Das ist mehr als ein Ritterschlag, in den USA ist das schon fast eine Heiligsprechung: Als erster Popstar überhaupt darf Billy Joel am 22. und 23. Juni 1990 zwei Konzerte im Yankee Stadium geben. Er ist nicht der erste, der auf diesem Rasen auftreten darf. Die Beach Boys waren schon hier. Aber er ist der erste, der dort zwei Abende hintereinander auftritt. Jedes Mal ausverkauft. Später schaffen das auch U2 und Pink Floyd. Billy Joel ist auf seiner „Storm Front“-Tournee, die ihn vom Dezember 1989 bis März 1991 in 84 Konzerten um die ganze Welt führt. Das legendäre Konzert ist nun erschienen. Billy Joel: Live At Yankee Stadium. (Columbia Records / Legacy Recordings) gibt es als 2-CD-Set, 3-LP-Version, Blu-ray und digital.
Von Dylan Akalin
Kaum fährt die Nadel auf die Platte, hört man schon den frenetischen Jubel. Das kann einen Künstler nicht ungerührt lassen. Billy Joel ist euphorisiert. Das hört man auf jedem Song dieser sensationellen Aufnahme. Die New York Times schrieb damals in der Konzertkritik: „Gerade genießt Mr. Joel einen der glücklichsten Momente seiner Karriere.“ Und Tom Mackay, President der Premium Content Division von Sony Music Entertainment, lässt sich zitieren: „Der Auftritt eines gebürtigen New Yorkers im Yankee Stadium ist natürlich die ideale Voraussetzung für eine tolle Live-Atmosphäre. Wir freuen uns sehr darüber, es den Fans zu ermöglichen, dieses Konzert zu verfolgen und zu den größten Hits einer Musiklegende abzurocken.“
Natürlich ist es auch ein tolles Erlebnis, das Konzert auf Blu-ray zu sehen, aber auf Vinyl ist der Musikgenuss wirklich einmalig. Man kann ein Live-Album nicht mit einem Konzerterlebnis vergleichen. Aber in der Rock- und Popgeschichte gibt es Livealben, die in die Hall of Fame der Liveaufnahmen gehören. Jeder wird eins nennen können. Beim Liveerlebnis ist es das ganze Paket: das Zusammengehörigkeitsgefühl, die freudige Atmosphäre, der Sound, die Ausstrahlung der Künstler. Das alles kann eine Liveaufnahme nicht rüberbringen, aber schon die Leuchtkraft des Performers. Und das tut „Live At Yankee Stadium“ allemal.
Die Aufnahmen, die an zwei Abenden im Juni 1990 entstanden, unterstreichen Joels Qualitäten als Popsänger und Songwriter. Der Künstler drückt aus jeder Pore die Liebe zu New York aus und das mit Songs, die, ähnlich wie die New Yorker, sowas wie ein Schmelztiegel von Stilen ist: Pop, Jazz, Folk, Rock und sogar Referenzen zum Doo-Wop seiner Jugendzeit. Der damals 41-Jährige war schon ein Superstar, nach einem ziemlich schwierigen Start hatte er sich hochgearbeitet und galt zu diesem Zeitpunkt schon als lebende Legende. Sein gerade erschienenes Album „Storm Front“, das Hits wie „We Didn’t Start The Fire“ und „I Go to Extremes“ gebar, hatte wieder einmal die Charts gestürmt. Was will man mehr?
Auf den Alben sind praktisch alle wichtigen Songs, die er bis dato geschrieben hat, vertreten. Ernste Songs wie „Scenes From an Italian Restaurant“, „Goodnight Saigon“ oder „Big Shot“ über den Egoismus im Showbusiness, überschwängliche Selbstreflexionen wie „I Go to Extremes“, „My Life“ oder „An Innocent Man“ und natürlich seine unsterblichen Hits „We Didn’t Start the Fire“, eine Hochgefühl ausdrückende Version von „Shout“, „Uptown Girl“ oder „It’s Still Rock-and-Roll to Me“. Das Album und das Konzert seinerzeit beendet er mit seinem wohl bekanntesten Song „Piano Man“.
Begleitet wird Joel von einer exzellenten Band, die sich auf jede Stimmungsnuance einstellen kann, egal ob klassischer Pop, Piano-Ballade oder Hardrock, wie etwa die Version von „You May Be Right“. Die Band trägt die Energie des Künstlers mit wie eine gut eingestimmte Fliegerstaffel.
Tracklist:
- Seite A (19:18):
- Storm Front (5:33)
- Allentown (3:57)
- Prelude/Angry Young Man (5:09)
- I Go To Extremes (4:40)
- Seite B (19:49):
- New York State Of Mind (6:04)
- The Downeaster ‘Alexa’ (4:42)
- My Life (4:39) [FROM 6/22/90]
- Shameless (4:24) [FROM 6/22/90]
- Seite C (20:37):
- Scenes From An Italian Restaurant (7:37)
- Pressure (5:20)
- Miami 2017 (I’ve Seen The Lights Go Out On Broadway) (4:30)
- Uptown Girl (3:10) [FROM 6/22/90]
- Seite D (18:22):
- We Didn’t Start The Fire (5:10)
- A Matter Of Trust (4:09)
- Only The Good Die Young (3:24) [FROM 6/22/90]
- That’s Not Her Style (5:39)
- Seite E (15:36):
- Big Shot (5:02)
- Goodnight Saigon (7:17)
- It’s Still Rock And Roll To Me (3:17) [FROM 6/22/90]
- Seite F (17:16):
- An Innocent Man (6:19)
- You May Be Right (5:02) [FROM 6/22/90]
- Piano Man (5:55) [FROM 6/22/90]
Besetzung:
- Bass – Shuyler Deale
- Gesang – Billy Joel
- Gitarre – David Brown, Tommy Byrnes, Billy Joel, Crystal Taliefero
- Keys – Jeff Jacobs, Billy Joel
- Schlagzeug – Liberty DeVitto, Mark Rivera, Crystal Taliefero, David Brown
- Sonstige – Billy Joel (Akkordeon, Harmonika), Mark Rivera (Saxophone, Flöte, Hintergrundgesang), Crystal Taliefero (Saxophone, Hintergrundgesang), Lisa Germano (Violine), David Brown, Tommy Byrnes (Hintergrundgesang)