Die australischen Bands Kingswood und The Casanovas eröffnen das Crossroads Festival in der Harmonie Bonn

The Casanovas in Bonn FOTO: Peter "Beppo" Szymanski

Eines muss man den Australiern lassen. Wenn sie auf der Bühne stehen, sind sie kaum zu bändigen. Die beiden Bands Kingswood und The Casanovas aus Melbourne eröffnen am Mittwochabend das Crossroads Festival des WDR Rockpalasts in der Bonner Harmonie mit schweißtreibendem Rock.

Von Dylan Cem Akalin

Kingswood gelten seit langem als eine der führenden Rockgruppen Australiens und waren schon als Support mit AC/DC, Aerosmith und Queens of the Stone Age auf Tour. So richtig lassen sich Fergus Linacre Gesang und Rhythmus Gitarre), Alex Laska (Gesang und Lead Guitar), Kyran Daniel (Gitarre), Jack Davies (Bass) und Josh Koop (Drums) in keine feste Schublade stecken. Ihr Opener „Home“ hatte was von einem akustik-rockigen Country a la Blackberry Smoke, „Mercy“ bekommt bei seinem vorwärtstreibenden Rock einen dreckigen Bluestouch. Selbst die Stimme von Fergus Linacre entfaltet raue, rußige Ausdruckkraft. „Heartbreak Ain’t Good“ hat einen Grundmodus wie „Sweet Home Alabama“ von Lynyrd Skynyrd, und „God Always Knows“ klingt wie ein Uptempo Bluegrass Country Song.

Die Jungs machen halt, was ihnen Spaß macht. Wenn Aley Laska, heute im coolen Cowboyhut, den Ohrwurm „Burning Holes“ singt, bekommt seine Stmme hin und wieder sogar das countrytypische kleine Kicksen. „Little Red Jumpsuit“ schließt mit einem schachtenden vierstimmigen Gesang.

Kingswood aus Australien in Bonn FOTO: Peter „Beppo“ Szymanski

Aber da steckt noch mehr in der Band. Bei „Ohio“, der achten Nummer ihres Sets, dreht die Band richtig auf. Der Song bekommt irgendwann fast einen spacigen Psychedelic-Rock-Dreh. Im Instrumentalsteil steigt einer nach dem anderen auf das Podest des Drummers und heizt ihm ein, Laska steht dann plötzlich sogar auf der Bassdrum, während er ein abgefahrenes Solo spielt. Was Drummer Josh Koop aus seinem recht übersichtlichen Schlagzeug rausholt ist übrigens beeindruckend. Der Mann hat einen ungeheuer harten Schlag auf die Felle.

Kingswood machen Rock zum Erlebnis. Die Abwechslung und der Dialog sowohl untereinander als auch zum Publikum gehören zu Konzept – Überraschungsmomente inklusive. Als Laska und Kyran Daniel plötzlich ihre schnellen Gitarrenlinien unisono spielen und dabei immer schneller werden („One Too Many Times“), sorgen sie für jede Menge euphorischen Beifall bei den Fans. Kein Wunder also, dass das Publikum noch drei Zugaben rausholt.

The Casanovas

The Casanovas starten ihr Konzert so, wie andere Bands enden. Mit einem Gewitter von Drums, Bass und Gitarre, aus dem sich dann ein straighter Rock ‚n‘ Roll herausschält. Das Trio verbindet den graden Hardrock der 80er mit der Indie-Explosion der frühen 2000er. Die Formation besteht aus einem der beiden Boyce-Brüder, die die Band 1999 gegründet haben, Tommy, an Gitarre und Gesang, dem Bassisten Damo Campbell und dem neuen Schlagzeuger Brett Wolfenden. Zusammen präsentieren sie eine intensive und kraftvolle Live-Show. Schon nach wenigen Stücken ist Campbell schweißgebadet.

Der AC/DC-artige Sound, der das erste Album noch stark geprägt hatte und auf dem man noch meinte, Angus Young zu hören, ist einem kompromisslosen rauen eigenen Stil gewichen. Geblieben ist die Energie, die nicht nur an die großen australischen Vorbilder, sondern zeitweise auch an Cheap Trick, The Ramones und gar ZZ Top erinnert. Als letzte Zugabe spielen sie sogar die ZZ Top-Nummer „Beer Drinkers & Hell Raisers“.

The Casanovas in Bonn FOTO: Peter „Beppo“ Szymanski

Das Set besteht aus altem und neuem Material dieser erfahrenen Rock’n’Roller. Sie starten mit dem Song „Nasty“ von ihrer allerersten EP, haben aber auch mehrere Songs vom aktuellen Album „Reptilian Overlord“ dabei, darunter „Outlaw“ mit einem etwas merkwürdigen Text über einen durchgeknallten, gesetzlosen Aussie, der Waffen liebt, Whiskey am Pool schlürft, nymphomanisch veranlagt ist und mehr mit dem Schwanz denkt als dem Kopf. Nun ja. Ein wenig Rock’n’Roll mit selbstironischem Witz muss sein.

„Shake It“ war in ihrer Heimat eine große Nummer, und Brett „Wolfie“ Wolfenden treibt die zwei Jungs mit großartigem Groove vor sich her. Und bei diesem zweiten Song in ihrem Set hört man den scheppernden, unsagbar präsenten Bass von Damo Campbell erstmals in voller Blüte. Der Titel „Burning Up The Night“ ist auch Programm. Das erste längere Gitarrensolo von Tommy Boyce hat mir ein wenig zu viele Höhen, und sein Solo auf dem folgenden 70er-Jahre inspirierte Rocksong „I Thank You“ von ihrem 2006er Album „All Night Long“ zu stark Moll Pentatonik-orientiert. Aber für den Rest des Abends gibt es von mir keine Kritik mehr an seinem Spiel, das ab spätestens „Hollywood Riot“ auch immer gewagter wird. Da spielt er mit Feedback-Effekten und entlockt seiner Gitarre schrille Sounds, die er in sein ausgeklügeltes Solo integriert.

Etwas eingängiger geht es bei „Lost And Lonely Dream“ zu, das schöne „Heartbreaker“ erlebt ein etwas abruptes Ende. Der zeitlose Klassiker „Livin‘ in the City“ kam beim Publikum besonders gut an, ebenso die schnelle Nummer „Born To Run“. Es sind kleine Feuerwerke, die diese Band da bei jedem Song abfackelt, garniert mit winzigem Sixties-Touch, der ihre rasenden Songs verdichtet. Ein echtes Power-Trio!