake, der über die vielen Jahre, die er die Band journalistisch begleitete, zu allen Beteiligten ein enges Verhältnis pflegte, geht auf diese Fragen nicht ein. Dafür zeichnet er ein sehr detailliertes Bild des Rockstars, beschreibt die Kindheit Mercurys, der als Sohn des indischstämmigen britischen Regierungsangestellten Bomi Bulsara und seiner Frau Jer auf der Insel Sansibar heranwuchs. Die Eltern sendeten in schon früh auf ein britisches Internat nach Indien, Anfang der 1960er Jahre wanderten sie aufgrund der politischen Unruhen auf der ostafrikanischen Insel nach England aus. Das Leben des Freddie Mercury liest sich fast wie ein Bildungsroman – vom einfachen unbedarften Jungen aus der ostafrikanischen Provinz zum weltgewandten Entertainer, der sogar mit der großen Operndiva Montserrat Caballé auftrat. Blake erzählt es wie ein Musicalmärchen in zehn Akten: ein Genuss nicht nur für Queen-Fans.
Mercury entschied ganz früh, eines Tages Rockstar zu werden, und für dieses Ziel setzte er seine ganze Energie ein. Seine späteren Bandkollegen Brian May (Gitarre) und Schlagzeuger Roger Taylor lernte er schon früh am College in West-London kennen. Die beiden spielten bereits in einer Bluesrockband, die Mercury bewunderte. Die Entstehungsgeschichte von Queen ist eng verknüpft mit der des lange verschmähten, recht exzentrischen jungen Mannes, der zunächst alles andere als ein guter Sänger war. Dafür war der Junge mit den großen, intensiven dunklen Augen und den fast femininen Gesichtszügen ein charismatischer Typ, den alle einfach gern haben mussten mit seiner Leidenschaft für die Musik, vor allem für seine Begeisterung für Jimi Hendrix, den er sich neunmal hintereinander in London angeschaut haben soll, für Led Zeppelin und David Bowie, dem er einst als Aushilfsverkäufer Schuhe anpasste. Blakes Buch ist eine Schatzkiste von Anekdoten, herrlichen Zitaten des buntesten Paradiesvogels, den es im Rockzirkus gegeben hat. Auf seine mögliche Homosexualität wurde der Beau schon früh angesprochen. Seine Antwort: „Findet es selbst heraus.“
Mercury, der im privaten Umfeld eher ein zurückhaltender Typ gewesen sei soll, lebte für die Bühne: „Ich trete wirklich gern aus“, sagte er einmal. „Für mich ist das ganz natürlich. Ich bin ein Dandy, ein Angeber. Die ganze Aufmerksamkeit berauscht mich. Ich finde sie toll.“ Nur im Tod wollte er seine Ruhe.
Mark Blake: Freddie Mercury – A Kind of Magic, Gebunden, 224 Seiten, mit 200 farbigen Abbildungen, Preis: 34,95 Euro. ISBN 978-3-86873-851-3